Entscheidung: Kein Quadriga-Preis für Putin

Entscheidung: Kein Quadriga-Preis für Putin
Der russische Ministerpräsident Wladimir Putin wird nicht mit dem Quadriga-Preis ausgezeichnet. Nach parteiübergreifender Kritik an der geplanten Verleihung hat das Kuratorium die diesjährige Preisvergabe abgesagt. Der öffentliche Druck der vergangenen Tage sei zunehmend unerträglich geworden und es habe die Gefahr der weiteren Eskalation bestanden, erklärte das Kuratorium des "Netzwerks Quadriga" am Samstag in Berlin. Kritiker begrüßten die Entscheidung.

Der ehemalige russische Präsident sollte am Tag der Deutschen Einheit am 3. Oktober "für seine Verdienste für die Verlässlichkeit und Stabilität der deutsch-russischen Beziehungen" ausgezeichnet werden. Frühere Preisträger hatten die Entscheidung mit dem Hinweis auf Menschenrechtsverstöße in Russland kritisiert. Der undotierte Preis wird von der Initiative "Werkstatt Deutschland" und seinem "Netzwerk Quadriga" vergeben, dem unter anderem der letzte DDR-Ministerpräsident Lothar de Maizière (CDU) vorsteht.

Der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Markus Lüning (FDP) begrüßte die Entscheidung des Kuratoriums. Dies sei eine "gute Nachricht", sagte er im ARD-Fernsehen. Die Quadriga (Viergespann-Skulptur auf dem Brandenburger Tor) stehe für Freiheit, Bürgerrechte und Menschenrechte. Putin habe aber in Russland die Bürgerrechte eingeschränkt und die "Demokratie zurückgedreht".

Drei Kuratoriumsmitglieder traten zurück

Zuletzt hatte nach Informationen der "Bild am Sonntag" der frühere tschechische Präsident Vaclav Havel damit gedroht, die ihm vor zwei Jahren verliehene Auszeichnung zurückgeben, falls sie in diesem Jahr an Putin vergeben werde. Das Kuratorium bedauerte diesen Schritt in seiner Pressemitteilung.

Der dänische Künstler Olafur Eliasson, der an der Berliner Universität der Künste lehrt, hatte bereits am Freitag angekündigt, seinen Preis zurückzugeben. Drei Kuratoriumsmitglieder - Grünen-Chef Cem Özdemir, der Historiker Edgar Wolfrum und die Berliner Mäzenin Barbara-Maria Monheim - waren aus Protest gegen die Nominierung Putins zurückgetreten.

Der ukrainische Politiker und ehemalige Präsident Viktor Juschtschenko, Preisträger im Jahr 2006, nannte die Diskussion über die Preisvergabe als in offenen Gesellschaften üblich. Als Preisträger wolle er selbst sich aber nicht über die Nominierten äußern, sagte er der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung".

Entschuldigung bei den Nominierten

Das Quadriga-Kuratorium hat sich inzwischen nach eigenen Angaben bei den insgesamt vier nominierten Preisträgern für die Absage entschuldigt und um Verständnis dafür gebeten, "nicht zuletzt um die Preisträger zu schützen". Neben Putin waren die mexikanische Außenministerin Patricia Espinosa für das "Klima des Konsenses" bei der UN-Klimakonferenz in Cancun, die türkischstämmige Autorin und Lehrerin Betül Durmaz für die "Chancen der Integration" in der Bundesrepublik und der palästinensische Premierminister Salam Fayyad für die "Vision der Staatlichkeit" in den Autonomiegebieten für den Preis benannt worden.

Nach Angaben der Organisatoren werden mit dem Quadriga-Preis seit 2003 Persönlichkeiten und Projekte ausgezeichnet, deren Denken und Handeln auf Werten baut, "die Vision, Mut und Verantwortung dienen". Zu den bisher Geehrten zählen neben Altbundeskanzler Helmut Kohl (CDU), der ehemalige sowjetische Präsident Michael Gorbatschow, die DDR-Bürgerrechtlerin Bärbel Bohley, der israelische Staatspräsident Schimon Peres sowie Sylvia von Schweden. Die "Quadriga" zeigte sich "besonders betroffen von der massiven Kritik in den Medien und Teilen der Politik".

epd