Mode-Polizei im Iran kontrolliert jetzt auch Männer

Mode-Polizei im Iran kontrolliert jetzt auch Männer
Mit den Sommertemperaturen wandern in Teheran die Ärmel der modebewussten Iranerinnen nach oben. Doch um unbedeckten Unterarmen und zu locker getragenen Kopftüchern Einhalt zu gebieten, ist Irans Sittenpolizei wieder unterwegs. Sie kontrolliert in diesem jahr auch die Männer. Schmuck und westliche Frisuren stehen ebenso auf dem Index.
05.07.2011
Von Amira du Preez

Etwa 70.000 Ordnungskräfte sind der staatlichen iranischen Nachrichtenagentur IRNA zufolge allein in der Hauptstadt Teheran auf der Suche nach Modesündern ausgerückt. In diesem Jahr, so sagt die junge Setare, sei die Polizei allerdings ein paar Wochen später unterwegs als 2010. Vielleicht, so munkeln einige, ist das der innenpolitisch undurchsichtigen Lage geschuldet.

Irans Präsident Mahmud Ahmadinedschad und Ajatollah Ali Chamenei, der oberste Religionsführer des Landes, leisten sich im Moment einen offenen Machtkampf. Ihr Verhältnis ist seit der umstrittenen Wiederwahl Ahmadinedschads 2009 getrübt. Der mächtige Geistliche bestimmt die Richtung in der iranischen Politik.

Was ist sittsame Kleidung?

Iran ist seit der Revolution 1979 eine Theokratie mit demokratischen Elementen. Die Kleiderordnung schreibt für alle Frauen "Hijab" vor, sittsame Bekleidung, die islamischen Wertvorstellungen entspricht. Doch im Alltag gehen die Interpretationen darüber, was das genau ist, stark auseinander. Die Bandbreite reicht vom schwarzen Tschador, der bis auf die Augen der Frauen den gesamten Körper in dichten Stoff hüllt, bis zu eng anliegenden Hemdkleidchen, die knapp über das Gesäß reichen und über einer engen Jeans getragen werden.

In der Kunsthochschule in Teherans Innenstadt jedenfalls scheinen sich die Fashionistas wenig um die neue Jagdsaison zu kümmern. Bei weit über 30 Grad dominieren statt schwarz und grau leuchtende Kopftücher in rot, orange oder gelb. Sogar der "Manteau", das obligatorische Mantelkleid, zeigt Farbe. Für Teherans Jugendliche gehört die Offensive der Sittenpolizei zum Sommer wie Eis und Wassermelonen. Verlässliche Statistiken über die Zahl der Bußen und Festnahmen wegen Verstoßes gegen die islamische Kleiderordnung gibt es allerdings keine.

Setare jedenfalls ist für den Ernstfall gerüstet: Die Ärmel ihres Oberteils sind nach oben geschoppt und können bei Bedarf rasch wieder heruntergelassen werden. Andere Modelle in ihrem Kleiderschrank sind mit weiten Trompeten-Ärmeln ausgerüstet, die die Unterarme elegant freilegen, wenn Setare ihre Arme aufstützt.

Schuhe und Handtasche passend zum Kopftuch

Kopftuch zu tragen, findet die 19-jährige IT-Studentin aber richtig. "Ich mag das", sagt sie. In ihrem Falle bedeutet dies jedoch kaum mehr als ein buntes Tuch, das mit zahlreichen, hübschen Haarklammern am hinteren Teil des Kopfes befestigt ist. Schuhe und Handtasche sind farblich passend zum Tuch abgestimmt.

Frauen, die in die Fänge der Mode-Polizei geraten, werden inzwischen für gewöhnlich verwarnt. In einigen Fällen müssen die Modesünderinnen zur nächsten Polizeistation mitkommen, wo sie belehrt werden und dann versprechen müssen, sich künftig züchtiger anzuziehen. Hohe Geldstrafen sind zwar vorgesehen, scheinen jedoch in der Praxis zumindest in Teheran wenig verhängt zu werden.

Seit den Massendemonstrationen gegen die Wahl im Sommer 2009 kümmern sich die Sittenwächter verstärkt auch um das Aussehen junger Männer. Im vergangenen Jahr übergab eine Modeüberwachungsorganisation dem Kulturministerium eine Aufstellung erwünschter Haarschnitte, um die "Invasion der westlichen Kultur" einzudämmen. Pferdeschwanz, Spikes - zu Stacheln geformte Haarbüschel - oder fransige Justin-Bieber-Frisuren sind nicht vorgesehen. Auch Halsketten für Männer gelten als "unislamisch" und sind verboten. 

epd