Gutachten kritisiert Umgang mit DDR-Journalisten

Gutachten kritisiert Umgang mit DDR-Journalisten
Nach der Wende gab es "keine publizistische Stunde Null". So lautet das Ergebnis einer Untersuchung für das Bundesland Brandenburg. Die Ost-Redakteure sollen nach Meinung der Autorin streng genommen keine Journalisten gewesen sein. Das Gutachten wurden schon vor der Veröffentlichung kritisiert.

Viele Redaktionen ehemaliger DDR-Zeitungen haben laut der aktuellen Untersuchung für das Bundesland Brandenburg ihr journalistisches Personal nach dem Fall der Mauer nahtlos weiterbeschäftigt. Eine "publizistische Stunde Null" habe es nicht gegeben, heißt es in einem Gutachten über die Medienlandschaft in Brandenburg, mit dem sich die DDR-Enquete-Kommission des Landtags am Freitag in Potsdam befasst hat. Insbesondere den märkischen Zeitungen wird darin eine unzureichende Auseinandersetzung mit der DDR-Vergangenheit und möglicher Stasi-Mitarbeit ihrer Redakteure bescheinigt.

Weder in den ehemaligen SED-Bezirkszeitungen, noch bei der früheren Blockpartei-Presse habe es einen wirklichen Elitenaustausch gegeben, heißt es in dem Gutachten. Sogar ein ehemaliger Inoffizieller Mitarbeiter der Stasi (IM) bei der "Märkischen Allgemeinen Zeitung" (MAZ) habe erst vier Jahre nach Bekanntwerden der Vorwürfe das Blatt verlassen müssen. Auch bei anderen Zeitungen habe es keine systematische Stasi-Überprüfung gegeben.

Ost-Redakteure seien keine Journalisten gewesen

Das Gutachten der Journalistin Ariane Mohl, die inzwischen für die FDP-Landtagsfraktion arbeitet, löste bereits vor seiner Veröffentlichung heftige Kritik aus. Der Autorin wird unter anderem unwissenschaftliche Arbeit vorgeworfen. MAZ-Chefredakteur Klaus Rost hatte erklärt, die früheren SED-Bezirkszeitungen seien von der Treuhand mit ihren vor Kündigungen arbeitsrechtlich geschützten Belegschaften verkauft worden. Forderungen nach einem kompletten Austausch alter SED-Redaktionen hätten nur dann umgesetzt werden können, wenn alle Zeitungen sofort eingestellt worden wären.

In dem Gutachten heißt es weiter, die Ausbildung der Redakteure und ihre Rolle in der DDR sei "noch nicht einmal im Ansatz kompatibel mit den hohen handwerklichen und ethisch-moralischen Anforderungen, die an einen Journalisten in einer demokratischen Gesellschaft gestellt werden". Streng genommen seien die Ost-Redakteure gar keine Journalisten gewesen, sondern "Sprachrohre der Sozialistischen Einheitspartei". Die mangelnde Auseinandersetzung mit der Vergangenheit der Mitarbeiter wirke sich auch auf Themenwahl und Berichterstattung der Zeitungen aus. So habe die Aufarbeitung der DDR-Geschichte einen unzureichenden Stellenwert.

epd