"Spiritualität und die Arbeit für den Frieden gehören zusammen", sagte Tveit, dem epd bei der internationalen Friedenstagung in Kingston (Jamaika). Kirchen und Christen seien aufgefordert, in ihren Gemeinschaften und darüber hinaus in Regierung, Geschäftswelt und Umwelt Friedensstifter zu sein. Der Weltkirchenrat hatte für den Gebetstag eine Gottesdienstliturgie erarbeitet und seinen 349 anglikanischen, protestantischen und orthodoxen Mitgliedskirchen zur Verfügung gestellt. Höhepunkt war ein Gottesdienst in Kingston mit den Teilnehmern der ÖRK-Friedenstagung.
Auch der Ökumenische Patriarch von Konstantinopel, Bartholomaios I., veröffentlichte zu dem Gebetstag eine Enzyklika, die in orthodoxen Kirchen verlesen wurde. Darin fordert das Ehrenoberhaupt der orthodoxen Kirchen ein stärkeres Engagement für Frieden ein. "Viele unserer Friedensanstrengungen sind vergeblich, weil wir nicht bereit sind, alte Gewohnheiten aufzugeben, die auf Verschwendung und Konsum aufbauen", heißt es in der Enzyklika.
Martin Luther King III. rief zu Gewaltlosigkeit auf
Der älteste Sohn des 1968 erschossenen amerikanischen Bürgerrechtlers Martin Luther King (Foto links: epd-bild / Peter Williams) hatte sich am Donnerstag bei der Friedenskonferenz für eine Kultur der Gewaltlosigkeit ausgesprochen. "Wenn die Unterdrückten lernen, Gewaltlosigkeit zu üben, hat das die Macht, die Gesellschaft zu ändern", sagte Martin Luther King III. Gewaltfreiheit habe eine sehr große Macht.
"Wir predigen Frieden, aber wir ziehen in den Krieg", sagte King. Er verwies auf die Aufgabe der Kirchen, sich für den Frieden einzusetzen und Frieden zu üben. Mit Blick auf die Freudenausbrüche nach dem Tod des Terroristenführers Osama Bin Laden sagte der Menschenrechtsanwalt, dessen Vater von einem Rassisten ermordet worden war: "Es ist schwierig für mich, mich über den Tod zu freuen." Die USA habe etwas gegen Bin Laden unternehmen müssen, aber ihn zu töten, sei nicht unbedingt die beste Lösung gewesen.
King verwies immer wieder auf das Wirken seines Vaters, der zu den wichtigsten Anführern der schwarzamerikanischen Bürgerrechtsbewegung zählt. Von ihm habe er gelernt, alle Menschen zu achten. Gleichzeitig betonte er: "Wir müssen noch lernen, wie wir grundlegende Menschenrechte für alle schaffen." Jeder einzelne sei hier zum Handeln aufgerufen.
Margot Käßmann ermutigt den ÖRK, lauter zu sprechen
Der Weltkirchenrat hat nach Ansicht der früheren Hannoverschen Bischöfin Margot Käßmann (Foto links: epd-bild / Norbert Neetz) an Bedeutung verloren. Gründe hierfür seien neben Finanzproblemen und Stellenabbau in der Genfer ÖRK-Zentrale auch die internen Auseinandersetzungen zwischen orthodoxer Kirche und den Kirchen der Reformation, sagte die Theologin, die auch an der Friedenstagung teilnahm, in einem epd-Gespräch in Kingston vor ihrer Abreise.
"Die Stimme des Weltkirchenrates ist zu wenig hörbar", kritisierte Käßmann, die bis 2002 dem Zentral- und dem Exekutivausschuss des ÖRK angehört hatte. Die ehemalige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland ermutigte die sechs ÖRK-Präsidenten, sich stärker in der Öffentlichkeit zu positionieren. "Der ÖRK ist nach wie vor wichtig, damit in der globalen Welt die Stimme der Kirchen gehört wird." Sie nannte als Beispiele soziale Ungerechtigkeit, Armut und Ausgrenzung von Minderheiten.
Die Tagung in Kingston, zu der rund 1.000 Delegierte aus aller Welt angereist sind, verglich Käßmann mit dem Kirchentag. Die bis 24. Mai dauernde Konferenz sei für viele Teilnehmer "eine Tankstelle für die Seele" und ein Ort des ökumenischen Lernens sowie des Netzwerkens. Das Treffen sei für viele Initiativen und Gruppen in den Gemeinden vor Ort wichtig. Durch das Zusammenkommen würden sie erfahren: "Wir sind Teil einer großen Bewegung."
Abschluss der Dekade zur Überwindung von Gewalt
Dem Ökumenischen Rat gehören 349 anglikanische, protestantische und orthodoxe Kirchen und Gemeinschaften in 110 Ländern an. Damit repräsentiert der Rat mehr als 560 Millionen Christen weltweit. Die katholische Kirche ist kein Mitglied. Die Konferenz in Kingston, die noch bis Mittwoch dauert, bildet den Abschluss der ÖRK-Dekade zur Überwindung von Gewalt. Auf der Tagesordnung stehen Themen wie Sexismus im Alltag, Umweltzerstörung, Armut und Frieden zwischen den Völkern. Der Ökumenische Rat repräsentiert mehr als 560 Millionen Christen in 110 Ländern. Die katholische Kirche ist kein Mitglied.