Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) wehrte sich am Freitag gegen den Vorwurf der SPD, die Verhandlungen zu verzögern. "Wenn die Experten des Statistischen Bundesamtes Monate für Berechnungen brauchen, dann liegt das ausschließlich an der Vielzahl komplizierter Sonderauswertungen, die SPD und Grüne erst kurz vor Weihnachten bei den Statistikern in Wiesbaden in Auftrag gegeben haben", sagte die Ministerin in Berlin. Der Vorwurf der Verzögerung sei "absurd".
In einem Schreiben an die Verhandlungsführer von Union, FDP, Grüne und SPD hatte die Bundesarbeitsministerin mitgeteilt, dass ihr Ressort Ergebnisse der von der Opposition beantragten Nachberechnung der Hartz-IV-Sätze erst "Ende Januar" vorlegen könne. Wie die "Süddeutsche Zeitung" (Freitagsausgabe) weiter berichtete, veranschlagt das Ministerium für andere Sonderauswertungen sogar insgesamt neunzig Arbeitstage. Die für den 11. Februar geplante Verabschiedung der Reform durch den Bundesrat könnte dadurch in Gefahr geraten.
Unverständnis bei der SPD
Die SPD-Verhandlungschefin, Mecklenburg-Vorpommerns Sozialministerin Manuela Schwesig, hatte darauf laut Zeitungsbericht mit Unverständnis reagiert. Sie verwies darauf, dass die SPD-geführten Länder bereits Ende September entsprechende Berechnungen gefordert hätten. Im Gespräch mit "Spiegel Online" warf Schwesig der Bundesarbeitsministerin am Freitag mangelnde Kompromissbereitschaft vor. Sie gewinne den Eindruck, dass von der Leyen versuche, auf Zeit zu spielen.
Von der Leyen sagte, die Opposition könne nicht auf der einen Seite einen in aller Sorgfalt und Plausibilität berechneten Regelsatz verlangen und dann im Vermittlungsausschuss auf das vom Verfassungsgericht anerkannte Verfahren der Statistikexperten verzichten. "Das Arbeitsministerium arbeitet mit Hochdruck daran, alle Fragen der Opposition, die in der Kürze der Zeit beantwortbar sind, rechtzeitig zu beantworten."
Auszahlung der Leistungen verschiebt sich
Die Hartz-IV-Reform war Mitte Dezember im Bundesrat am Widerstand der SPD-geführten Länder gescheitert. Damit verschiebt sich die Auszahlung der neuen Leistungen, obwohl sie den Hartz-IV-Empfängern von Januar 2011 an zustehen. Eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe des Vermittlungsausschusses aus Bundestag und Bundesrat soll deshalb zügig einen Kompromiss finden. Um schneller voranzukommen, wies die Arbeitsministerin das Statistische Bundesamt an, einzelne Sonderauswertungen vorzuziehen. Dabei geht es um die Referenzgruppe innerhalb der Geringverdiener-Haushalte für die Ermittlung der Hartz-IV-Sätze. Wenigstens für diese Sonderauswertungen sollen bis Ende Januar Ergebnisse vorliegen.
Die schwarz-gelbe Bundesregierung will die Regelsätze für Erwachsene um fünf Euro im Monat auf 364 Euro anheben. Die Regelsätze für Kinder sollen nicht steigen, sondern durch Sachleistungen ergänzt werden. Im "Bildungspaket" sind zehn Euro im Monat für Freizeitaktivitäten sowie Zuschüsse zu Schulessen, Nachhilfe und Wandertagen vorgesehen. Die SPD will die Leistungen des Bildungspakets auf mehr Kinder ausweiten und Zusagen für die Finanzierung von Ganztagsschulen und Schulsozialarbeitern erreichen. Außerdem dringt sie auf Fortschritte beim Mindestlohn. Sozialverbände fordern Verbesserungen der Hartz-IV-Leistungen.