Chodorkowski zu mehr als 13 Jahren Haft verurteilt

Chodorkowski zu mehr als 13 Jahren Haft verurteilt
Der inhaftierte Kremlkritiker Michail Chodorkowski ist in einem international umstrittenen zweiten Prozess zu dreizehneinhalb Jahren Haft verurteilt worden. Das meldete die Agentur Interfax am Donnerstag aus dem Gerichtssaal in Moskau. Damit bleibt der Gegner von Regierungschef Wladimir Putin vermutlich bis 2017 in Haft. Chodorkowskis Ex-Geschäftspartner Platon Lebedew erhielt dieselbe Strafe. Das Verfahren wegen Unterschlagung von Öl und Geldwäsche gilt international als politisch motiviert.

Russlands bekanntester Häftling hat bereits sieben Jahre Haft im sibirischen Straflager verbracht. Doch er sei "ungebrochen", wurde Chodorkowski nicht müde zu betonen. Äußerlich gelassen hatte der 47-Jährige monatelang in dem zweiten Verfahren wegen Unterschlagung und Geldwäsche in einem Moskauer Gerichtssaal in einem Käfig aus kugelsicherem Glas gesessen. Die Anschuldigungen verfolgte der in zweiter Ehe verheiratete Vater von vier Kindern meist mit einem ironischem Lächeln.

Das Urteil von Richter Viktor Danilkin sehen Kritiker weltweit als politisch motiviert. Regierungschef Wladimir Putin wolle seinen noch immer einflussreichen und finanzstarken Erzfeind über die Präsidentenwahl 2012 hinaus politisch kaltstellen, lautet der Vorwurf.

Vertreter des Raubtierkapitalismus

Bei seiner Festnahme 2003 war Chodorkowski im Volk als Vertreter des postsowjetischen Raubtierkapitalismus unbeliebt. Dass er in einem sibirischen Straflager gefangen gehalten wurde, entlockte vielen Russen nicht mehr als ein Schulterzucken. Doch mittlerweile ist der einst reichste Mann des Landes für viele ein Symbol für den Widerstand gegen die autoritäre Politik seines Erzfeindes Putin. Das Gesicht mit der randlosen Brille und den kurz geschorenen Haaren ziert schon längst Protestplakate.

Unbeugsam kündigte Chodorkowski an, er werde gegen einen Schuldspruch bis vor den Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg ziehen. Eine Begnadigung durch Präsident Dmitri Medwedew lehnt er ab - denn dafür müsste Chodorkowski seine Schuld eingestehen. Stattdessen beharrt er auf seiner Unschuld. Aus dem Straflager nahe der chinesischen Grenze, wo er seine erste achtjährige Haft wegen Betrugs und Steuerhinterziehung verbüßt, hat Chodorkowski in schriftlichen Interviews mit westlichen Medien immer wieder das "autoritäre System Putins" angeprangert.

Sympathie für Medwedew

Für den amtierenden Kremlchef Medwedew findet Chodorkowski allerdings auch immer wieder warme Worte. "Persönlich sind mir Werte und Prioritäten, wie sie Medwedew vertritt, näher und verständlicher als die Putins", sagte der Milliardär etwa im Frühling. "Medwedew versucht, das System zu reformieren."

Rasch baute der am 26. Juni 1963 in Moskau geborene Chodorkowski nach dem Ende des Kommunismus vor 20 Jahren ein Imperium auf. Ob Handel mit Gorbatschow-Matrjoschka-Puppen, Computern oder Cognac: Der studierte Chemiker hatte riesigen Erfolg. Mit Freunden und einer randvollen Kasse gründete er schließlich eine Bank und sicherte sich für nur 300 Millionen US-Dollar (heute etwa 227 Millionen Euro) ein Kontrollpaket an Ölförderern. Daraus entstand der russische Ölkonzern Yukos, der bald zum größten im Land aufstieg. Chodorkowskis Vermögen wurde auf bis zu 15 Milliarden Dollar geschätzt.

Einmischung in die Politik

Doch dann verstieß der Ölunternehmer gegen das ungeschriebene Gebot des Kreml: Die Machtelite lässt die Oligarchen gewähren, im Gegenzug mischen sich diese nicht in die Politik ein. Stattdessen legte sich der erfolgreiche Manager mit dem damaligen Präsidenten Putin an und finanzierte die Opposition. Zudem warf er der Führung Korruption vor und verhandelte mit US-Unternehmen über einen Einstieg bei Yukos. Warnungen schlug er in den Wind - am 25. Oktober 2003 wurde Michail Borissowitsch Chodorkowski bei einer Zwischenlandung in Nowosibirsk aus seinem Privatjet heraus festgenommen.

dpa