"Ich glaube, das ist ein wirklich großer Erfolg", sagte Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) in Cancún. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) äußerte sich zufrieden. Nun gelte es, die ärmsten Länder im Kampf gegen den Klimawandel zu unterstützen und anspruchsvolle Klimaschutzziele für die Industrieländer festzuschreiben, sagte Merkel in Berlin. Umwelt- und Entwicklungsorganisationen reagierten mit Erleichterung auf die Ergebnisse, mahnten aber zugleich weiteres Engagement in der Klimapolitik an.
Als einziges Land hatte sich Bolivien bis zum Schluss gegen die Einigung gestemmt. Die Beschlüsse gehen der Regierung des südamerikanischen Landes nicht weit genug. Die ablehnende Haltung, die über mehrere Stunden ein Scheitern des Gipfels erwarten ließ, wurde in den Dokumenten festgehalten. Bolivien protestierte, dass gegen das Konsensprinzip auf UN-Konferenzen verstoßen worden sei.
USA nicht beigetreten
Im Grundsatz einigten sich die Staaten darauf, das 2012 auslaufende Kyoto-Protokoll fortzuführen, das Emissionsziele für Industriestaaten vorsieht. Allerdings sind neue Reduktionsziele für einzelne Länder noch nicht festgeschrieben und damit entscheidende Fragen noch zu klären. Die USA sind dem Protokoll nicht beigetreten. Ingesamt wollen die Industriestaaten ihren CO2-Ausstoß bis 2020 um 25 bis 40 Prozent im Vergleich zu 1990 senken.
Grundlagen eines Klimavertrages, der auch die Vereinigten Staaten und China als das Land mit dem größten CO2-Ausstoß weltweit in die Pflicht nimmt, legt ein weiterer Beschluss. Die rechtliche Verbindlichkeit ist indes noch ungeklärt. Erstmals in einem offiziellen UN-Dokument ist das Ziel festgelegt, die Erderwärmung auf zwei Grad Celsius zu begrenzen. Es soll außerdem erwogen werden, den Temperaturanstieg bei 1,5 Grad zu stoppen, falls dies nach wissenschaftlicher Prüfung nötig ist.
Die bislang vorliegenden Zusagen zur Treibhausgas-Begrenzung werden in beiden Papier "zur Kenntnis genommen". Das ist zwar noch sehr unkonkret, damit sind nun aber auch Klimaschutz-Maßnahmen der USA und der Schwellenländer in einem offiziell verabschiedeten UN-Dokument enthalten.
100 Milliarden US-Dollar Klimahilfen
Die Staaten einigten sich auch auf die Einrichtung eines Klimafonds unter dem Dach der Vereinten Nationen, um armen Staaten bei der Anpassung an den Klimawandel zu helfen. Der Fonds soll in der Startphase von der Weltbank verwaltet werden. Bis 2020 wollen Industriestaaten jährlich 100 Milliarden US-Dollar an Klimahilfen zur Verfügung stellen.
Röttgen sagte unmittelbar nach Abschluss der Konferenz in Mexiko, unter den Vertretern der 194 Teilnehmerstaaten herrsche große Erleichterung. Der Verhandlungsprozess im Rahmen der UN habe neuen Schwung bekommen. Zugleich räumte Röttgen ein, dass die vereinbarten Maßnahmen noch nicht ausreichten, um das Zwei-Grad-Ziel zu erreichen: "Wir sind nicht am Ziel, aber wir haben uns auf den Weg gemacht nach langwierigen Diskussionen."
Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) lobte in Berlin die "umsichtige und kluge Verhandlungsführung" seiner mexikanischen Amtskollegin Patricia Espinosa. Die Durchsetzungsstärke der Konferenz-Präsidentin wurde von zahlreichen Delegationen als entscheidend für den Durchbruch angesehen.
Umwelt- und Entwicklungsorganisationen reagierten verhalten positiv. Die Abschlusserklärung enthalte einige vorwärts gerichtete Entscheidungen, erklärten "Brot für die Welt", Diakonie Katastrophenhilfe und Evangelischer Entwicklungsdienst. Bis zu einer zukunftsweisenden Klimaarchitektur sei es aber noch ein weiter Weg. EED-Vorstandsmitglied Rudolf Ficker verlangte von der EU, ihr CO2-Minderungsziel von 20 auf 30 Prozent bis 2020 zu erhöhen. Das würde Standards setzen und neue Dynamik in die Verhandlungen bringen.
Misereor: Richtige Richtung
Das katholische Entwicklungshilfswerk Misereor sieht in den Beschlüssen von Cancún Schritte in die richtige Richtung. Noch reichten die Maßnahmen in den Industrie- und Schwellenländern allerdings bei weitem nicht aus. Es bestehe weiter die Gefahr einer weltweiten Temperaturerhöhung um bis zu vier Grad Celsius mit unkontrollierbaren Folgen. Auch der Naturschutzbund Deutschland (NABU) warnte vor übertriebener Euphorie.
Die Klima-Allianz sprach von "kleinen Erfolgen". Nun müsse die langfristige Finanzierung des neuen Klimafonds gesichert werden, damit er überhaupt wirken kann, erklärte das Bündnis, dem mehr als 110 Umwelt- und Entwicklungsorganisationen, Gewerkschaften und Kirchen angehören.
Der Vizepräsident der Welthungerhilfe, Klaus Töpfer, erklärte, die sehr gute mexikanische Verhandlungsführung habe gezeigt, dass multilaterale Verhandlungen auch zu Ergebnissen führen können. Die Fortschritte seien allerdings "außerordentlich langsam", sagte der frühere Bundesumweltminister.