Kirchen und Regierung verurteilen Anschlag in Bagdad

Kirchen und Regierung verurteilen Anschlag in Bagdad
Das Geiseldrama in einer Kirche in Bagdad mit mehr als 50 Todesopfern hat Bestürzung in Kirche und Politik ausgelöst. Der evangelische Auslandsbischof Martin Schindehütte sprach von einem "Akt größter Grausamkeit". Die Bundesregierung forderte den Schutz der Christen im Irak. Papst Benedikt XVI. betete am Montag beim Angelus auf dem römischen Petersplatz für die "Opfer dieser absurden Gewalt".

 Für die katholische Deutsche Bischofskonferenz sagte deren Vorsitzender Robert Zollitsch, erneut seien Christen im Irak Opfer eines mörderischen Fanatismus geworden. Auch die Bundesregierung forderte besseren Schutz für Christen im Irak.

Bei der Geiselaktion in einer chaldäisch-katholischen Kirche im Bagdader Stadtteil Karrada sind mehr als 50 Menschen getötet worden, darunter vor allem Gottesdienstbesucher. Ein bewaffnetes Kommando war am Sonntagabend in die Kirche eingedrungen und hatte die versammelten Gläubigen in seine Gewalt gebracht. Zu der Geiselnahme bekannte sich eine irakischer Ableger des islamistischen Netzwerks Al-Kaida.

Tod im Haus der Liebe und Versöhnung

Der Papst bezeichnete die Tötung der Geiseln als besonders grausam, weil sie sich "in einem Haus der Liebe und Versöhnung gegen wehrlose Personen" gerichtet habe. Benedikt sprach der christlichen Minderheit im Irak angesichts anhaltender Attentate seine Anteilnahme aus. Er ermutigte sie zugleich "stark und fest in der Hoffnung" zu bleiben.

Die Bundesregierung forderte den Schutz der Christen im Irak. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte in Berlin, die Regierung sei "entsetzt und traurig" über die blutige Geiselnahme. Unter den Gläubigen in der Kirche hätten sich zahlreiche Frauen und Kinder befunden. Der Anschlag zeige, wie gefährlich das Leben für Christen im Irak sei. In ihm drücke sich auch eine tiefe Glaubensverachtung aus. Die Garantie von Glaubens- und Religionsfreiheit gehöre zu den Kernwerten der deutschen Außenpolitik, sagte Seibert weiter. Die christliche Minderheit im Irak müsse geschützt werden.

"Wir sind tief erschüttert über diesen brutalen Überfall und beten für die Toten und die Verletzten, die in der Kirche friedlich zur Feier des Gottesdienstes versammelt waren", sagte Erzbischof Zollitsch. Die internationale Gemeinschaft - vor allem die USA - und die irakischen Behörden seien gefordert, der kontinuierlichen Bedrohung des Christentums im Irak entschiedenen Widerstand entgegenzusetzen.

Geiselnahme im Gottesdienst "ohne jeden Respekt vor Gott"

Auch der Generalsekretär des Weltkirchenrates, Olav Fykse Tveit, zeigte sich empört über den "kriminellen Terrorakt" in Bagdad. Am Rande einer Konferenz über Dialog zwischen Christen und Muslimen in Genf betonte Tveit, die anhaltende Gewalt gegen Christen im Irak müsse enden.

Für die Evangelische Kirche in Deutschland nannte es Auslandsbischof Schindehütte beschämend, in welcher Weise Terroristen Gründe konstruierten, um ihre Gewalttaten religiös zu rechtfertigen. Eine Geiselnahme in einem Gottesdienst zeige, dass die Attentäter vor Gott ohne jeden Respekt seien. "Der Koran spricht auch von der Achtung gegenüber dem Christentum. Es handelt sich bei diesem Anschlag um einen massiven Missbrauch des Islam", sagte Schindehütte .

Er wies den Vorwurf der Al-Kaida zurück, die Christen würden einen Kampf gegen den Islam führen. Alle Religionen seien zur Gewaltlosigkeit und zum Frieden aufgerufen. "Ich hoffe, dass auch Muslime solche Gewalt klar und unmissverständlich verurteilen", sagte der Bischof. Bereits in den vergangenen Monaten hat sich durch zahlreiche Anschläge auf Kirchen und kirchliche Einrichtungen die Situation für die Christen im Irak verschärft. Die Zahl der Christen im Irak halbierte sich in den vergangenen zehn Jahren von 1,2 Millionen auf 600.000, das sind etwa 1,6 Prozent der Bevölkerung.

epd