Kundus-Affäre: Widersprüche im Untersuchungsausschuss

Kundus-Affäre: Widersprüche im Untersuchungsausschuss
In der Kundus-Affäre bleiben die Hintergründe der Entlassung von zwei Spitzenberatern durch Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) unklar. Auch die zweite Vernehmung des von Guttenberg aus dem Amt gedrängten Generalinspekteurs Wolfgang Schneiderhan im Bundestag-Untersuchungsausschuss konnte Widersprüche nicht auflösen.
29.09.2010
Von Michael Fischer

Der ehemals ranghöchste Bundeswehrsoldat wies am Mittwoch erneut den Vorwurf zurück, er habe dem Minister bewusst wichtige Informationen vorenthalten. Guttenberg hatte fehlende Auskünfte seiner Berater dafür verantwortlich gemacht, dass er das verheerende Bombardement von Kundus in Afghanistan zunächst als "militärisch angemessen" gewertet hatte. Der CSU-Politiker korrigierte sich später und entließ Schneiderhan und Staatssekretär Peter Wichert, weil er das Vertrauensverhältnis als zerrüttet ansah.

Der Untersuchungsausschuss befasst sich seit Anfang des Jahres mit dem von Bundeswehroberst Georg Klein befohlenen Luftangriff auf zwei von Taliban gekaperte Tanklaster. Dabei wurden am 4. September 2009 nach jüngsten Erkenntnissen der Bundeswehr 91 Menschen getötet und 11 verletzt. Guttenberg war zum Zeitpunkt des Luftschlags noch nicht Verteidigungsminister, aber unmittelbar nach seinem Amtsantritt mit der Bewertung und Aufarbeitung befasst. Wichert und Schneiderhan wurden am 18. März erstmals vom Ausschuss vernommen, Guttenberg einen Monat später.

"Bericht hätte nicht abgefasst werden dürfen"

Der Verteidigungsminister gibt Schneiderhan und Wichert die Verantwortung dafür, dass ihm ein Feldjägerbericht der Bundeswehr zum Kundus-Luftschlag nicht vorgelegt wurde. Schneiderhan bekräftigte am Mittwoch, dass dieser Bericht "keine essenziellen Punkte" enthalte, die nicht auch in einem NATO-Bericht zu finden gewesen seien. Außerdem seien die Informationen des Feldjäger-Berichts nicht belastbar gewesen. "Der Feldjäger-Bericht wirft zunächst mal Fragen auf, gibt keine Antworten", sagte Schneiderhan. "Der Bericht hätte (...) so nicht abgefasst und verschickt werden dürfen."

Widersprüche blieben auch mit Blick auf das entscheidende Gespräch am 25. November 2009, das zur Entlassung führte. Schneiderhan bekräftigte, dass nach seiner Erinnerung neben ihm selbst, Wichert und Guttenberg nur dessen Büroleiterin anwesend gewesen sei. "Ich habe den Oberst Braunstein nicht registriert. Ich kann mich matern (...), solange ich will: Er taucht nicht in meiner Erinnerung auf." Guttenberg hatte dagegen angegeben, dass auch sein Adjutant, Brigadegeneral Peter Braunstein, dort war.

Untersuchung geht weiter

Auch Wichert sollte noch am Mittwoch befragt werden. Eine Gegenüberstellung beider Spitzenberater mit dem Verteidigungsminister war im August vom Bundesgerichtshof als unzulässig abgelehnt worden.

Die Opposition will bis Ende des Jahres zahlreiche weitere Zeugen laden, darunter Bundeskanzlerin Angela Merkel und Innenminister Thomas de Maizière (beide CDU). Die Koalition wird im Gegenzug voraussichtlich den SPD-Fraktionschef und früheren Außenminister Frank-Walter Steinmeier auf die Zeugenliste setzen. Guttenberg soll nicht erneut befragt werden. 

dpa