Stuttgart 21: Bahnchef Grube lädt zum runden Tisch

Stuttgart 21: Bahnchef Grube lädt zum runden Tisch
Im Konflikt um das Milliarden-Bahnprojekt Stuttgart 21 hat Bahnchef Rüdiger Grube für seinen Vorschlag eines runden Tisches breite Zustimmung aus der Politik erhalten - doch einige Gegner bleiben skeptisch.

Ein Sprecher bezweifelte, ob das Angebot für ein Gespräch zwischen Kritikern und Projektträgern ernst gemeint sei, denn am Tag nach den bislang größten Protesten und Grubes Ankündigung seien die Abrissarbeiten an dem denkmalgeschützten Gebäude unvermindert weitergegangen. «Wir werden mit unserem Widerstand nicht aufhören», sagte Matthias von Herrmann von den «Parkschützern» am Samstag.

Grube hatte am Freitag angekündigt, dass er sich bereits im September erstmals mit Kritikern zum Meinungsaustausch treffen wolle. «Wir müssen uns jetzt wie erwachsene Leute verhalten.» Allerdings werde er für die Zusammenkünfte keine Vorbedingungen akzeptieren.

Als Teilnehmer war unter anderem Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer (Grüne) im Gespräch. Der langjährige Kritiker des Projekts hatte zuvor einen «Friedensgipfel» angeregt, aber dafür einen Baustopp bei gleichzeitigem Aussetzen der Proteste verlangt. Palmer sagte, wenn es keine Vorbedingungen gebe, gehöre dazu ebenfalls, dass dabei nicht von vornherein von einer «Unumkehrbarkeit» des Projekts gesprochen werden könne. Das wäre ein «großer Fortschritt», sagte er der Nachrichtenagentur dpa. Der Fraktionschef der Landtags-Grünen, Winfried Kretschmann, sagte: «Die Gesprächsbereitschaft von Grube kommt spät, aber nicht zu spät.»

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Auch die SPD, die im Landtag das Projekt befürwortet hatte, begrüßte den Vorschlag zum Gespräch. Man sei unabhängig davon auch bereits dabei, eine Veranstaltung zu organisieren, um mit den Gegnern des Projekts innerhalb der Partei in Dialog zu treten. FDP- Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke zeigte sich «skeptisch, was die Erfolgsaussichten anbelangt». «Ich hoffe aber, dass ein Gespräch zur Verbesserung der Atmosphäre beiträgt», sagte er.

Baustopp nicht mehr möglich

Aus Grubes Sicht ist die einzige Voraussetzung für den runden Tisch, zu dem vor allem die Grünen und auch Vertreter von Bürgerinitiativen eingeladen sein sollen, die Wahrheit zu sagen, Fakten offenzulegen und keine Informationen zurückzuhalten. Ein Baustopp sei aber nicht möglich: «Die Bauarbeiten gehen selbstverständlich unvermindert weiter», sagte Grube der Zeitung «Sonntag Aktuell». Die Bahn sei vertraglich zum Bauen verpflichtet.

Auf der Befürworterseite sind auch Ministerpräsident Stefan Mappus und Verkehrsministerin Tanja Gönner (beide CDU) vorgesehen. Sein Vorschlag sei mit Mappus abgestimmt, der die gleiche Idee gehabt habe, sagte Grube. Der Regierungschef will sich am Montag in Stuttgart zu dem geplanten runden Tisch äußern.

Bei dem 4,1 Milliarden Euro teuren Projekt soll der Stuttgarter Kopfbahnhof in eine unterirdische Durchgangsstation umgewandelt und an die künftige Schnellbahntrasse nach Ulm angeschlossen werden. Kritiker halten das Bauvorhaben unter anderem für zu teuer. Für den Verkehr bringe es keinen entscheidenden Nutzen.

Grube rechnet mit langen Protesten

Grube geht davon aus, dass die Proteste noch lange anhalten. Die Heftigkeit des Widerstands habe ihn überrascht und mache ihm Sorge mit Blick auf weitere große Infrastrukturprojekte in Deutschland. Der Bahnchef räumte ein: «Stuttgart 21 ist nicht richtig begleitet worden mit Kommunikation.» Er versicherte, er werde sich alle Ideen am runden Tisch genau anschauen, sofern sie bezahlbar seien.

Der Bahnchef lehnte einen Vergleich zu der von den Gegnern favorisierten Variante K21 ab, die Erhalt und Modernisierung des Kopfbahnhofes und eine Anbindung des Landesflughafens und der geplanten Trasse nach Ulm durch das Neckartal vorsieht. Allein die Sanierung des Hauptbahnhofes und des Gleisvorfeldes koste 1,8 Milliarden Euro, die noch nicht finanziert seien. Um K21 auf den gleichen Stand wie Stuttgart 21 zu bringen, müssten die Bauarbeiten mindestens zehn Jahre eingestellt werden.

Grube verteidigte das 4,1 Milliarden teure Vorhaben erneut. Das Projekt sei ein «Geschenk» für die Stadt und die Region: «Andere würden sich danach die Finger lecken.»

dpa