Lena Odenthal: "Da ist kein Ende in Sicht"

Lena Odenthal: "Da ist kein Ende in Sicht"
"Da ist kein Ende in Sicht": Ulrike Folkerts über 50 Einsätze als "Tatort "-Kommissarin Lena Odenthal, ihre Unzufriedenheit mit der Ermittlerfigur und die Konkurrenz mit anderen Krimihelden.
19.08.2010
Von Cornelia Wystrichowski

Sie ist Deutschlands dienstälteste TV-Ermittlerin, jetzt löst Ulrike Folkerts ihren 50. Fall als "Tatort"-Kommissarin Lena Odenthal. 1989 gab die zu diesem Zeitpunkt weitgehend unbekannte Schauspielerin aus Kassel in der "Tatort"-Folge "Die Neue" ihr Debüt als burschikose Krimiheldin aus der pfälzischen Chemiestadt Ludwigshafen. Gerade mal 28 Jahre war Ulrike Folkerts damals alt - mittlerweile ist sie 49 und darf sich in ihrer Rolle etwas weiblicher geben, doch Lena bleibt nach wie vor die einsame Wölfin unter den Ermittlerinnen: Der einzige Mann im Leben der Kommissarin ist ihr Kollege und Mitbewohner Mario Kopper (Andreas Hoppe). In der Jubiläumsfolge "Tatort: Hauch des Todes" (heute um 20.15 Uhr in der ARD) jagt Lena Odenthal einen brutalen Serienkiller und merkt dabei fast zu spät, dass sie das nächste Opfer des Mörders sein soll.

Frau Folkerts, Sie lösen als "Tatort"-Kommissarin Lena Odenthal jetzt Ihren 50. Fall. Haben Sie eigentlich das Zwischentief überstanden, in dem Sie keine Lust mehr auf die Rolle hatten?

Ulrike Folkerts: Eine Weile lang hatte ich echt das Gefühl, dass ich aus dieser Schublade als spröde, einsame Lena nie wieder rauskomme. Aber dann kamen sehr unterschiedliche andere Rollen. Für Sat.1 habe ich gerade die Komödie "Stadtgeflüster" gedreht, und jetzt stehe ich für den Politthriller "Restrisiko", in dem ich die Sicherheitsingenieurin eines Atomkraftwerkes spiele, vor der Kamera. Da ich auch andere Rollen spielen kann, gibt es auch weiterhin eine Zukunft für Lena und mich. Da ist kein Ende in Sicht.

Also spielen Sie die Lena auch noch als Oma?

Folkerts: Das hängt natürlich auch von den Drehbüchern ab. Das Format mag ich schon sehr. Ich finde es toll, dass man mit dem "Tatort" mal gesellschaftlich relevante Themen transportieren kann, mal einfach nur einen coolen Krimi erzählen - er ist eine so starke Marke, dem kann man das schon zumuten. Die Reihe lebt ja auch von der Konkurrenz durch die anderen Kommissare, das belebt wirklich das Geschäft.

Tatsächlich?

Folkerts: Definitiv! Es gibt ja regelmäßig solche Rankings, welcher Ermittler am beliebtesten ist, und jährlich wird ausgewertet, welcher Kommissar die beste Quote hatte. Das weckt in mir natürlich den Ehrgeiz, es jedes Mal noch ein bisschen besser zu machen. Ich gucke auch regelmäßig, was die anderen "Tatort"-Teams so machen, was die sich trauen, was die für Themen haben, wie die Kommissare da eingebettet sind. Sind sie reine Ermittlerfiguren oder haben die ein bisschen Leben drum herum? Bei Lena finde ich es manchmal schade, dass die Drehbuchautoren ihr zu wenig Persönlichkeit mitgeben, da gibt es doch sehr wenig gute Ideen.

Von welchen "Tatort"-Kollegen lassen Sie sich inspirieren?

Folkerts: Ich finde, dass die Kölner mit ihren gut recherchierten Krimis auffällig sind, also das Duo Dietmar Bär und Klaus J. Behrendt. Auch die Frankfurter und die Münchener haben immer wieder politische, gesellschaftlich relevante Themen aufgegriffen, das interessiert mich. Uff, bestimmt habe ich jetzt jemanden vergessen...

Sie sind jemand, der sich privat immer wieder gegen soziale Missstände engagiert. Deshalb finden Sie wohl auch die eher ambitionierten Krimis besonders reizvoll...

Folkerts: Ich finde es wirklich toll, wenn wir mit unseren Filmen auf bestimmte Themen aufmerksam machen können. Von der Warte als Schauspielerin aus betrachtet muss ich sagen: Die Mischung macht's. Ich drehe ja drei "Tatorte" im Jahr und finde es super, wenn sich die Genres abwechseln, wenn wir mal ein Drama, mal einen Psychokrimi, mal einen spannenden Actionthriller machen.

Der Jubiläumsfall gehört in die letzte Kategorie...

Folkerts: Stimmt, das ist ein ganz purer Krimi, die Kommissarin arbeitet sich am Täterprofil ab und gerät ins Visier eines Serienkillers. Die Dreharbeiten waren diesmal besonders anstrengend, aber auch toll, weil wir alle das Gefühl hatten, wir machen einen richtig guten Film. Lars Montag ist ein sehr fantasievoller Regisseur, er hat sich unter anderem eine Taucherglocke als Drehort ausgedacht, ein ganz mysteriöser Schauplatz. Und meine Katze hat endlich mal eine dramaturgisch bedeutende Rolle. Meistens steht im Drehbuch ja nur: "Katze frisst" oder "Katze schläft", Lars Montag dagegen hat sie wunderbar eingebaut.

Wenn Sie "meine Katze" sagen, meinen Sie dann, dass der schwarze Kater namens Mikesch wirklich Ihnen gehört?

Folkerts: Nein, das ist eine Filmkatze, die gemietet wird. Es ist auch nicht immer die gleiche, weil die manchmal schon andere Termine haben. Das Tier diesmal war wirklich wahnsinnig gut, total entspannt und cool, obwohl 30 Leute am Set waren. Aber ich muss zugeben: Als ich "meine Katze" sagte, meinte ich eigentlich Lena Odenthal. Sie ist ja schon eine eigenwillige Persönlichkeit, für sie gibt es erst mal ihren Job, dann kommt lange nichts, und irgendwann kommen die Katze und ihr Kollege Mario Kopper.

Apropos: Schauspieler Andreas Hoppe ermittelt seit nunmehr auch schon14 Jahren als Mario Kopper an der Seite von Lena Odenthal. Sind Sie eigentlich auch privat befreundet?

Folkerts: Andy und ich kennen uns schon ewig, weil wir zusammen im gleichen Semester an der Schauspielschule waren, 1982 bis 1986 an der Hochschule für Musik und Theater in Hannover. Eine Zeitlang haben wir auch gemeinsam in einem Haus in Nachbarwohnungen gewohnt und oft zusammen gebüffelt.

Jetzt sagen Sie bloß noch, dass Herr Hoppe Sie damals schon bekocht hat, so wie Mario Kopper seiner WG-Genossin Lena im Film Spaghetti und andere italienische Köstlichkeiten serviert.

Folkerts: Aber klar haben wir uns gegenseitig bekocht! Als Student hat man ja gar nicht das Geld, um regelmäßig essen zu gehen. Und schon damals gab es oft und gerne Spaghetti, weil das preiswert und lecker war. Also, wir beide kennen uns in- und auswendig und amüsieren uns bei gemeinsamen Szenen oft köstlich, wenn wir uns an die Schauspielschule erinnern. Dann hören wir noch unseren Dozenten, der uns immer damit in den Ohren lag, man müsse die Energie des Partners aufnehmen, seine Schwingungen.
Den Swing haben wir manchmal, finde ich (lacht).

Zurzeit scheinen Sie mit der Rolle als Lena Odenthal ja echt glücklich zu sein. Aber trotzdem, mal Hand aufs Herz: Wenn Sie vor der ersten Folge gewusst hätten, dass das die Rolle ihres Lebens wird - hätten Sie das Angebot angenommen?

Folkerts: Wahrscheinlich hätte ich erst mal gesagt: Um Gottes Willen, das mache ich auf keinen Fall, damit lege ich ja meine ganze Karriere fest. Als neugieriger Mensch hätte ich es dann aber bestimmt doch probiert.