Papier ist geduldig. Das gilt nicht nur für die Zeitungen und Zeitschriften, denen der Verein Deutsches Pressemuseum Hamburg ein Museum in der Stadt widmen will. Auch das Konzept dafür haben die 150 Vereinsmitglieder, darunter Medienunternehmen wie die Axel Springer AG und Gruner + Jahr, seit der Vereinsgründung 2001 immer wieder überarbeitet. Doch es scheiterte bisher vor allem am fehlenden Geld. Mit einem neuen Konzept wirbt der Verein derzeit bei Stiftungen, reichen Privatpersonen und Medienunternehmen um Spenden.
An interessanten Plänen mangelt es den Hamburgern nicht: Auf fünf Stockwerken sollen Besucher deutsche Pressegeschichte vermittelt bekommen, aber auch Wissenswertes über Promi-Karrieren, Paparazzi und spektakuläre Presse-Fälschungen. "Erlebnisorientierung" ist das Stichwort. Darin liege die Stärke des Projekts, sagt Holger Werner, Sprecher des Vereins: Während es etwa im Gutenberg-Museum Mainz eher um alte Zeitungen und Druckkunst gehe, wolle man in Hamburg multimedial "eine lebendige Branche spannend und interaktiv, gerade auch für eine junge Zielgruppe, präsentieren".
Unabhängiger Journalismus
Der Dortmunder Journalistikprofessor Horst Pöttker befürwortet das Pressemuseum. "Unsere Gesellschaft ist sich nicht sehr stark dessen bewusst, dass sie einen möglichst fairen, kritischen und unabhängigen Journalismus braucht", sagt der Wissenschaftler, der in Hamburg aufgewachsen ist. Nur mithilfe einer funktionierenden Berichterstattung, die Missstände anprangert, könne sich eine moderne Gesellschaft selbst regulieren. Dieses Bewusstsein könne das Hamburger Pressemuseum fördern, sagt Pöttker.
Die Stadt Hamburg hat dem Verein über ihre Hafen und Logistik AG ein denkmalgeschütztes Lagergebäude unweit der Elbphilharmonie zugesagt - aber nur, wenn der Verein gleichzeitig die Finanzierung des Museums stemmt. Genau hier liegt das Problem: Schätzungen zufolge liegen die Startkosten des Museums bei rund 3,5 Millionen Euro. Bezahlen sollen das laut Verein "Medienpartner und Sponsoren vor allem aus Verlagsbereichen". Der Zeitpunkt fürs Spendensammeln scheint aber ungünstig: Nach Angaben des Bundesverbands Deutscher Zeitungsverleger war 2009 das schwierigste Jahr der Zeitungsgeschichte.
Unabhänhigkeit
Die Leiterin des Dortmunder Instituts für Zeitungsforschung, Gabriele Toepser-Ziegert, ist daher skeptisch: "Ich weiß, dass die Verlage ihr Geld im Moment sehr ordentlich zusammenhalten." Und wenn sich doch ein spendierfreudiger Verlag finde, dann wolle der in der Regel, dass seine Produkte dementsprechend platziert werden. Hinzu komme, dass die Verlage "sehr eifersüchtig" aufeinander seien. "Wenn die den Eindruck haben, man kooperiert mit einem Verlag, sagt der andere gleich von vornherein: Nee, da mache ich nicht mit", so Toepser-Ziegert. Die Forscherin gibt auch zu bedenken, das angesichts der bereits existierenden Museen ein Fokus auf Hamburgs Presse sinnvoll sein könnte.
Vereinssprecher Werner zeigt sich indes optimistisch: "Wenn Sie die 30 größten deutschen Verlage zusammenzählen und dann eine Umlage machen würden, dann relativiert sich der Betrag", sagt er über die geschätzten Startkosten von 3,5 Millionen Euro. Trotz Medienkrise sei der Verein bisher noch nie so weit gekommen wie heute. Eine konkrete Summe will er nicht nennen, deutet aber an, dass bislang weniger als die Hälfte des Betrags gesichert ist. Ende des Jahres wollen die ehrenamtlichen Vereinsmitarbeiter nach einem Kassensturz entscheiden, ob sich das Weitermachen lohnt.
Weltoffene Handelsstadt
Horst Pöttker jedenfalls hofft auf ein Pressemuseum, denn der Standort Hamburg habe Symbolkraft für die Bedeutung des Journalismus insgesamt: Es sei kein Zufall, glaubt der Dortmunder Professor, dass gerade die "Pressehauptstadt Hamburg" bereits im 18. Jahrhundert eine weltoffene und bürgerliche Handelsstadt gewesen sei.
epd