Durch die Gesetzesänderung haben Schuldner einen Anspruch darauf, ein bestehendes Konto in ein sogenanntes Pfändungsschutz-Konto umwandeln zu lassen. Außen vor bleiben aber weiterhin Menschen, denen es nicht gelingt, überhaupt eine Bankverbindung einzurichten.
Pfändung blockiert Bankverbindung
"Du brauchst heutzutage ein funktionierendes Konto", sagt Rainer Berendsen (Name geändert). Ende Juni ging der ehemalige Obdachlose zu seiner Bank, um die Umwandlung seines Kontos in ein Pfändungsschutz-Konto ("P-Konto") zu beantragen. Der Verkäufer des Hamburger Straßenmagazins "Hinz&Kunzt" hatte von seinem Sozialarbeiter erfahren, dass Schuldner wie er künftig weniger Ärger mit Gläubigern haben sollen.
Seit längerem blockiert eine Pfändung seine Bankverbindung, es geht um 1.300 Euro Altschulden. Die Folge: "Im Grunde ist mein Konto lahmgelegt. Ich kann nichts überweisen, ich kann nicht mal einen Kontoauszug ziehen. Ich darf mir nur einmal im Monat das Geld vom Schalter holen, das mir das Amt überweist", berichtet Berendsen.
'Du machst uns zu viel Arbeit!'"
Bereits im Frühjahr 2009 haben Bundestag und Bundesrat das "Gesetz zur Reform des Kontopfändungsschutzes" verabschiedet. Seine Wirkung entfaltet es erst jetzt, weil die Banken ein Jahr Zeit bekommen sollten, sich auf das P-Konto vorzubereiten. Der Bedarf ist offenkundig: Nach Schätzungen der Bundesregierung gibt es bundesweit jeden Monat 350.000 bis 370.000 Kontenpfändungen. Ihre Folgen sind für die Betroffenen oft dramatisch, sagt der Hamburger Sozialarbeiter Stephan Karrenbauer: "Die Leute müssen ihr Geld oft mühselig zurückholen. Und wenn sie Pech haben, kündigt ihnen die Bank das Konto mit dem Argument: 'Du machst uns zu viel Arbeit!'"
Dank P-Konto dürfte damit nun Schluss sein. 985,15 Euro gelten für einen Alleinstehenden automatisch als geschützt. Dieser sogenannte Basis-Pfändungsschutz kann erhöht werden, etwa wenn Unterhaltspflichten bestehen. Bisher führte die Pfändung eines Bankkontos dazu, dass laufende Zahlungen nicht mehr geleistet werden konnten. Schuldner mussten Gerichtsentscheidungen erwirken, um den ihn zustehenden Freibetrag zu sichern. Häufig kamen jedoch diese Entscheidungen zu spät.
"P"-Konto ist kostenfrei
Betroffene mit Kindern sollten vor der Beantragung eines P-Kontos in jedem Fall zunächst Rat bei einer Schuldnerberatungsstelle suchen. Sie hilft, notwendige Formulare auszufüllen, und prüft, ob die Umwandlung des Girokontos sinnvoll ist. Die Einrichtung eines P-Kontos soll kostenlos sein. Experten raten deshalb dringend davon ab, mit Gebühren verbundene Vermittlungsangebote anzunehmen, wie sie zum Beispiel im Internet angeboten werden.
Ungeschützt bleiben indes jene Menschen, denen es meist wegen Altschulden nicht gelingt, überhaupt eine Bankverbindung zu eröffnen. "Nur ein bestehendes Girokonto kann in ein P-Konto umgewandelt werden", teilt etwa die Postbank auf Nachfrage mit. Das entspreche den gesetzlichen Vorgaben. Auch die Hamburger Sparkasse erklärt: "Nichtkunden müssten zunächst ein Girokonto eröffnen und dieses dann umwandeln lassen." Jedoch stehe das Geldinstitut dazu, "dass jeder Bürger ein Anrecht auf ein Girokonto hat".
Warten auf einen gesetzlichen Konto-Anspuch
Schätzungen zufolge haben bundesweit bis zu eine halbe Million Menschen keine Bankverbindung. Schuldnerberater fordern deshalb seit langem die Festschreibung eines gesetzlichen Anspruchs auf ein Girokonto. Zwar erklärten sich Deutschlands Geldinstitute bereits 1995 dazu bereit, jedem Menschen auf Wunsch ein Girokonto einzurichten.
Doch wird diese Selbstverpflichtung in der Praxis immer wieder unterlaufen, wie die Bundesregierung zuletzt Anfang 2009 beklagte. Finanz- und Justizministerium kündigten in einem gemeinsamen Bericht an, die unverbindlichen Empfehlungen des Zentralen Kreditausschusses zu einer "rechtlich verbindlichen Selbstverpflichtung der Kreditinstitute gegenüber einzelnen Kunden" weiterentwickeln zu wollen. Geschehen ist seitdem nichts.