Delegierte aus dem gesamten Spektrum der Christenheit berieten fünf Tage lang über eine Neuausrichtung der christlichen Mission im 21. Jahrhundert. Themen der Versammlung waren neben sozialer Gerechtigkeit die Aufarbeitung der in ihren Anfängen vom Kolonialismus geprägten Missionsgeschichte sowie der Dialog mit anderen Religionen. Die mit einem Festakt beendete Jubiläumskonferenz erinnerte an die erste Weltmissionskonferenz 1910 in Edinburgh, die als Beginn der ökumenischen Bewegung gilt.
Es sei dringend nötig, "Gottes Botschaft von der Erlösung, von der Vergebung der Sünden, einem Leben in Fülle und der Befreiung aller armen und unterdrückten Menschen" weiterzugeben, heißt es in der Gemeinsamen Botschaft. Weiter seien Christen dazu aufgerufen, respektvoll und bescheiden Zeugnis von ihrem Glauben unter Menschen anderen Glaubens aber auch unter Menschen ganz ohne Glauben abzugeben.
Ungleichgewicht der Macht
Angesichts des "Ungleichgewichts der Macht, welches die Menschen in den Kirchen und der Welt trennt und belastet" seien Christen zu einem verantwortlichen Umgang mit der Macht aufgerufen. Jesus habe alle Menschen zu Jüngern aufgerufen: Arme, Reiche, Mächtige, Behinderte, Unterdrückte, Junge und Alte. Die Botschaft des Evangeliums ermutige dazu, Freundschaften zu schließen, Versöhnung zu stiften und Gastfreundschaft zu praktizieren, so die Abschlussbotschaft.
Deutsche Delegierte zogen eine überwiegend positive Bilanz des Treffens. Es sei deutlich geworden, dass die Kirchen im Westen und Norden der Welt heute Anstöße und Ermutigung aus den Kirchen im Süden oder Osten benötigen, hieß es in Stellungnahmen von Vertretern aus evangelischen Kirchen und Missionswerken. Auf der Konferenz sei "immer wieder das Bild einer sterbenden oder zumindest kraftlosen Kirche im Westen gemalt" worden.
Umstrittene Themen auf der Konferenz waren der Umgang mit der menschlichen Sexualität, der Verbreitung von Aids und mit aggressiven Formen von Evangelisation. Die christliche Missionsarbeit will sich allerdings stärker dem Dialog mit anderen Religionen wie dem Islam widmen.
Mission und Kolonialismus
Der Generalsekretär des Ökumenischen Rates der Kirchen, Pastor Olav Fykse Tveit aus Norwegen, erklärte: "Wir sind gekommen, um den Fortschritt des Weltchristentums in den vergangenen 100 Jahren zu feiern." Als eine "schmerzliche Lektion" der Missionsgeschichte bezeichnete er jedoch die Verbindungen zwischen Mission und Kolonialismus. Das Thema Mission bleibe auch im Dialog zwischen Christen und Menschen aus anderen Religionen ein schwieriges Thema.
Die Missionsaktivitäten, so wurde auf der Tagung deutlich, kehren sich allmählich um. Immer mehr christliche Missionare aus dem Süden und Osten engagieren sich im Norden und Westen der Erde. Missionare aus dem Süden gründen unabhängige Kirchen in nördlichen und westlichen Ländern, zunächst noch unter Migranten aus ihrer Heimat. Aber der Einfluss auf Europäer werde immer größer, hieß es. Während die Kirchen im Süden der Welt stark wachsen, verlieren sie in Europa an Mitgliedern. Für die Kirchen in Afrika, Asien und Lateinamerika sei Europa daher heute ein Missionsfeld, sagte Claudia Währisch-Oblau von der Vereinten Evangelischen Mission in einem Interview in Edinburgh.
Zusammenarbeit der Konfessionen
An der Konferenz "Edinburgh 2010" beteiligten sich Orthodoxe, Anglikaner, Lutheraner, Reformierte, Methodisten, Baptisten, Siebenten-Tags-Adventisten, römische Katholiken, Evangelikale, Pfingstler und weitere unabhängige Freikirchen. Die erste Weltmissionskonferenz 1910 in der schottischen Hauptstadt gilt als Ausgangspunkt der systematischen Zusammenarbeit der Konfessionen. Teilnehmer waren damals vor allem Vertreter von Missionsgesellschaften aus dem Protestantismus und der anglikanischen Kirche aus Europa und Nordamerika.
Internet: www.edinburgh2010.org
epd