Queen bereitet Briten auf Sparkurs vor

Queen bereitet Briten auf Sparkurs vor
Großbritannien muss sparen, und zwar sofort. Der Schuldenberg soll vor allem durch Einsparungen im öffentlichen Sektor abgetragen werden, nicht durch Steuererhöhungen.
26.05.2010
Von Britta Gürke

Mit einem roten Samtmantel um die Schultern und diamantbesetzter Krone auf dem Kopf sitzt die Queen auf einem goldenen Thron. Die Abgeordneten des britischen Oberhauses lauschen ihr in historischen Roben: Die Szene im Londoner Parlament hätte sich auch gut vor ein paar Jahrhunderten abspielen können. Doch bei der diesjährigen Parlamentsrede von Elizabeth II. am Dienstag war für die Königin trotz aller Tradition einiges neu.

Haushaltsloch von 156 Milliarden Pfund

So dramatisch wie derzeit war die Wirtschaftslage ihres Landes selten zuvor. Die neue Koalitionsregierung aus Konservativen und Liberaldemokraten hatte der Königin vor allem eines ins Redemanuskript geschrieben: Großbritannien muss sparen, und zwar ab sofort. "Oberste Priorität ist es, das Defizit zu reduzieren und das Wirtschaftswachstum wiederherzustellen", sagte die Queen gleich zu Beginn der traditionellen Rede, die sie einmal im Jahr verliest und die von der Regierung geschrieben wird.

Großbritannien leidet weiter dramatisch unter den Folgen der Wirtschaftskrise. Im derzeitigen Haushalt klafft mittlerweile ein Loch von gut 156 Milliarden Pfund (182 Milliarden Euro). Der Schuldenberg insgesamt nähert sich der Marke von 900 Milliarden Pfund. Ökonomen warnen vor einer Herabstufung des Kreditratings.

Die Briten brauchten auch länger als andere Staaten, um aus der Rezession herauszukommen. Für das erste Quartal 2010 vermeldete die Nationale Statistikbehörde am Dienstag zwar ein schwaches Wachstum des Bruttoinlandsproduktes um geschätzte 0,3 Prozent. Premierminister David Cameron und seine Regierung wissen allerdings, dass die wirtschaftliche Erholung noch lange nicht gesichert ist.

Kritiker befürchten Katastrophe

Gespart werden soll deshalb so schnell wie möglich. Dafür verabschiedeten sich die Liberaldemokraten sogar von ihrer Überzeugung, dass erst im kommenden Jahr gekürzt werden dürfte, um das zarte Pflänzchen der Erholung nicht zu gefährden. Vor einem solchen Szenario hatte die vorherige Labour-Regierung immer wieder gewarnt und deshalb geplant, weiter Geld in die Wirtschaft zu pumpen, bis sie auf festen Beinen steht.

Prompt meldeten sich am Dienstag Kritiker, die wegen der Sparpläne eine Katastrophe befürchten. "Die überwältigende Konzentration der Regierung auf die Reduzierung des Defizits ist ein großer Fehler", sagte Brendan Barber von der Gewerkschafts-Dachorganisation TUC. "Stattdessen sollten sich die Minister darauf konzentrieren, das Wachstum wiederherzustellen und den Anstieg der Arbeitslosigkeit zu stoppen."

Neue Regierung will sich beweisen

Doch die Koalition will zeigen, dass sie zupacken kann. Bereits am Montag - nicht einmal zwei Wochen nach der Regierungsbildung - präsentierte Schatzkanzler George Osborne von den Tories ein erstes Sparpaket. Rund sechs Milliarden Pfund sollen bei Ministerien, in den Kommunen und bei anderen öffentlichen Ausgaben eingespart werden. Am 22. Juni wird ein Notfall-Haushaltsplan vorgelegt.

Statt die Steuern anzuheben, sollen die Schulden vor allem durch Sparen im öffentlichen Sektor abgetragen werden. Doch die Opposition wirft Cameron und Vize-Premier Nick Clegg vor, viel zu reden, aber nicht konkret zu sagen, wo die Axt angesetzt werden könnte. Für geringe und mittlere Einkommen soll es nämlich insgesamt sogar Steuersenkungen geben.

Alle wollen jedoch in jedem Fall eine neue Finanzkrise verhindern. "Die Gesetzgebung wird die Rahmenbedingungen für die Kontrolle des Finanzsektors reformieren, damit wir aus der Finanzkrise lernen", sagte die Queen. Deshalb soll unter anderem die Bank of England wieder mehr Macht im Londoner Finanzdistrikt und in anderen Bereichen bekommen. Letztendlich aber müssten alle anpacken, um die Lage wieder in den Griff zu bekommen, sagte auch die Queen: Die Regierung werde die Menschen dazu anregen, soziale Verantwortung zu übernehmen.

dpa