Wie wahrscheinlich ist, dass geeignete Planeten Leben hervorbringen? Aus wissenschaftlicher Sicht ist klar: Seriöse Aussagen sind dazu nicht möglich – es sei denn, wir finden heraus, dass in unserem Sonnensystem mehr als einmal Leben entstanden ist.
Hier endlich der nächste Teil der geplanten Serie zu extraterrestrischem Leben. In Teil eins ging es um zwei Punkte:
Mithilfe der sogenannten Drake-Gleichung lässt sich die Anzahl intelligenter Zivilisationen, die potenziell mit uns in Kontakt treten werden, berechnen - prinzipiell jedenfalls. Das Problem: Die Zahlenwerte der meisten Faktoren, die in die Gleichung einfließen, sind mehr oder weniger unbekannt.
Einer der Faktoren ist die Zahl der Planeten mit lebensfreundlichen Bedingungen. Diese Zahl dürfte aktuellen Erkenntnissen aus der Astronomie zufolge sehr groß sein: Dass die Sterne in unserer Galaxis von erdähnlichen Planeten umrundet werden, ist wohl eher die Regel als die Ausnahme - und es gibt etwa 300 Milliarden Sterne in der Milchstraße. (Genau genommen lässt sich dieser Faktor noch in Unterfaktoren zerlegen, aber das führt hier zu weit.)
Dass es viele geeignete Planeten gibt, reicht freilich nicht. Es könnte ja trotzdem ein ganz ungewöhnlicher, einmaliger Fall sein, dass auf der Erde Leben entstanden ist - etwa weil die Wahrscheinlichkeit dafür, dass aus unbelebter Materie überhaupt Organismen entstehen, so extrem winzig ist, dass dieser Fall selbst bei hunderten Milliarden lebensfreundlichen Planeten statistisch höchstens einmal überhaupt zu erwarten ist. Diese Wahrscheinlichkeit der Lebensentstehung ist der nächste Faktor in der Drake-Gleichung. Um sie soll es jetzt gehen. Kann man sie ausrechnen oder zumindest irgendwie abschätzen?
Plausibel - und vielleicht trotzdem falsch
Auf der Erde entstand, nach allem was man weiß, schon binnen weniger hundert Millionen Jahre nach Abkühlung auf erträgliche Temperaturen Leben - also zu einem Zeitpunkt, als die Erde für einen Planeten noch äußerst jung war. Die gängige Argumentation folgert daraus, dass die Entstehung von Leben auf einem geeigneten Planeten offenbar ziemlich wahrscheinlich sein muss. Demnach sollte ein Großteil der bewohnbaren Planeten irgendwann auch tatsächlich bewohnt sein - und dieser Faktor sich auf das Endergebnis der Drake-Gleichung nicht besonders auswirken (ob nun jeder, jeder dritte oder jeder fünfzigste bewohnbare Planet Leben hervorbringt, macht bei vermutlich hunderten Milliarden Planeten erst mal keinen so großen Unterschied).
Allerdings: Nicht alles, was plausibel erscheint, muss mathematisch auch richtig sein. Tatsächlich greift das genannte Argument wohl zu kurz. Diesen Standpunkt vertreten jedenfalls die Kosmologen David Spiegel and Edwin Turner in einem Paper, das seit seinem Erscheinen vor einem halben Jahr für viel Diskussion in Fachkreisen gesorgt hat.
Die beiden Forscher analysieren die obige Überlegung darin mittels Bayes'scher Statistik. Dabei geht es grob gesagt darum, die Plausibilität einer Hypothese angesichts bestimmter Beobachtungen zu bestimmen. Das Ergebnis der schwierigen mathematischen Übung ist letztlich auch intuitiv gar nicht abwegig: Zwar legt das schnelle Auftreten von Leben auf der Erde nahe, dass die Wahrscheinlichkeit dafür allgemein hoch ist - es ist aber durchaus auch mit der gegenteiligen Hypothese vereinbar, dass die Lebensentstehungswahrscheinlichkeit sehr niedrig und Leben im Universum somit sehr selten ist.
Dringend gesucht: Ein zweiter Datenpunkt
Anders ausgedrückt: Bisher haben wir eben nur einen sicheren Datenpunkt, nämlich uns selbst. Nur von der Erde wissen wir, dass unter lebensfreundlichen Bedingungen tatsächlich schnell Leben entstanden ist. Brauchbare Aussagen über die Lebensentstehungswahrscheinlichkeit würden aber wenigstens einen zweiten Datenpunkt voraussetzen. In den Worten von Spiegel und Turner:
"Dass wir uns selbst auf einem belebten Planeten vorgefunden haben, ist unumgänglich. Nicht unumgänglich ist dagegen, dass wir uns (i) in einer Galaxis vorfinden, in der es noch auf einem anderen Planeten als der Erde Leben gibt, oder (ii) auf einem Planeten, auf dem das Leben mehrfach unabhängig voneinander entstanden ist. (...) Kurz gesagt: Falls wir Indizien für Leben finden, das völlig unabhängig von uns entstanden ist - entweder indem astronomische Beobachtungen Leben auf einem anderen Planeten offenbaren, oder indem geologische und biologische Untersuchungen Belege für Leben auf der Erde finden, das einen anderen Ursprung hat als wir selbst - dann stünde der Schluss, dass Leben in unserer Galaxis vermutlich weitverbreitet ist, auf deutlich festerem Grund."
Für den Moment ist also wenig gewonnen. Aber: Sollten wir nur eine weitere Entstehung von Leben nachweisen können - sei es auf der Erde, auf dem Mars oder sonstwo -, dann könnten wir davon ausgehen, dass Planeten mit den geeigneten Bedingungen in der Regel auch Leben hervorbringen. Und kombiniert mit der Erkenntnis aus Teil eins der Serie hieße das: Leben dürfte vielerorts im Universum existieren! Das alles wie gesagt unter der Voraussetzung, dass wir den beschriebenen zweiten Datenpunkt gewinnen. Ob es zu solch einem Fund jemals kommt, wissen wir nicht. Zumindest aber scheint es nicht grundsätzlich jenseits unserer Möglichkeiten zu liegen.
Wenn wir auch nur eine weitere Entstehung von Leben hier oder anderswo belegen könnte, dann dürften wir davon ausgehen, dass E. T. mehr ist als eine Fiktion. Auch wenn damit noch nicht gesagt ist, dass wir jemals mit ihm Kontakt haben werden - denn das hängt noch von weiteren Faktoren ab, um die es hier demnächst gehen soll.
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