Ostern jetzt schon spüren

Leonie Mihm
Ein kleines Dorf auf dem Weg nach Gibraltar. Pinke Blüten neben einer grünen Tür bilden einen starken Kontrast zwischen den weißen Häusern.
Nicht mehr lange
Ostern jetzt schon spüren
Leonie wird zum ersten Mal Ostern ohne Familie und Traditionen verbringen, weil sie immer noch durch Europa reist. Das macht ihr Sorgen, aber Gibraltar hält eine Überraschung für sie bereit.

Ich weiß, Gott steckt nicht nur im Frühling. Aber wie viel mehr heilige Geisteskraft kann man spüren als in den Momenten, wenn nach den Tagen voller Sand, Staub und Wüste auf einmal alles grün ist? Wenn die Knospen zu Blüten und Blättern werden, die Wiesen voller bunter Blumentupfer sind, der Wind im Gesicht auf einmal angenehm warm ist und nach gemähtem Gras und frisch gewaschener Wäsche riecht? Wenn Freude nicht mehr reicht und man nach Worten sucht, die besser passen. Wonne? Entzücken? Joy?

Ich spüre Ostern so krass in diesen Tagen. Das Freudenfest kündigt sich in vielen schillernden Momenten an. Jubilate!

Überall blüht der Rosmarin und zieht dabei viele Schmetterlinge an.

Wie gerne würde ich die freudenvolle Frühlingsluft in Einmachgläser, Schuhkartons und Briefumschläge verpacken können und an alle senden, bei denen sich der Frühling gerade weit entfernt anfühlt. Vor dem Fenster und im Herzen. 

Ich darf merken: Frühling wirkt. Ostern wirkt.

Schaut nach vorne, denn ich will etwas Neues tun! Es hat schon begonnen, habt ihr es noch nicht gemerkt? (Jesaja 43, 19a HFA)

Arbeitsplatz bei Sonnenuntergang mitten in der Natur an einer Steinhütte.

Dabei hatte ich so viel Sorge vor Ostern. Es war immer ein wichtiges Familienfest, mit festen Traditionen. Im Garten von Oma und Opa. Irgendwann habe ich mein eigenes Fest daraus gemacht und bin so gut wie jedes Jahr nach Taizé gefahren. Immer wenn es ging, und keine Pandemie oder Uni mir einen Strich durch die Rechnung gemacht haben. Dieses Jahr werde ich weder bei meiner Oster-Taizé-Family sein noch bei meiner Familie im Garten, zwischen grüner Soße und Ostereiern. Ich bin eigentlich kein Mensch, der zu sehr an Traditionen und Routinen hängt. Aber an Ostern nicht in Taizé zu sein, das tut schon ein wenig weh. Ostern ist über die Jahre zu einer Woche der intensiven Reflexion, der Seelenarbeit, der Freund:innenschaft, des Näher-An-Gott-Rückens und des Freudefühlens geworden. Ich weiß, wie sehr ich diese Woche brauche und freue mich schon lange vorher darauf.

Kann ich all das spüren und erleben, wenn ich Ostern allein für mich feiere? Wäre es in Ordnung, wenn ich all das dieses Jahr nicht spüre? Fällt Ostern dann aus?

Aber Gibraltar macht alles wieder gut. Ich bin eine Woche auf einer autarken Bio-Farm. In einer kleinen Hütte aus Stein. Sonne, Windräder, Meer, Ziegen, Kaffee, Blumenwiesen, Steinboden, Atmen. Aus Abenteuer wird Urlaub, wird Ankommen. Und endlich kann ich spüren: Ostern ist nicht mehr weit. Die Freude ist in mir drinnen. Sie ist nicht an das Außen geknüpft. Ich muss nicht in Frankreich dafür sein, nicht in Omas Garten, nicht in Spanien. Sondern in mir. 

Alles beginnt zu blühen.

Dass hier der Frühling bereits begonnen hat, hat geholfen, das zu verstehen. Dass wir uns ein paar Tage Pause von Autofahren, Zelten, Klettern, Wandern und Erkundungen genommen haben, hilft auch.

Die Festung von Xàtiva.

Ich glaube nicht, dass man an den untersten Zipfel von Spanien fahren und die Küste Afrikas bewundern muss, um zu dieser Erkenntnis zu kommen. Ich bin aber dankbar, dass ich es trotzdem erfahren darf.

Halte durch. Der Frühling kommt. Ostern naht. Halleluja. 

Kitesurfer in Tarifa an der Meerenge zwischen Europa und Afrika.

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