In England tobt ein Glaubenskrieg. Jedenfalls behaupten das die britischen Gartenmagazine. Denen zufolge hat der trendbewusste Hobbygärtner die Wahl zwischen zwei Gestaltungs-Stilen: dem naturnahen Garten, in dem es eher leger zugeht, und dem Topiari-Garten, auch Formschnitt-Garten genannt.
Topiari, also „die Kunst, Pflanzen durch besondere Schnitttechniken in eine meist geometrische Form zu bringen und ihnen ein architektonisches, ornamentales oder figürliches Aussehen zu verleihen“ (Wikipedia), ist zugegebenermaßen nur schwer mit einem naturnahen Garten in Einklang zu bringen. Zwar herrscht auch in einem wildlife garden allein schon aus Platzgründen in der Regel kein unkontrollierter Wildwuchs. Aber zu Pyramiden, Spiralen oder Einhörnern zurechtgeschnittene Buchsbäumchen wirken darin vermutlich eher deplatziert.
Trotzdem: Im Garten soll jeder nach seiner Façon glücklich werden. Und auch wenn ich mich, vor die Wahl gestellt, jederzeit wieder für den naturnahen Garten entscheiden würde, faszinieren mich diese „natürlichen“ Kunstwerke. Und gerade in diesen Wochen, in denen der Garten saisonbedingt etwas trist und trostlos aussieht, wünsche ich mir manchmal einen solchen immergrünen Hingucker.
Schon Plinius der Ältere ließ übrigens in der Antike Zypressen in Form schneiden, und zwar von Gartensklaven, die extra aus Griechenland importiert wurden und topiarii genannt wurden. Im Mittelalter wurden dann kleine Buchsbäume, Lavendel- und Ysop-Büsche als Beeteinfassungen für Kräutergärten zurechtgestutzt. Und im Barock gehörten die symmetrischen Formen zu jedem Schloss; Versailles ist vermutlich das bekannteste Beispiel, in Deutschland ist der Große Garten in Hannover-Herrenhausen noch gut erhalten.
Erst im 18. Jahrhundert, mit dem Aufkommen des Englischen Landschaftsgartens, wurden Formschnitte unmodern. Aber einige Engländer begeisterten sich weiterhin für topiary. Zum Beispiel der Earl of Barrington der seinen Gartenschmuck in Gärtnereien anfertigen ließ. Dann mussten sie durch die Stadt Derby zu seinem Gutshaus transportiert werden – manche der Pflanzen waren angeblich so groß, dass die Fensterscheiben in den Straßen zu Bruch gingen. Die meisten englischen Topiari-Gärten stammen aus dieser Zeit.
Formschnitte sind übrigens weltweit beliebt. Im kanadischen Montreal wird sogar alle drei Jahre eine Ausstellung mit außergewöhnlichen Topiari veranstaltet. Riesige Buchsbaum-Schmetterlinge stehen dort neben monströsen Raupen, Lavendel-Pandas kugeln sich im Gras und im Beet „schwimmen“ Blumen-Schwäne.
Und auch ich habe eine Lösung gefunden, wie sich die beiden angeblich so unvereinbaren Gartenstile „naturnah“ und „Topiari“ kombinieren lassen. Neulich entdeckte ich in einem Gartencenter diesen Frosch (s. Foto rechts). In das Moos, mit dem er gefüllt ist, werde ich jedoch keine Buchspflänzchen setzen, sondern Hauswurze, auch Sempervivum genannt. Diese Dickblattgewächse sind pflegeleicht und ihre rosettenförmige Wuchsweise werden den Frosch nach und nach in eine pickelige Kröte verwandeln. Wildlife topiary, sozusagen.
Grundkurs Topiari:
- - Der Formschnitt macht sich die Eigenschaft von Pflanzen zunutze, dass, wenn nach oben wachsende Triebspitzen gekappt werden, die Pflanze seitlich austreibt und dichter wächst.
- - Der Gestaltungsschnitt legt die grobe zukünftige Form fest. Falls notwendig werden Zweige zusammengebunden, durch Stöcke verstärkt oder Rankgitter befestigt. Später wird dann mit dem Erhaltungsschnitt die Verdichtung angeregt.
- - Für symmetrische Formen empfehlen sich Schablonen. Oder eben vorgefertigte Drahtgestelle, an denen dann entlanggeschnitten werden kann.
- - Für Formschnitte eignen sich besonders immergrüne Pflanzen wie Buchsbaum, Stechpalmen, Lorbeer, Eibe, Thuja, Hainbuchen, Lavendel, Ysop, Heiligenkraut, Wermut, Rhododendron, Liguster