„Du kannst kein Feld bestellen, wenn Du es nur in Gedanken umgräbst.“ Diese Metapher wird von vielen Hobbygärtnern wörtlich genommen. Lange galt es als unumgänglich, im Frühjahr oder Herbst den Spaten auszupacken und die Erde in den Beeten zu wenden, um sie zu lockern, Unkraut zu entfernen und auf diese Weise fruchtbarer und ordentlicher zu machen.
Bei mir führte diese Grundregel des erfolgreichen Gärtners regelmäßig zu einem schlechten Gewissen. Denn lediglich beim Anlegen der neuen Beete haben der Mann und ich die Grasnarben, die wir abgehoben hatten, ungefähr 40 cm tief eingegraben. Danach standen praktische Gründe dem Umgraben entgegen: Nicht nur die Rückenschmerzen machten es unmöglich, sondern auch die Stauden, die dicht an dicht im Beet stehen. Zwischen ihnen zu ackern, ohne die Wurzeln zu beschädigen, kann man vergessen. Und, ja, ich gebe es zu, auch die Faulheit verhinderte das großflächige Wenden von Erdreich.
Zum Glück! Denn neuere Gartenpflege-Ansätze gehen davon aus, dass, wer den Boden regelmäßig umgräbt, mehr Schaden als Nutzen anrichtet. Denn auch wenn sie nur nach Dreck aussieht – auch Erde ist ein Lebensraum, ein Liter davon bietet angeblich bis zu zehn Milliarden Lebewesen ein Zuhause. Allein Regenwürmer können auf einer Fläche von einem Hektar (100 x 100 Meter) pro Jahr zehn Tonnen Substrat bewegen. Und all die Mikroben, Bakterien, Algen. Pilze, Milben, Ameisen, Käfer und Würmer gemeinsam schaffen ein Kleinklima, von dem fast alle Pflanzen, die darin wachsen, profitieren und das zugleich äußert fragil ist.
Die Bodenbewohner verwandeln zum Beispiel profanen Humus in wertvolle Pflanzennährstoffe. Die meisten von ihnen können aber nur in einer bestimmten Tiefe überleben. Wer das Erdreich umgräbt, verursacht oftmals ihren Tod, etwa durch Austrocknen oder Sauerstoffmangel, was wiederum zu einer zumindest vorübergehend schlechteren Versorgung der Pflanzen führt.
Auch der Nutzen für die Unkrautbekämpfung ist umstritten – ungebetene Pflanzen wachsen am besten in aufgewühlter Erde, das Umgraben bietet ihnen also im wahrsten Sinne des Wortes einen idealen Nährboden.
Wer seinem Erdreich im Garten etwas Gutes tun möchte, ist, zumindest wenn es sich nicht um extrem schweren Lehm handelt, demnach besser beraten, einfach nur etwas Komposterde oder Mist darauf zu verteilen und den Spaten danach in die Ecke zu stellen. Es hilft auch, im Herbst das Laub liegen zu lassen. Um das Einarbeiten kümmern sich dann die Würmer.
Mein Leitspruch lautet jedenfalls in Zukunft: „Du kannst ein Feld am besten bestellen, wenn Du es nur in Gedanken umgräbst.“