Eine Woche noch bis Weihnachten. Eigentlich soll die Adventszeit ja der Rückschau dienen, der inneren Einkehr, der Kontemplation und Ruhe. Doch wie wir alle wissen, ist in der Realität das Gegenteil der Fall. Zwar weisen auch die englischen (ebenso wie die deutschen) Läden und Supermärkte seit gefühlt Mitte August durch ihre Dekorationen und Auslagen darauf hin, dass Weihnachten bevorsteht, doch irgendwie schaffen wir es normalerweise immer, in den letzten Tagen vor dem Fest in Panik zu verfallen, weil noch dies und jenes eingekauft und besorgt werden muss.
Deshalb möchte ich nicht ohne Stolz verkünden: Die Vorweihnachtszeit ist bei uns in diesem Jahr ganz stressfrei. Denn wir haben beschlossen, statt oft ja doch irgendwie nutzloser Geschenke an Menschen, die schon alles haben, in diesem Jahr Spenden zu verschenken. Also im Namen der zu Beschenkenden an eine Organisation zu spenden, von der wir wissen, dass ihre Arbeit von dem/der zu Beschenkenden gutgeheißen wird. Auf die Idee gebracht hat uns die Hochzeit eines befreundeten Paares vor einiger Zeit: Die beiden baten darum, statt eines herkömmlichen Geschenks eine Spende zu machen. Dazusagen muss man auch noch, dass diese Schenkweise in England viel weiter verbreitet ist als in Deutschland.
Jedenfalls: Die Spenden sind gemacht, die Urkunden darüber ausgedruckt. Das gibt Raum für ein wenig Gartenarbeit. Denn auch wenn in unseren Breitengraden der Winter als Auszeit gesehen wird, nicht nur für uns, sondern auch für die meisten Pflanzen, ist jetzt die beste Zeit, neues Leben für den Garten vorzubereiten. Und zwar durch Wurzelstecklinge.
In der Ruhephase von November bis März können Pflanzen nämlich nicht nur gefahrlos umgepflanzt und geteilt, sondern auch ganz einfach vermehrt werden. Während Samen meist im Frühjahr ausgebracht, Ast- und Blatt-Stecklinge im Sommer nach der Blüte gezogen und Blumenzwiebeln im Herbst eingesetzt werden, ist der Winter die beste Zeit für die Fortpflanzung per Wurzelsteckling. Und da wir sowieso einige Gewächse an einen anderen Ort verpflanzen wollen, können wir bei dieser Gelegenheit auch gleich einige Stückchen von den Wurzeln abschneiden. Ganz besinnlich und ohne Stress.
Oh dear, da fällt mir ein: Wir haben ja noch gar nicht beschlossen, was wir an Weihnachten kochen – ich muss loooos….!
Diese Gartenpflanzen eigenen sich besonders für die Vermehrung durch Wurzelstecklinge:
Anemonen, Storchschnäbel, Verbascum, Bärenklau, Phlox, Ochsenzungen (Anchusa), Tränende Herzen, Kugeldisteln (Echinops), Mannstreu (Eryngium), Nachtkerzen, Türkischer Mohn, Küchenschelle
Vorteile der Vermehrung durch Wurzelstecklinge:
- - Die Vermehrung durch Wurzelstecklinge ist in der Regel einfacher und gelingt eher als die durch Zweig- oder Blattstecklinge. Wichtig ist nur, dass das Abschneiden der Wurzeln in der Ruhephase, also im Winter, erfolgt.
- - Bei der Wurzelstecklingsvermehrung ist die Übertragung von Krankheiten der Mutterpflanze auf die jungen Pflanzen nahezu ausgeschlossen.
- - Nicht nur Pflanzen mit dicken, fleischigen Wurzeln können auf diese Weise vermehrt werden, sondern auch solche mit dünnen, feingliedrigen.
- - Es können viele Stecklinge auf einmal gezogen werden, was besonders bei großflächiger Bepflanzung viel Geld spart.
- - Die aus den Wurzeln gezogenen Ableger von panaschierten Pflanzen verlieren allerdings oft die angezüchtete Färbung der Mutterpflanze und bilden stattdessen die natürlichen Farben aus.
Und so geht’s:
- - Die Mutterpflanze vorsichtig aus dem Boden heben und den Wurzelballen von Erde befreien (am besten in einen Eimer mit Wasser tunken und so das Substrat abwaschen).
- - Eine oder mehrere bleistiftdicke, gesunde und junge Wurzelstränge aussuchen und mit einem scharfen Messer oder einer scharfen Gartenschere in ca. 5cm lange Stücke schneiden. Dabei eventuell vorhandene dünne Seitentriebe möglichst nicht beschädigen (sie helfen der Wurzel später bei der Wasseraufnahme). So hinlegen, dass Sie noch wissen, wo unten und oben ist ("oben" sind die näher an der Mutterpflanze gelegenen Abschnitte, "unten" die weiter entfernten. Das ist wichtig, verkehrt herum eingesetzte Wurzeln treiben meist nicht aus). Am besten folgendermaßen kennzeichnen: unten wird das Wurzelstück schräg abgeschnitten, oben gerade.
- - Die Wurzelstückchen senkrecht in kleine Töpfe mit wasserdurchlässigem Substrat (torffrei) stecken, und zwar so weit, dass die obere Kante der Wurzel mit dem Substrat abschließt. Wenn Sie das Pflanzloch vorbohren (z.B. mit einem Bleistift oder Pflanzholz), vermeiden Sie, dass das Wurzelstückchen beim Eindrücken in die Erde beschädigt wird. Sehr dünne Wurzeln (z.B. die von Pflox) können auch waagerecht auf das Substrat gelegt werden.
- - Mit grobem Sand abdecken (ca. 1cm dick), vorsichtig wässern.
- - Die Stecklinge sollten kühl, aber frostfrei gehalten werden, Licht brauchen sie erst, wenn sich die ersten Blätter bilden. Ein Schuppen oder eine Gartenlaube sind ideal als Aufbewahrungsort.
- - Feucht halten, aber nicht nass.
- - Im Frühling ins Freie stellen.
- - Wenn sich am Abflussloch des Topfes kleine, neue Wurzeln zeigen, die Pflanze umtopfen. Weiterhin feucht halten.