Wir Hobbygärtner sehen uns ja gern als Vertreter einer besonders naturnahen, "grünen" Spezies des Homo sapiens. Wer Pflanzen hegt und pflegt (egal ob im Garten oder auf der Fensterbank), sie päppelt und mit Wasser und Nährstoffen versorgt, kann kein schlechter Mensch sein, oder?
Leider verhält sich die Sache wie so oft im Leben etwas komplizierter. Nicht nur, dass viele von uns durch den Einsatz von Düngemitteln, Unkrautvernichtern und anderem Gift den geflügelten und bebeinten Mitbewohnern - mal mehr, mal weniger mit Absicht - den Garaus machen. Auch, wer einfach nur seine Topfpflanzen umtopft, trägt meist zum Artensterben und zum Klimawandel bei. Denn die allermeisten im Handel erhältlichen Blumenerden enthalten Torf. Torf, der aus Mooren abgetragen wird.
Um jedoch Torf abbauen zu können, müssen die Moore erst einmal trockengelegt werden. Ein einzigartiger Lebensraum für zahlreiche Pflanzen und Tiere wird auf diese Weise vernichtet. Moore sind extrem sensible, über Jahrtausende gewachsene Gefüge, schon eine kleine Veränderung der Wasserzu- oder abfuhr lässt das Biosystem kollabieren. Heidefrösche, Kreuzottern, Orchideen, Wollgras, Sonnentau und Moose, allesamt spezialisiert auf das Leben im Moor, haben keine Chance.
Und das im Namen von uns Pflanzenliebhabern. Denn, so das Argument von Herstellern torfhaltiger Pflanzenerden (und so manchen Hobbygärtners), Torf hält das Wasser im Boden und sorgt gleichzeitig für dessen Belüftung - ideal für Blumentöpfe und zur Verbesserung der Bodenqualität im Beet also. Übersehen wird dabei jedoch, dass Torf die Erde sauer macht - nicht jede Pflanze mag das. Und in einem normal feuchten Boden zersetzt sich der Torf - und damit dessen Wirkung - von allein.
Problematisch ist das Ganze nicht nur wegen der unmittelbaren Zerstörung eines Ökosystems. Moore gelten auch als gigantische CO2-Lager. Denn in einem intakten Moor liegen Unmengen an abgestorbenen Pflanzenteilen luftdicht verschlossen unter der wasserreichen Oberfläche und sind dort konserviert - und mit ihnen das Kohlendioxid, das bei der Verwesung entsteht. Es wird geschätzt, dass Moore sechsmal mehr Kohlenstoff binden als Wälder.
Wird das System jedoch gestört, entweicht all das gebundene CO2, und mit ihm andere Gase, die die Umwelt schädigen und zum Treibhauseffekt beitragen. Die Zeitschrift Ökotest zitiert einen Wissenschaftler, der die Emissionen aus landwirtschftlich genutzten Moorböden mit denen des gesamten deutschen Luftverkehrs gleichsetzt.
Das können wir naturnahe Hobbygärtner natürlich nicht unterstützen, weder im Beet noch auf der Fensterbank. Ab sofort gilt also: Für meine Pflanzen nur torffreies Substrat. Das Moor, es soll leben!
Hinweis zum Kauf von torffreier Blumenerde:
- Viele Hersteller halten die Verwendung von Torf in der Blumenerde noch immer für unverzichtbar. Selbst Demeter-Erde enthält bis zu 70 Prozent Torf. Bei meinem letzten Besuch im Gartencenter habe ich 14 verschiedene Substrate im Angebot gezählt - nur eines davon war torffrei. Soll heißen: Man muss gezielt danach suchen. Oder danach fragen - je größer die Nachfrage, umso größer wird mit der Zeit das Angebot.
- Der BUND veröffentlichte im August 2011 eine Liste mit Anbietern torffreier Substrate.
- Ein ausführlicher Artikel über die Bedeutung der Moore für unsere Umwelt, die Problematiken beim Trofabbau sowie ein Test 10 verschiedener troffreier Erden findet sich bei Ökotest.