In diesem Jahr werden sie ihrem Namen wohl keine Ehre machen - wenn in zehn Tagen die Auferstehung Jesus gefeiert wird, werden die meisten Osterglocken bereits verblüht sein. Auch die wild wachsenden Narzissen im North York Moors National Park. Sie sind zwar etwas später dran als ihre Verwandten in den Gärten und Parks, aber Ende April wird selbst ihnen die Puste ausgegangen sein.
Ihr englischer Name daffodil hat mit Ostern allerdings sowieso nichts zu tun, sondern rührt von einer (unzutreffenden) Zuordnung zu den Affodill-Gewächsen, also den Spargelartigen Pflanzen. Noch aber sind die Ur-Narzissen in voller Blüte: Gelbe Teppiche, geformt aus Millionen der Amaryllisgewächse, bedecken das breite Tal des Flüsschens Dove im Nordosten Englands.
Rau ist das Klima hier, nur wenige, aus grauem Naturstein gebaute Häuser verteilen sich im Hochmoor, die Schafweiden sind durch in traditioneller Weise errichteten Steinmauern voneinander getrennt. Doch jedes Jahr ab Ende März verwandelt sich diese ansonsten verschlafene und abgeschiedene Gegend für zwei bis drei Wochen zu einem äußerst umtriebigen Ort. Zu Tausenden kommen die pflanzenbegeisterten Briten nach Farndale in North Yorkshire, um sich von den wilden Narzissen verzaubern zu lassen. Bauern stellen Weiden als Parkplätze zur Verfügung, ein daffy walk entlang des River Dove bietet befestigte Wege für diejenigen, die die oft matschigen Routen querfeldein scheuen, und die Landfrauengemeinschaft betreibt im Weiler High Mill das Daffy Caffy, wo der erschöpfte Wanderer sich mit hausgebackenem Kuchen und einer heißen cuppa tea stärken kann.
Narcissus pseudonarcissus ist kleiner und zarter als die zahlreichen Zuchtformen, die in den Gärten wachsen;24.000 Sorten sind bei der Royal Horticultural Society, der internationalen Registrierungsstelle für Narzissenhybriden, momentan gelistet. Aber wie bei den Schneeglöckchen gilt auch hier: Die Masse macht's. Die sonnengelben Wiesen unter den noch kahlen Bäumen sind der Inbegriff des erwachenden Frühjahrs. Aber spätestens an Ostern ist Schluss mit dem Daffodil-Frühlingstraum. Dann gehört das North York Moor wieder allein den Schafen und ihren Lämmern, den Fasanen und dem Wind.
Für alle Zuspätkommer hier ein paar Eindrücke: