Mit Whisky und mehr

Mit Whisky und mehr
Wollen „etablierte Medienmacher“ mit der angekündigten „Reporterfabrik“ ihre „kulturelle Hegemonie absichern“? Bekommt Jan Böhmermann bald wieder einen Grimme-Preis? Außerdem: der „peinlich homo-panische“ Welt-Chefredakteur; Erklärungen und Entschuldigungen für eine falsche Echtzeitmeldung.

Von welchem Land ist bei folgendem Vorfall die Rede?

„Der Journalist wurde von zwei Angreifern mehrere hundert Meter gejagt, ehe er sich in einen Supermarkt flüchten konnte.“

Das Opfer ist in diesem Fall ein Mitarbeiter des MDR, der einem Team angehörte, das am Montagabend in Erfurt einen Filmbeitrag zum Thema "Angriffe auf Flüchtlingskinder" für die Magazine "Exakt" und „Fakt“ drehte. FAZ und Spiegel Online greifen den Fall in Form von Agenturmeldungen auf. Der betroffene Kollegen ist „syrischer Herkunft“ (MDR) bzw. „ein Syrer“ (Spiegel Online). Bemerkenswert ist, dass der MDR den Fall erst am gestrigen Abend bekannt machte, also 24 Stunden danach, aber man kann es natürlich auch positiv sehen, dass der Sender sich für interne Recherchen Zeit nimmt. Mehr zur Sache wird man möglicherweise in der kommenden Woche erfahren, denn am Dienstag will „Fakt“ den Beitrag ausstrahlen.

[+++] Die global betrachtet derzeit vielleicht wichtigste Nachricht mit Medienbezug: Chelsea Manning, „the longest-serving whistle-blower in the history of the United States” (ihre Anwälte, zitiert nach New York Times), kommt nicht erst 2045 frei, sondern bereits im Mai dieses Jahres. Noch-Präsident Barack Obama hat ihr, die bekanntlich einst „700.000 vertrauliche Dokumente über die US-Armee und Diplomaten an die Enthüllungsplattform WikiLeaks weitergegeben hatte“ (Spiegel Online), diesen Strafnachlass gewährt. Der Guardian nimmt die Entscheidung Obamas zum Anlass für eine grundsätzliche Würdigung von Mannings Wirken.

[+++] Nun aber endlich zu jenem Thema, das ein erheblicher Teil der hier zu Lande mit Medienkritik sich befassenden Menschen für ein äußerst wichtiges hält: die für wenige Minuten bei Spiegel Online, Zeit Online und mindestens einem halben Dutzend weiterer seriöser Informationsverbreiter kursierende Falschmeldung, das Bundesverfassungsgericht habe gestern die NPD veboten. „Die naheliegende Erklärung“ liefert der Deutschlandfunk:

„Andreas Voßkuhle, Präsident des Bundesverfassungsgerichts und zugleich Vorsitzender des urteilsprechenden zweiten Senats, verlas vor der Verkündung des Urteils noch einmal die Antragsschrift der Kläger. Darin heißt es (logischerweise): ‚Die Nationaldemokratische Partei Deutschlands einschließlich ihrer Teilorganisationen Junge Nationaldemokraten, Ring Nationaler Frauen und Kommunalpolitische Vereinigung wird aufgelöst.‘ In dem Moment wird - aller Wahrscheinlichkeit nach - in einigen Redaktionen der Schluss gezogen worden sein: ‚Das Bundesverfassungsgericht hat gerade die NPD verboten.‘“ 

Michael Hanfeld witzelt in der FAZ-Feuilleton-Glosse:

„Die Richter haben den Saal kaum betreten, da wissen die Ersten schon, welche Entscheidung sie gleich verkünden werden.“

Die Frankfurter Rundschau rekonstruiert in eigener Sache: 

„Wie kam es (zu der Falschmeldung)? Unsere Korrespondentin Ursula Knapp verfolgte die Urteilsverkündung vor Ort in Karlsruhe, gleichzeitig schauten Kolleginnen und Kollegen in Frankfurt die Sitzung live im Fernsehen auf dem Sender Phoenix, um unsere Leserinnen und Leser schnellstmöglich über das Urteil zu informieren. Sie überhörten dabei, dass der Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle zunächst die Anträge des Bundesrats und nicht das Urteil des Gerichts verlas. Auch die Phoenix-Redaktion machte diesen Fehler.“ 

In diesem Fall lag die Schuld also bei den Kollegen, die in der Redaktion vor dem Fernseher (oder anderen Endgeräten) saßen. Wie die FR entschuldigten sich auch andere für den Fehler. Im „Glashaus“-Blog von Zeit Online etwa schreibt Rieke Havertz:

„Es wäre natürlich besser gewesen, einen Moment abzuwarten (…) Eilmeldungen sind in Zeiten mit vielen großen Nachrichtenlagen bedauerlicherweise auch für uns fast schon zu einem Standard geworden. Wir dürfen, wie unruhig die Zeiten auch sein mögen, dabei nicht in Hektik verfallen.“

Aber lag es wirklich nur oder überhaupt an der „Hektik“? Der entscheidende Punkt scheint mir zu sein, dass einige der zur Verkündigung des Urteils nach Karlsruhe geschickten Journalisten und/oder jene, die zwecks möglichst schneller Berichterstattung das Geschehen bei Phoenix verfolgten, nicht in der Lage waren, die Verlesung der Anträge als solche zu erkennen. Was die Frage aufwirft, warum Redaktionen bei der Berichterstattung über ein derart wichtiges Urteil nicht auf Journalisten zurückgreifen, die dazu in der Lage sind. Darauf geht Havertz nicht ein, auch in der Spiegel-Online-Entschuldigung kommt dieser Aspekt nicht vor.

„Qualitätsmedien versagen bei Verfassungsgerichts-Verkündung“, 

rügt das Qualitätsmedium meedia.de, das auch um eine prägnante historische Einordnung („Der 17. Januar 2017 ist ein blamabler Tag für Online-Medien“) nicht verlegen ist. In der Sache ist all die vorgebrachte Kritik richtig, aber das Ausmaß der Berichterstattung über die falsche Eilmeldung scheint mir angesichts dessen, dass es sich hier um einen Fehler handelt, der nach wenigen Minuten berichtigt war und keinen Schaden angerichtet hat, nicht zwingend angemessen zu sein. Jedem, der es gestern um kurz nach 10 Uhr gewagt hat, sein Smartphone für ein paar Minuten aus den Augen lassen, wäre der Fehler sonst gar nicht aufgefallen. Es handelt sich hier eher um eine reflexartige, ritualisierte und daher wenig hilfreiche Form der Medienkritik.

[+++] Der Preis für die Alliteration des Tages geht heute an die taz, und zwar für  

„Poschardt peinlich homo-panisch“.

Hintergrund ist eine nachträgliche Änderung eines Kommentars des Welt-Chefredakteurs zu den Aussagen Donald Trumps im Interview mit Kai Diekmann:

„Unser Ehrgeiz sollte geweckt sein. Die Verteilung globalen Wohlstands wird von den USA künftig aggressiv zu ihren Gunsten entschieden werden – wenn wir uns nicht wehren und besser, mutiger, fleißiger, innovativer, freier, offener, schwuler, multikultureller werden“,

schrieb Poschardt zunächst. Nachdem er damit bei Facebook „jede Menge homophobe Kommentare“ (queer.de) ausgelöst hatte, ersetzte er allerdings „schwuler“ durch "kreativer".

„Nun mag die Formulierung, Deutschland müsse ‚schwuler‘ werden, vielleicht nicht die glücklichste sein, doch durch das Einknicken vor dem rechten Mob hat Poschardt seinen eigenen Kommentar zum Umgang mit Rechtspopulismus ad absurdum geführdet“,

kommentiert queer.de. Wobei wiederum meedia.de anmerkt, dass die Zahl der homophoben Kommentatoren nicht allzu hoch gewesen sei. Die taz bemerkt:

„Nicht nur, dass Poschardt und die Welt-Redaktion vor dem Shitstorm der Homo-Hasser einknicken. Sie tun es auch nur hier, nicht bei ihren anderen (von verschiedenen Seiten) beshitstormten Aussagen.“

Die „anderen“ Aussagen erscheinen mir i.Ü. gravierender als der heimliche Wortaustausch. Gegenüber meedia.de erläutert Poschardt die oben ziiterte „Unser Ehrgeiz …“-Passage folgendermaßen: 

„(Ich) habe dazu aufgerufen, dass wir aus der Haltung des Kaninchens, das ängstlich auf die Schlange starrt, ausbrechen und uns darauf vorbereiten, dass der US-Präsident uns zur Emanzipation von Amerika zwingt, ökonomisch und verteidigungspolitisch“.

Hm, starren „wir“ derzeit wie das Kaninchen auf die Schlange? Hier handelt es sich um eine, gelinde gesagt, inadäquate Wahrnehmung der weltpolitischen und weltwirtschaftlichen Machtverhältnisse. Dass Poschardt für seine nationalen Visionen den Begriff "multikulturell" instrumentalisiert, ist auch drollig. Falls für Springers Welt der Begriff „Kampfblatt“ aus der Mode gekommen sein sollte: Eine Revitalisierung scheint angezeigt zu sein.

Um aber noch mal kurz auf den Wortaustausch zurückzukommen: Die Frage, wie oft jenseits von Fehlerkorrekturen nachträglich in einen Text eingegriffen wird, ohne dass es jemandem auffällt, ist natürlich auch nicht uninteressant.

[+++] Mit u.v.a. diesem Thema könnte sich dereinst auch die „Reporterfabrik“ genannte Ausbildungsinstitution von David Schraven und Cordt Schnibben beschäftigen (Altpapier von Montag, Altpapierkorb von Dienstag). Lorenz Matzat sieht deren Vorhaben kritisch:

„In den thesenartigen ersten Sätzen der Vorstellung des Konzepts der ‚Reporterfabrik‘ geht es (…) durcheinander. Die Äußerungen in lokalen News-Sites, Blogs und Social Media-Kanälen werden scheinbar alle als Bürgerjournalismus gewertet.“

Im weiteren geht es u.a. um folgende These der Fabrikmacher: 

„Nie vorher war die veröffentlichte Meinung unqualifizierter. Ohne die simpelsten Regeln des journalistischen Handwerks, des Pressekodex und des Anstandes zu achten, verbreiten hunderttausende Hobby-Journalisten Desinformation, Gerüchte, Vermutungen und Verunglimpfungen.“

Matzat moniert:

„Abgesehen davon, dass es fraglich ist, ob die ‚veröffentlichte Meinung‘ wirklich nie unqualifizierter war, ist anzumerken: Meinung sollte in journalistischen Medien klar gekennzeichnet sein?—?als Kommentar. Und gerade und nur hier ist es, wo Journalisten entgegen der journalistischen Pflicht zur Ausgewogenheit die eigene Sicht der Dinge in den Vordergrund stellen dürfen. Nicht jede Meinungsäußerung in Social Media ist aber deswegen Journalismus und auch nicht Bürgerjournalismus.

Letztlich werde „ein Bild von „hundertausenden Hobby-Journalisten“ gezeichnet, „die desinformieren und verunglimpfen würden – ohne Quellenangabe für diese vage Zahlenangabe“. Matzat kritisiert, dass  „etablierte Medienmacher“ mit Hilfe der Reporterfabrik „ihre kulturelle Hegemonie absichern“. So fasst Wolfgang Michal Matzats Kritik zusammen, mit der er teilweise, aber eben auch nur teilweise übereinstimmt. Die Reporterfabrik sei „eine großartige Idee“, jedenfalls, „wenn man sie richtig liest“. Nämlich so:

„Der schleichenden Auflösung des Journalismus (wie wir ihn kannten) wird endlich ein positiver Aspekt abgerungen. Die Veränderung wird nicht mehr von Ängsten gebremst, sondern optimistisch vorangetrieben. Der Journalismus der Zukunft soll sich aus seiner kommerziellen Umklammerung lösen und zum Ombudsmann der ganzen Gesellschaft werden. Damit durchlebt er einen radikalen Funktionswandel: Der Journalist zieht sich aus den (viel zu groß gewordenen) Medienkonzernen zurück und wird Lehrer, Sozialarbeiter, Berater, öffentlicher Dienst und gemeinnützige Organisation. Er mag zwar als Lehrer einer Reporter-Fabrik weiterhin glauben, dass er die Bürger zu Journalisten ‚qualifiziert‘, doch in Wahrheit ‚qualifizieren‘ ihn diese zum Mit-Bürger.“

Michals Fazit: 

„Das Bestechende der Idee von Cordt Schnibben und David Schraven besteht also nicht darin, verunsicherte Bürger mit den Regeln des Journalismus vertraut zu machen, es besteht darin, verunsicherte Journalisten mit den Lebenswelten der Bürger vertraut zu machen.“

[+++] Die Überschrift „Das ist eine unlautere Debatte“ ist gewiss vielseitig verwendbar. Der telegraph, das „letzte authentische Projekt der Umwelt-Bibliothek Berlin und damit auch der linken DDR-Opposition“ (Selbstdarstellung) nutzt sie für ein Interview mit dem einstigen Dresdner „Stasi-Auflöser“ Wolfhard Pröhl über den Fall des gerade als Staatssekretär zurückgetretenen Ex-Stasi-Mitabeiters Andrej Holm (Altpapier):

„Was halten Sie von der ganzen Diskussion nach nun 27 Jahren?“

„Die sehe ich als ziemlich interessengeleitet. Die Stasi eignete sich prima als Prügelknabe, so wurden die SED-Oberen und Blockflöten verschont. Eine ernsthafte Aufarbeitung hat (…) nicht stattgefunden, die würde im Übrigen auch die Arbeit der bundesdeutschen Dienste gefährden. Statt dessen konzentriert sich die Debatte als eine Art Ersatz-Ventil immer mal wieder auf Einzelpersonen, die man auch aus anderen Gründen weg haben will. Stasi-Verstrickungen aus dem konservativen politischen Lager werden da schnell mal unter den Teppich gekehrt, ob Fußballtrainer oder Star-Trompeter. Von einem 2. Vorsitzenden des Rates des Kreises Kamenz als heutigen sächsischen Ministerpräsidenten ganz zu schweigen.“

[+++] Die Medienkorrespondenz hat ein zeitloses, unmittelbar vor Weihnachten erschienenes Interview mit der gewesenen RBB-Intendantin Dagmar Reim online gestellt, in dem diese auf ihre Karriere zurückblickt. In dem in der Druckfassung 15-seitigen Gespräch sagt sie viel Erwartbares. Passagen aus der Aus-dem-Nähkästchen-Kategorie gibt es aber auch. Zum Beispiel, als der Interviewer Dieter Anschlag fragt: 

„Der eine oder andere Intendant, den man bei abendlichen Empfängen erlebt hat, hat (…) manchmal auch schon mal ganz gerne mehr getrunken, als ihm in dem Moment gutgetan hätte. Dieses männerbündische Element wird also in einem solchen ARD-Kreis eine entsprechend starke Rolle gespielt haben. Wie haben Sie das empfunden?

„(...) Mit dem Männerbündischen gab es auch kein Problem, weil ich in der Regel früh verschwand, um zu lesen, und weil ich wenig trinke, aber nicht aus moralapostolischen Gründen, sondern einfach so.“

Ihr Vorgänger indes ging allerdings zumindest einmal zu früh in die Heia, wie Reim weiß:

„Hansjürgen Rosenbauer, Intendant des ORB, der dann ja mit dem SFB zum RBB fusionierte, hat berichtet: Er ging bei einem Intendantentreffen irgendwann zu Bett im Bewusstsein, der Kinderkanal werde in Potsdam-Babelsberg beim ORB entstehen. Er wachte am nächsten Morgen auf und der Kinderkanal war in Erfurt beim MDR, weil Udo Reiter in der Nacht mit Whisky und mehr die Sache gedreht hatte. Die Informationen sind second hand, aber es soll so gewesen sein.“

Die große Frage für Medienhistoriker und Hoch-die-Tassen-Experten: Was mag mit „und mehr“ gemeint sein? Was hat den Geist und die Entscheidungsbereitschaft der Hierarchen noch beflügelt?


Altpapierkorb

+++ Mehr zur ARD: Diemut Roether betont in ihrem Jahresrückblick für epd medien, es sei „strategisch richtig“, dass die ARD Ende des vergangenen Jahres in einem Strategiepapier (siehe u.a. dieses Altpapier) eine "stärkere Präsenz im nichtlinearen Bereich reklamiert“. In diesem Zusammenhang blickt sie voraus auf eine der wichtigsten medienpolitischen Entscheidung des Jahres 2017: „Seit einiger Zeit schon signalisieren die Medienpolitiker, dass sie die Auflagen für die Online-Angebote der öffentlich-rechtlichen Angebote lockern wollen. Ein Gutachten, das die Medienwissenschaftler Dieter Dörr, Bernd Holznagel und Arnold Picot im Oktober vorgelegt hatten, in dem eine Erweiterung der öffentlich-rechtlichen Internetangebote gefordert wurde, stieß bei den Medienpolitikern auf große Zustimmung (…) Noch in diesem Jahr wollen die Ministerpräsidenten darüber entscheiden.“ 

+++ Heute werden die Nominierungen für den Grimme-Preis 2017 bekanntgegeben. Eine Übersicht folgt in Kürze, also stay tuned, kinners. Nachtrag, 11.15 Uhr: Hier kommt sie nun: Jan Böhmermann und Friedrich Liechtenstein sind in der Kategorie Unterhaltung jeweils gleich zweimal nominert. Das nicht immer gelobte neue ARD/ZDF-Funk-Angebot hat in der Kategorie Kinder und Jugend vier von 18 Nominierungen eingeheimst. Die Nomierungskommssion Information & Kultur (der ich angehörte) hat der zuständigen Jury unter anderem vorgeschlagen, die ARD-Journalistin Shafagh Laghai für ihre Berichterstattung aus Zentralafrika auszuzeichnen. Siehe auch dwdl.de.

+++ Die Kandidaten für den „Anglizismus des Jahres“ kann man im gleichnamigen, vom Sprachwissenschaftler Anatol Stefanowitsch verantworteten Blog einsehen. Um den Sieg konkurrieren auch einige in dieser Kolumne oft auftauchende Begriffe, etwa „Fake News“ und „Hate Speech“. 

+++ Ein bisschen nach Popcornkino riecht die Klage, die die Bild-Zeitung gegen Focus Online beim Landgericht Köln auf den Weg gebracht hat. „Klauen“ Huberts Hiwis bei Friedes Jüngern systematisch alleredelste Nachrichtenware? Konkreter: Ist es wettbewerbs- und urheberrechtlich zulässig, dass Focus Online permanent bei Bild Plus erscheinende Texte, mit denen eigentlich Friedes Reichtum gemehrt werden soll, in nur geringfügig abweichenden Versionen kostenlos publiziert? Schauen Sie doch mal rein bei etwa faz.net, meedia.de, beim Tagesspiegel oder in der SZ. Oder in die gedruckte FAZ, wo Michael Hanfeld schreibt: „Mit der Klage verlangt Bild Unterlassung, Auskunft und Schadensersatzfeststellung. Auskunft heißt, dass Focus Online vor Gericht sein Geschäftsgebaren generell (…) darlegen soll. Mit der ‚Schadensersatzfeststellung‘ will Bild Klickzahlen und Werbeeinnahmen in Erfahrung bringen, die Focus Online durch übernommene Artikel erzielt. Einer solchen Bestandsaufnahme würde eine Klage auf Schadensersatz folgen.“ Auf nicht-rechtlicher Ebene läuft dieser Streit zwischen Springer und Burda schon recht lange, siehe etwa diesen taz-Artikel aus dem Juni 2014.

+++ Apropos Burda: Helmut Markwort ist seit Anfang des Jahres nicht mehr Herausgeber des gedruckten Focus, sondern firmiert im Impressum nun als „Gründungschefredakteur“. Das meldet die SZ.

+++ „Wer wäre (…) passend anstelle Maxim Billers? Harald Schmidt? Helmut Schmidt? Hartmut Mehdorn! Eine Frau? Am besten alle vier“, lautet noch eine der halbwegs gelungenen Passagen in einer missratenen taz-Glosse zu der Frage, wer demnnächst anstelle des Schriftstellers Biller regemlmäßig im „Literarischen Quartett“ hocken wird.

+++ Die US-amerikanische Initiative Sleeping Giants hat 610 Unternehmen davon überzeugt, keine Werbung mehr bei der rechtsextremistischen Website Breitbart News zu schalten (Tagesspiegel).

+++ „Nach langer Abwesenheit kehrt ‚The Twilight Zone‘ mit einer der teuersten, anspruchsvollsten und kontroversesten Produktionen in der Geschichte der Fernsehübertragungen zurück. Science-Fiction-Autoren haben bei History-Themen häufig herumgestümpert – zum Beispiel beim Thema: Was, wenn die Nazis den Zweiten Weltkrieg gewonnen hätten. Aber dieses großartige, virtuelle Realityprojekt, das jetzt im Fernsehen, in der Presse und bei Twitter aufgerollt wird und vier Jahre andauert, hat den Anspruch, zu einer fortlaufenden, alternativen Gegenwart zu werden“ - Die Welt übersetzt eine satirische TV-Programm-Ankündigung, mit der der Scottish Sunday Herald auf die Amtseinführung Donald Trumps hinweist, und berichtet über die Viralität des kurzen Textes. 

+++ Ein weiterer Nachruf auf den unter anderem als Musikjournalisten tätigen Mark Fisher (siehe Altpapierkorb gestern): „Der Schlüssel zum Verständnis unserer Gegenwart war für Fisher die Depression, diese psychische Krankheit, deren Symptom der Verlust des Glaubens an eine Alternative ist (Christian Werthschulte, Cosmo/WDR). Auch The Wire, die m.M.n. inspirierendste Musikzeitschrift überhaupt, würdigt ihren langjährigen Mitarbeiter.

+++ Von „Nepotismus bei der NZZ“ und Klagen „über den ruppigen Führungsstil von Chefredaktor Eric Gujer“ ist in einem Beitrag des Schweizer Mediendienstes Klein Report die Rede.

+++ Die Staatsanwaltschaft Hamburg will sich an dem freien ARD-Mitarbeiter Lars Winkelsdorf rächen, weil dieser 2013 bei der damaligen Hamburger Justizsenatorin Waffen abgegeben hat, die die Staatsanwaltschaft vorher unrechtmäßig in den Handel gebracht hatte. Über diesen zumindest auf den ersten Blick abstrus klingenden Sachverhalt berichtet die taz Nord (Montagsausgabe).

+++ „Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat Litauen wegen der Weigerung der Gefängnisbehörden verurteilt, einem Häftling Internetzugang zu gewähren“ (dpa/RND/HAZ). Eine „generelle Pflicht, Gefängnisinsassen einen Internetzugang zu ermöglichen“, lasse sich aus dem Urteil aber nicht ableiten.

+++ Heute im Fernsehen: der dritte Film der „Schnitzel“-Reihe (ARD), der erfreulicherweise in nahezu jeder Szene die Erwartungen (unterläuft). Wir sind von Komödien den bollernden Witz gewöhnt, die Slapstickpointe, aber hier bekommen die Figuren fast immer die Kurve – und eben das ist furchtbar komisch, weil ja dennoch ständig ein Fuß auf der Seife steht“ (Oliver Jungen, FAZ-Medienseite). Sowie: der zweite Teil des historischen ZDF-Event-Zweiteilers "Das Sacher. In bester Gesellschaft“. Sybille Simon-Zülchs Fazit bei epd medien: Besser gelungen als der entfernt verwandte ZDF-Dreiteiler "Das Adlon“ vor vier Jahren.

Neues Altpapier gibt es wieder am Donnerstag.

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