Wissentliche Geldverbrennung

Wissentliche Geldverbrennung
Heute auf der Agenda: das Revolutionäre an der Figur Horst Schimanski; Würdigungen eines Künstlers, der „The Dark Side Of Österreich“ ins Bild setzte; die zwielichtige Aktion einer „Pappnase“ vom Handelsblatt; ein öffentlich-rechtlich-fiktionaler Blick auf "den sich privatwirtschaftlich durchschlagenden Qualitätsjournalismus". Außerdem: Verdient Mehmet Scholl bei der ARD 1,6 Millionen Euro pro Jahr?

Ist 2016 „das Jahr der hemmungslosen Promitodbejammerung“, wie Titanic-Chefredakteur Tim Wolff gerade schrieb? Gepostet hat er das bei Facebook, was für den Kontext der Äußerung wichtig ist, denn - jedenfalls in meiner Timeline und wahrscheinlich auch in seiner - gefühlt jede dritte Statusmeldung, die sich in den vergangenen Monaten auf Nachrichten vom Tode eines Prominenten oder eines Teilbereichs-Prominenten bezog, war von einem Hört-das-denn-nie-auf?-Tonfall geprägt, der den Eindruck erweckte, im Jahr 2016 seien bisher mehr Prominente und Teilbereichs-Prominente gestorben, als zum gleichen Zeitpunkt in den Vorjahren.

Zutreffend ist allemal, dass der Tod zusehends präsenter geworden ist, weil immer weniger sozial-medial aktive Menschen sich die Chance entgehen lassen wollen, das Ableben eines Musikers oder Schauspielers, mit dem sie etwas verbinden, mal mehr, mal weniger persönlich zu kommentieren. Und, zugegeben, seit dem vergangenen Wochenende kann man ja tatsächlich den Eindruck bekommen, dass wir es gerade mit einer ungewöhnlichen Ballung von Todesfällen zu tun haben. 

Zuerst starb „das Vorbild und der Urvater aller Street-Style-Fotografen“, der „‚die Straße sprechen' ließ, lange bevor es Fashion-Blogs gab“ - vogue.de über den 40 Jahre lang für die New York Times tätig gewesenen Bill Cunningham, von seiner eigenen Zeitung gewürdigt mit den Worten „(He) turned fashion photography into his own branch of cultural anthropology on the streets of New York" -, dann wurde der Tod des „größten deutschen Schauspielers der Gegenwart“ (Spiegel Online) bekannt. Es folgten - wir kommen jetzt zu einem negativen Superlativ - „einer der meistgehassten Künstler Österreichs“ (taz) und schließlich Bud Spencer. Siehe dazu unter anderem die aus der Perspektive ehemaliger Fans geschriebenen Nachrufe Thomas Klingenmaiers für die Stuttgarter Zeitung und Philipp Holsteins für die Rheinische Post („Dass Bud Spencer so verehrt wird, hängt denn auch mit der Vorstellungswelt der Kindheit zusammen, man kann den Einfluss nicht überschätzen, den dieser Mann auf ein zehn Jahre altes Gehirn hat. Er war der Bürgermeister der idealen Vorstellungswelt“). 

Die Ehre, hier als Erster etwas ausführlicher gewürdigt zu werden, gebührt dem österreichischen Karikaturisten und Zeichner Manfred Deix, weil er der Jüngste ist unter den aktuellen Toten, er lebte zum Beispiel 20 Jahre weniger als der im Alter von 87 Jahren verstorbene Cunningham.

„Deix hatte deshalb regelmäßig Klagen von beleidigten Opfern seiner Kunst am Hals, von der Kirche und der FPÖ, er fand Kot in der Post, Drohungen auf der Mailbox“,

schreibt Cathrin Kahlweit in der SZ. Wie konnte es dazu kommen? 

„Er porträtierte den rechtspopulistischen Hetzer Jörg Haider als Kettenhund und zeichnete Kleriker bei Sexspielen und Knabenliebe. Die katholische Kirche und die rechte FPÖ verfolgten ihn jahrelang mit Anzeigen und Prozessen“,

erläutert Ralf Leonhard in dem bereits zitierten taz-Text. Hannes Hintermaier nennt in seinem FAZ-Nachruf die Vorbilder des Verstorbenen (Hans Traxler, F.W. Bernstein, Robert Gernhardt, Robert Crumb). Auf die Formel „Gesellschaftskritik trifft Zote“ lasse sich das Deix’ Wirken bringen. Er habe das erkundet, was Karl Kraus „das österreichische Antlitz“ genannt habe.

„Nur, dass Deix dieses Antlitz in den unteren Regionen des Körpers lokalisierte, in den Feuchtgebieten und zwischen den Fettringen, in gelb-braunen Unterhosen und Furunkeln.“ 

Über den „Seelenkundler“ (Christian Schlüter/Berliner Zeitung) bzw. den „gnadenlos Zärtlichen“ (news.at in einem relativ abbildungsreichen Artikel) schreibt des weiteren Thomas Blum (Neues Deutschland):

„Deix hat sie alle schon gemalt, bevor sie einer größeren Öffentlichkeit bekannt wurden: die St. Pöltener Geistlichen, die aus ihrem Priesterseminar einen Kindermissbrauchsfreizeitpark gemacht haben, die Waldheims, die Haiders und die Fritzls, The Dark Side Of Österreich, jenes Österreich, das auf den Kitschbildern mit ihren Bergen und Tälern, kristallklaren Seen und saftiggrünen Wiesen ausgespart bleibt (…) Selbst die Kinder, die Deix zeichnete, sind nicht unschuldig. Sie sind erkennbar die Produkte bzw. Klone ihrer Erzeuger, und wie diese tragen auch die Nachkommen bereits jene debilen Gesichter und jene geballte Ignoranz spazieren, in denen ihre Zukunft als FPÖ-Wähler und Dorftrottel bereits angelegt ist.

Wenn man die Nachrufe so liest, fällt auf: Eine Art deutscher Deix fehlt derzeit, jemand, der die hiesigen Nachfahren Haiders, also die Gaulands und Petrys, bis zur Kenntlichkeit entstellt. Vielleicht fehlt aber auch nur jemand, der entsprechende Karikaturen publiziert. 

[+++] Als Götz George vor rund drei Jahren 75 Jahre alt wurde, schrieb Michael Schmid-Ospach in der Funkkorrespondenz (die mittlerweile Medienkorrespondenz heißt): 

„Immer wieder hat sich Schimanski vor all die Rollen gedrängt, die Götz George mit so viel ernster Leidenschaft gespielt hat (...)“ 

Das stimmt wohl, aber in einer Kolumne wie dieser, in der Fernsehen zu den Kernthemen gehört und Kino eher zu den Randthemen, bietet sich ein Schimanski-Schwerpunkt an. Jenni Zylka betont bei Spiegel Online, dass die Figur Schimanski eine „Revolution“, darstellte:

„In den TV-Produktionen der USA gab es den eigenwilligen Charakter-Ermittler schon länger: (etwa) Rockford mit seinen unkonventionellen Methoden, seinen kleinen Notlügen, gefälschten Visitenkarten, dem unkonventionellen Vater, den er durchzieht (…) Deutschland brauchte bis 1981, bis nach ‚New Hollywood‘ (mit Arthur Penn, Robert Altman, Coppola), um einen ambivalenten Charakter wie Schimanski im Fernsehen Fälle lösen zu lassen, einen mit Schwächen und Zweifeln.

Holger Gertz schreibt auf Seite Drei der SZ:

„Die alten Episoden erzählen Geschichten aus einer Zeit, die es nicht mehr gibt, und aus einem Land, das nicht mehr existiert. Die Bundesrepublik, ganz tief im Westen, man sagte noch ‚Braut‘ zu einer Freundin, man verkehrte in Lokalen, die hießen ‚Spezialitätenrestaurant Hawaii‘. Wer die Filme sieht, ist gefangen in den Achtzigern, das Grau der Wände und Gesichter, die Synthie-Musik als Soundtrack eines Zeitgefühls. Tangerine Dream spielt in ‚Das Mädchen auf der Treppe‘, und ‚Duisburg-Ruhrort‘ wird eingeleitet von ‚Leader of the Pack‘. Schimanski ist der streunende Bulle, aber er ist im Inneren der moralischste Mensch in ganzen Laden, ein Womanizer, der die Frauen bei sich übernachten lässt, aber nichts anfängt mit ihnen. Wer Schimanski als Rüpel versteht, versteht ihn jedenfalls falsch.“

Ex-Altpapier-Autor Matthias Dell nennt George bei Zeit Online einen „Deutschlandkörper“:

„Von heute aus betrachtet würde Schimanski wohl zuerst als scheinbar unangepasster, ‚inkorrekter‘ Held gefeiert, dabei erweist er sich beim Wiederanschauen der alten Folgen als ziemlicher Stresser, der mit jedem Problem, das er löst, mindestens ein neues produziert. Und als bisweilen unangenehmer Moralist (was sich auch in Georges späterem, legendären 'Wetten, dass..?'-Auftritt zeigt). Kurz, Schimanski stellt ein Rätsel von solcher Dimension dar, dass man von einem Mythos sprechen kann (…) Bemerkenswert an Schimanski – und charakteristisch für Georges Rollen – ist nicht zuletzt, dass der Outlaw dennoch innerhalb der Institution entworfen wird. Götz George war ein Deutschlandkörper, ein Schauspieler, der nach 1945 eine Karriere gemacht hat in Filmen, die das Karrieremachen in Deutschland immer wieder erzählt haben.“  

Und wie war es so, wenn man persönlich mit George zu tun hatte? Als Journalist zum Beispiel? Christian Buß schreibt bei Spiegel Online (ganz oben bereits verlinkt): 

„Ein Gespräch mit Götz George war schwierig. Äußerte man einen Hauch von Kritik, gab es Ärger. Machte man ein Kompliment, gab es noch größeren Ärger. Der Mann war in ständiger Opposition. Zu den Medien, denen er misstraute. Zu den Sendern, von denen er sich hintergangen fühlte.“

Der bereits erwähnte Holger Gertz schreibt: 

„Eine Erinnerung also an Götz George, drei Sommer her, ein Gespräch im Frühstücksraum eines Hotels in Köln. Man hatte - und es ist immer Ausdruck innerer Anspannung, wenn man es so macht - sämtliche Fragen Wort für Wort auf zwei Zettel geschrieben, zur Sicherheit. Die Vorbereitung auf ein Gespräch erzählt ja schon etwas über das Verhältnis eines Journalisten zu dem Menschen, dem er begegnen wird. Man wird schließlich gewarnt vor einem wie ihm: Der ist schwierig. Der steht auf und geht, wenn ihm was nicht passt. Götz George saß einem gegenüber, und wenn das Gespräch dann ein angenehmes Gespräch wurde, oder ein für ihn immerhin erträgliches, lag es auch an diesen Zetteln, die George als erstes ansah und ein Stück zu sich rüberzog, und die ihm etwas mitteilten, was ihn milde werden ließ.“

Weinselig-anekdotisch geht’s natürlich auch. Nico Hofmann schreibt in seinem Leib- und Magenblatt, der FAZ:

„Ich bin Götz George zum ersten Mal als Dreißigjähriger begegnet. Er war damals 52 Jahre alt und begrüßte mich im Garten des Hamburger Produzenten Markus Trebitsch mit den Worten: ‚Sie sind ja noch sehr jung!‘ Götz war mit Harley Davidson und gelb-schwarzer Motorradjacke, die er direkt aus Texas geordert hatte, vorgefahren, und ich antwortete ihm: ‚Sie sind ja auch noch sehr jung!‘ Wir mussten beide sehr lachen, und der Abend endete bei Götz’ Lieblingsitaliener Paolino an der Alster – gegen vier Uhr morgens hat uns der Wirt mit dem eigenen Ruderboot in Götz’ Stammhotel geschippert, so betrunken waren wir beide. Es war der Beginn einer langen, aufreibenden, aber auch energiespendenden Freundschaft und Beziehung – niemand hat mich in meinem beruflichen Leben sowohl als Regisseur als auch als Produzent mehr beeinflusst als Götz George.“

Unten drunter auf der FAZ-Medienseite steht von Andreas Kilb dann noch ein Text über den „verhinderten Kinosuperstar“ George.

[+++] Im Kontext der Brexit-Berichterstattung ist es möglicherweise eher von peripherer Bedeutung, dass eine „Handelsblatt-Pappnase“ (Michael Hanfeld, FAZ) sich mit britischen Nationalfähnchen drapierte und einem „Vote to leave"-Stecker verzierte, „um in England an einer Wahlparty der Ukip besser an die Führung der Rechtspartei heranzukommen“ (Rainer Stadler, NZZ). Die Aktion wirft aber auch grundsätzliche Fragen auf: 

„Journalisten sind (…) verpflichtet, während ihrer Arbeit ihre Identität offenzulegen. Verschleierungstechniken sind höchstens erlaubt, wenn es um die Aufdeckung von schweren Missständen geht, welche sonst nicht ans Tageslicht kommen. In diesem läppischen Fall hat der Handelsblatt-Mann klar gegen die Berufsregeln verstossen“, 

schreibt Stadler. Matthias Brüggmann heißt der Heiopei, der sich selbst einerseits mit dickster Hose feierte (Headline: „Ein Journalisten-Trick geht um die Welt“), andererseits darüber beschwerte, dass ihn Fotografen abgelichtet hatten. Stadler dazu:

„Mit der Offenlegung seiner Aktion hat er sich selber ins Zwielicht gesetzt.“

Michael Hanfeld liest dem Kollegen ebenfalls die Leviten:

„Wer sich für den politischen Karneval kostümiert und vor aller Augen feiert, darf sich nicht wundern, dass man ihn für einen Rule-Britannia-Fastnachter hält. Beziehungsweise legt er es mit der Camouflage sogar darauf an, verwechselt zu werden – nur, um andere zu düpieren. Zum Narren macht sich der Reporter allerdings selbst: nix rausbekommen, aber groß getönt.“

[+++] Dietrich Leder beschreibt in seinem „Journal“ für die Medienkorrespondenz das Versagen des TV-Personals, das bei der EM zum Einsatz kommt:

„Um dem Gequassel und dem Hochjubeln müder Spiele zu entgehen, (empfiehlt es sich), den Ton (zu) wählen, in dem für Sehbehinderte das Bild beschrieben wird. Und siehe da, durch den Zeitdruck, jedes Ereignis auch nur halbwegs und pünktlich festzuhalten, konzentrieren sich die Reporter hier auf das Geschehen und ersparen sich all den Unsinn aus Statistik und Klatsch und Werbeempfehlungen für irgendwelche Apps, mit dem die anderen die Zeit füllen.“

Auch nicht besser: Moderatoren und sogenannte Experten. Zum Beispiel dieser:

„Im ZDF nervt Holger Stanislawski die Zuschauer bei seinen Taktikanalysen mit Pleonasmen, Redundanzen und Tautologien, die er sich unter viel ‚Ähms‘ aus dem Munde quält.“

Ich gehe ja mal davon aus, dass Stanislawski, falls er das liest, Pleonasmen und Tautologien erst einmal wird googlen müssen. Dazu, wie viel Honorar er und andere Experten bekommen, gibt es keine offiziellen Zahlen. Bülend Ürük (kress.de) schreibt nun aber immerhin: 

„1,6 Millionen Euro soll ARD-Experte Mehmet Scholl im EM-Jahr verdienen.“ 

Unter anderem mit dieser Information und einer knackigen, wenn auch nicht unplausiblen Einschätzung - „(Es) wirkt tatsächlich so, als ob das Geld der Gebührenzahler wissentlich verbrannt werden soll“ - wird ein ausführlicher Artikel von Kress Pro angeteasert. Ürük leitet daraus eine „Bitte“ ab:

„Wenn heute Nachmittag die ARD-Granden in Bonn nach der Intendanten-Sitzung vor die Presse treten, sollten sie doch bitte auch einmal erklären, warum sie einem ehemaligen Profi-Fußballer wie Mehmet Scholl jährlich ein siebenstelliges Honorar überweisen.“ 

Mit Bitten kommt man bei „ARD-Granden“ indes nicht so weit, Forderungen wären da eher angebracht.


Altpapierkorb

+++ Warum der Prozess gegen Gina-Maria Lohfink (Altpapier von Freitag) ein Skandal ist, erläutert die Missy-Magazine-Redakteurin Stefanie Lohaus im RBB-Programm Radio Eins. Prozessberichte gefällig? Laura Ewert schreibt in der taz: „Nicht mal darüber, worum es in diesem Verfahren eigentlich geht, sind sich beide Seiten einig: Die Verteidigung behauptet im Vorfeld, man verhandle, ob ihre Mandantin fälschlicherweise ausgesagt hat, dass ihr ­K.-o.-Tropfen zugeführt wurden. Die Staatsanwaltschaft sagt, es gehe darum, ob Lohfink fälschlicherweise eine Vergewaltigung angezeigt hat. In der Verhandlung geht es dann hauptsächlich darum, wie die Videos entstanden sind.“ Und Verena Mayer in der SZ: „Der Verhandlungstag … endet mit der Erkenntnis, dass dies hier wohl nicht der juristische Symbolfall ist, den viele in ihm sehen. Sondern die Geschichte einer Begegnung zwischen Mann und Frau, die nur Verlierer hinterlässt. Eine traurige Geschichte über Sex, Lügen und ein Video.“ 

+++ Beim Filmfest München hat der in der heutigen Kolumne nicht unterrepräsentierte Christian Buß für Spiegel Online den Film „Die Vierte Gewalt“ gesehen, in dem es, wie der Titel schon andeutet, um, tja, unsere Branche, geht. Beziehungsweise: „Ein öffentlich-rechtlicher Politthriller fährt (…) ein paar saftige Dialogszenen auf, um die allgemein diagnostizierte Medienmisere auf den Punkt zu bringen.“ An Szenen „voll Sentimentalität und Sarkasmus“ fehlt es nicht, Buß geht zum Beispiel auf einen Dialog zwischen einer Abgeordneten und ihrem Pressereferenten ein: „Der Pressereferent klärt seine Chefin auf, was das für ein Journalist ist, der da mit ihr sprechen will: ‚Er war Auslandskorrespondent bei der deutschen Financial Times, seit die pleiteging, sitzt er in Berlin und wartet auf eine Festanstellung.‘ Die Politikerin mitfühlend: ‚Muss bitter sein für ihn.‘“ Buß findet den Film, der „im Herbst in der ARD-Primetime läuft“, gut: „Der Blick des über Rundfunkgebühren abgesicherten NDR auf den sich privatwirtschaftlich durchschlagenden Qualitätsjournalismus ist dabei anteilnehmend und entwickelt sogar Sympathien für das zeitgenössische journalistische Durchwurschteln zwischen neuem Sparzwang und altem Selbstbewusstsein.“

+++ Buß‘ Arbeitgeber hat am Montag sein „seit langem angekündigtes Bezahlkonzept“ gestartet. „Pro Tag ungefähr vier Texte“ werden dort künftig „nur noch kostenpflichtig“ angeboten, und zwar je zwei aus dem Heft sowie von Spiegel Online. Horizont berichtet. Die Artikel gibt es für 39 Cent, kosten also weniger, als wenn man sie bei Blende kauft. Siehe auch meedia.de.

+++ Aus der vergangenen Woche noch nachzutragen: ein von Marcus Schwarze, dem Digitalchef der Rhein-Zeitung, für Heise Online verfasster umfangreicher Überblick über Bezahlkonzepte, unter besonderer Berücksichtigung des Modells der harten, unumgehbaren Paywall, das seine Zeitung praktiziert: „Zum einen haben sich mittlerweile knapp 39.000 Abonnenten eine Registrierung zugelegt (…) Zum anderen hat sich von den unterschiedlichen Zugangspässen unseres Angebots ausgerechnet (neben dem E-Paper) das teuerste als das am besten laufende entpuppt. Der Jahrespass zu 10,90 Euro/Monat wird von 545 Kunden genutzt. Insgesamt wurden zuletzt monatlich bei der Rhein-Zeitung mehr als 3100 Zugangspässe verkauft oder genutzt. Unsere Kritiker halten diesen Zahlen entgegen, dass sie für sich genommen kaum das Personal einer kompletten Online-Redaktion gegenfinanzieren. Andererseits verbreitert so das klassische Abonnementgeschäft in der Verlagsbranche zumindest den Spalt in der Tür des Digitalen. Die Einnahmen durch Contentverkauf überflügeln inzwischen die Einnahmen durch verkaufte Werbung.“

+++ In einer recht vergnüglichen FAZ-Feuilleton-Glosse widmet sich Thomas Thiel dem „Post-Brexit-Blues“ von Bento („Die Alten haben der Jugend ihre Zukunft gestohlen“). „Bento-Autoren, gedenkt auch eurer Sterblichkeit!“ steht am Ende des Textes, in der auch „die vom ZDF bezahlte traditionsmedienkritische Online-Plaudertasche Mario Sixtus“ einen mitbekommt.

+++ Im Deutschlandfunk kann man sich heute noch einen Eindruck verschaffen vom Hörspiel-Mammut-Projekt „Manhattan Transfer“, basierend auf dem gleichnamigen, 1925 erschienen Roman von John Dos Passos. Zu hören ist der vierte Teil einer stark gekürzten Version. Die Langfassungen (drei rund 100-minütige Teile) waren bei SWR 2 gelaufen. Angela di Ciriaco-Sussdorff würdigt das Projekt in der Medienkorrespondenz.

+++ Radio (II): dwdl.de hat mit diversen Hörfunkmanagern darüber gesprochen, ob Spotify „Freund oder Feind des Radios“ ist.

+++ Heute im Fernsehen (I): der Start der neuen Staffel von „Filmdebüt im Ersten“ mit „Anderswo“ von Ester Amrami, in dem die Protagonistin, eine israelische Stipendiatin, die in Berlin an einem „Wörterbuch für unübersetzbare Wörter“ arbeitet, in ihre Heimat flieht. Thomas Gehringer (Tagesspiegel) lobt: „‚Anderswo‘ ist ein anspruchsvolles, sinnliches Vergnügen. Das israelische Familienleben hat Pfeffer und Witz, es wird fortwährend gegessen und diskutiert. Anstrengend ist es auch, weil man die Untertitel manchmal gar nicht so schnell lesen kann, wie hier in hebräischen Dialogen aufs Tempo gedrückt wird. Die Kamera sorgt für einen authentisch wirkenden Alltags-Look, dann wieder schwelgen die Bilder in den sommerlichen Farben Israels (…) Ungewöhnlich und interessant ist der Einfall, die Handlung durch sieben kurze linguistische Exkurse zu unterbrechen. Sieben Schriftsteller, Schauspieler, Regisseure oder Komponisten erläutern auf Deutsch jeweils einen Begriff ihrer Muttersprache, den sie für nicht übersetzbar halten.“

+++ Heute im Fernsehen (II): Arte zeigt den Themenabend „Jung, zornig, islamistisch - wie stoppt man die Gotteskrieger?“ Viola Schenz empfiehlt ihn auf der SZ-Medienseite.

Neues Altpapier gibt es wieder am Mittwoch.

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