Die Medien stehen heute noch ganz unter dem Eindruck der Demonstrationen von Sonntag. Das wird nicht so bleiben. Aber für was demonstrierten dort fast 4 Millionen Franzosen? Was so klar zu sein scheint, hat einen historischen Hintergrund. Den muss man kennen, um die Berichterstattung zu verstehen. Daher ist das Altpapier heute eine Art Lesebrille.
Bei den Anschlägen in Frankreich starben in der vergangenen Woche Christen, Muslime, Juden – und Atheisten, was zumeist vergessen wird. Journalisten, Raumpfleger, Polizisten. Männer und Frauen. Junge und Alte. Es war ein repräsentativer Querschnitt unserer Gesellschaft, der dem Gemetzel von drei Dschihadisten zum Opfer gefallen ist. Es traf nicht nur Frankreich ins Mark, weil jeder augenblicklich spürte, was hier auf dem Spiel steht: Die Erwartung mitten im Frieden nicht mit solchen Ereignissen rechnen zu müssen. Es gibt in unseren Gesellschaften Risiken, die jeder kennt: Verkehrsunfälle, Erkrankungen, auch Kriminalität. Die Risiken eines Bürgerkrieges gehörten nicht dazu. Damit werden jene Fundamente brüchig, die das Leben fast aller Westeuropäer seit 1945 bestimmten. Es steht mit dem Anschlag auf Charlie Hebdot somit mehr auf dem Spiel als die Presse- und Meinungsfreiheit, sondern die Grundlagen ziviler Gesellschaften. Die Freiheitsrechte erfordern nämlich die Fähigkeit, Konflikte friedlich auszutragen. Der Vergleich mit den Anschlägen vom 11.9.2001 in den USA beruht nicht auf der Dimension der Opferzahlen. Vielmehr auf die Konsequenzen für die innere Verfassung Frankreichs und Europas. In den USA konnte der Angriff als Kriegserklärung einer auswärtigen Macht definiert werden. In Paris schlachteten Franzosen Franzosen ab, in wessen Auftrag auch immer.
+++ Die älteste Form der Meinungsäußerung ist die Demonstration. Seine moderne Variante wurde in Paris 1789 erfunden und führte zum Sturz des alten Regimes. Dort entstand dieses Amalgam, das Europa bis heute prägt. Flugschriften als Vorläufer moderner Medien, die Deklaration der Menschenrechte und die Verfassung als Grundlage gesellschaftlichen Selbstverständnisses. Eine Nationalversammlung als Ort der politischen Entscheidung. Manches ist davon historischer Mythos, ist aber bis heute prägend geblieben. Gestern gingen fast 4 Millionen Menschen in ganz Frankreich, keineswegs nur in Paris, auf den Marche Republicaine. Wenn der Front National nicht daran teilnimmt, ist das eine symbolisch zu verstehende Absage. 1789 erzeugte nicht nur die moderne Republik, sondern auch die Reaktion als deren Gegenbewegung. Damit war in Kontinentaleuropa, Großbritannien war immer anders, die moderne Politik mit der Differenzierung in links und rechts geboren worden. Frankreich blieb davon in unzähligen Konflikten (und fünf Republiken) bis heute geprägt. Niemand versteht den radikalen Laizismus, den die Satiriker von Charlie Hebdod gegen den Islam vertraten, wenn er nicht die katholisch geprägte Reaktion als Gegenbewegung zu 1789 kennt. Der Islam reiht sich in diese Tradition der Konterrevolution ein, löste den ermüdeten Katholizismus ab und wurde aus dem Grund mit allen journalistischen Mitteln bekämpft. Das ist auch das eigentliche Thema von Michel Houellebecq neuen Roman „Unterwerfung“ und nicht der Angriff auf die multikulturelle Gesellschaft. Die hatte in Frankreich auf der Linken auch keine ideologische Begründung, weil seit 1789 Franzose werden konnte, der sich den Werten der Republik („Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“) verpflichtet fühlte. Deutschland hat eine völlig andere Geschichte und somit auch kulturelle Konfliktlinien. Hier prägte nicht 1789 als Kampf um die Freiheit von religiöser Bevormundung das Selbstverständnis, sondern die Katastrophe des 30jährigen Krieges und die konfessionelle Spaltung. Wenn in Deutschland Satire nicht das darf wie in Frankreich, findet man dort den Grund. Respekt und Toleranz bekommen einen anderen Klang, wenn man sich wegen der Religion gegenseitig den Schädel eingeschlagen hatte. In Frankreich ging es dagegen immer um Politik, nicht um Theologie wie bei Martin Luther.
+++ Solche Aspekte spielen in der Tagesaktualität kaum eine Rolle. Immerhin verzichteten aber die meisten Medien darauf, den Marche Republicaine mit der gleichzeitig stattfindenden Golden Globe Show zu verwechseln. Als Star-Auflauf der „Weltelite“, so die FAZ in einem Tweet, wo der Bürger als Citoyen zum gaffenden Fan degradiert wird. Dieses postdemokratisches Selbstverständnis, die Öffentlichkeit nur noch als Kulisse zu betrachten, ist ja eines der Probleme, die wir haben. Die Krautreporterin Victoria Schneider schilderte ihren Eindruck aus Paris etwa so:
"Was interessant ist: heute ist ja diese Riesen-Demo angesetzt, von der viele nach dem Medienhype nicht so recht zu wissen scheinen, was sie eigentlich sein soll. Einige, mit denen ich gesprochen habe, sind zwiegespalten, weil sie das Gefühl haben, es wird eine "Wir-sind-das-französische-Volk-Veranstaltung“, die exklusiv und Muslim-frei ist."
Die dominierende Sichtweise auf das Volk war in Frankreich nie eine ethnische Kategorie gewesen, wo die Abstammung die Zugehörigkeit bestimmte, sondern die Willensentscheidung dazuzugehören. Man konnte Franzose werden, während man bis heute in Deutschland im weit verbreiteten Selbstverständnis (und trotz eines reformierten Staatsangehörigkeitsrechts) als Deutscher geboren werden muss. Auf Letzteres reflektiert die Krautreporterin. Sie betrachtet Paris aus der Perspektive deutscher Erfahrungen. Marine Le Pen sah das immer anders als die radikalen Laizisten bei Charlie Hebdod, nämlich wie die Deutschen. Sie versucht aber die Schwäche dieses französischen Selbstverständnisses auszubeuten, die offenkundig geworden ist. Ob die Sozialisten Hollandes oder die bürgerliche Parteien eines Sarkozy: Beide lieferten genügend Anlässe, damit die Agitation der Marine Le Pen in Frankreich auf fruchtbaren Boden fallen kann.
„Die Demonstration sei leider "von Parteien gekapert worden, die das repräsentieren, was die Franzosen hassen: den Kleingeist, die Manipulation und die schamlose Polemik".
Genau das ist nicht passiert. Allerdings auch nur, weil die Medien darauf verzichteten, die Politik als Institution in den Mittelpunkt des gestrigen Tages zu stellen und zum Star-Auflauf eines postdemokratischen Selbstverständnisses zu degradieren. Mit welchen Stars man es dabei zu tun hatte, kann man dafür hier nachlesen. Viele von den Staatsgästen, die für die Presse- und Meinungsfreiheit demonstrierten, praktizieren zu Hause das Gegenteil davon. Sie haben sich allerdings auch selber eingeladen.
+++ Der Marche Republicaine verschafft der Politik eine Atempause. Trotzdem wird das passieren, was jede Politik immer machen wird. Und zwar nicht nur politische Parteien, sondern Interessengruppen jeder Art. Sie versuchen solche Ereignisse in ihrem Sinne zu instrumentalisieren. Ihnen das vorzuwerfen, ist so sinnlos wie antidemokratisch. Zur Demokratie gehört der Streit um die Frage, welche Konsequenzen man aus diesen Ereignissen ziehen soll. Die Medien sind nur der Transporteur dieser Botschaft, damit sich der Bürger eine Meinung darüber bilden kann. Den Vorwurf der Instrumentalisierung kann man sich also schenken und auf die Qualität der Argumente eingehen. In einer Medienkolumne kann es also nur darum gehen, wie die Medien selber damit umgehen. Getreu dem Wort des großen Erich Kästner verzichten wir aber auf das Positive. Beschäftigen wir uns mit den Tiefpunkten. Da wäre etwa der Bundesverband deutscher Zeitungsverleger BDZV, die unter die Satiriker gegangen sind. Sie boten eine Karikatur als politisches Statement an. Satire darf zwar alles, nämlich überspitzen, sogar gehässig und ungerecht sein. Aber dieses Statement identifiziert sich mit den Inhalten, wenn man sie als Presseerklärung veröffentlicht. Stefan Niggemeier erläutert das Problem.
„Aber die Parallele, die die Karikatur zwischen den Worten der Pegida-Anhänger und den Taten des islamistischen Terroristen zieht, ist falsch. Und ihre Wirkung ist verheerend. Wiederum aus Sicht dieser Leute formuliert: Die deutsche „Lügenpresse“ ist nicht nur zu feige, die Wahrheit zu sagen. Sie erklärt sich nach den Attentaten sogar für solidarisch, wenn nicht identisch mit denen, die dafür nicht zu feige waren. Und erklärt stattdessen ihre Kritiker zu Komplizen der Täter. Die Presse bestätigt aus Pegida-Sicht so, auf kaum zu übertreffende Weise, den Vorwurf von der „Lügenpresse“.“
Aber es wurde noch schöner, wie bei Wolfgang Michal nachzulesen ist.
„Gut, hätte man sagen können, sei’s drum, unsere Leitartikler brauchen halt mal etwas (Selbst-)Lob – nach all den schrecklichen inneren Verletzungen, die ihnen die Lügenpresse-Skandierer, Geht-sterben-Rufer und Forentrolle in der Vergangenheit zugefügt haben. Doch dann publizierte Bernd Ulrich, der stellvertretende Chefredakteur der Zeit, einen selbstgefälligen Beitrag unter dem Titel „Der Stolz, Journalist zu sein“. Das hätte er bleiben lassen sollen. Denn die in diesem Text enthaltene Selbstheroisierung und Selbstbeweihräucherung des eigenen Berufsstandes wirkt angesichts der bundesrepublikanischen Medien-Realität so überzogen und – aufgrund der Instrumentalisierung des Attentats für das eigene Gewerbe – so taktlos,dass man das Gesagte unbedingt zurechtrücken muss.“
Was Michal dann auch tut.
„Wir wissen ziemlich genau, dass WIR nicht die Washington Post waren, die im August 1974 Präsident Nixon zu Fall brachte, und wir wissen auch, trotz aller Solidaritätsbekundungen, dass WIR am 7. Januar 2015 nicht Charlie Hebdo waren. Es ist nicht unsere Aufgabe, nun Arm in Arm mit den Staatsoberhäuptern in Sonntagsreden die Werte der westlichen Demokratie zu besingen, es ist unsere Aufgabe, unseren Job zu machen.“
####LINKS####+++ Selbstkritik ist eine dauernde Aufgabe. Weil sie bekanntlich jedem schwerfällt, nicht nur Muslimen, muss die Kritik zumeist von anderen artikuliert werden. Das macht etwa die Otto-Brenner-Stiftung der IG Metall regelmäßig. Gestern ist eine Studie erschienen, die sich mit der Rolle der Medien bei den Morden der NSU beschäftigt. Allerdings der Rolle, die sie in ihrer Berichterstattung bis zur Entdeckung der Täter im November 2011 gespielt hatten. Eines der zentralen Defizite in dieser an der These von den Morden in der „Organisierten Kriminalität“ orientierten Berichterstattung wird in der Studie deutlich angesprochen.
„Die Vereinheitlichung des Journalismus führe zu einer „homogenen Brille“ der Denk- und Wahrnehmungsschemata, die wiederum eine homogene Themenselektion zur Folge habe und schließlich zu einer Homogenisierung der Rezipientinnen führe, die diese Angebote nutzten. Gerade mit Blick auf die Rekrutierung an den Journalismusschulen werde dies deutlich erkennbar.“
Man kann diesen Befund durchaus auch auf andere Themen ausweiten. Gegen Selbstbeweihräucherung und Selbstheroisierung hilft allerdings Neugier und die Bereitschaft, sich auf andere Positionen einzulassen. Nicht weil man sie selber teilt, sondern sie ein Teil der politischen Debatte sind, die diese Gesellschaft prägen. Diese haben einen Anspruch auf Fairness und kritische Würdigung. Ob Parteien oder Interessengruppen, auch Pegida oder der Islam, wer immer das gerade ist. Wenn das sogenannte Mainstream-Medien nicht mehr zum Ausdruck bringen, werden andere Formate an deren Stelle treten, die aber vor allem eines charakterisiert. Sie orientieren sich nicht mehr an den Grundsätzen eines etablierten Journalismus, der sich in vergangenen 200 Jahren mühsam und konfliktreich ausgebildet hat. Dazu gehörte immer der Meinungskampf, aber vor allem die Annahme von Lesern, Hörern und Zuschauern über das verlässlich informiert zu werden, was auf der Welt passiert ist. Diesen Anspruch hat nicht die Politik, weil dort jeder seine eigene Interpretation durchsetzen will. Aber Journalisten sind keine Politiker, selbst wenn sie wie alle Staatsbürger eine politische Meinung haben und zum Ausdruck bringen dürfen.
Altpapierkorb
+++ Wegen der Ereignisse in Paris hat Günther Jauch sogar die Weihnachtspause frühzeitig beendet. Warum die Sendung misslungen ist, schildert Nils Minkmar in der FAZ. Dabei geht es nicht darum, was dort gesagt worden ist, sondern was dort nicht zur Sprache kam. Es war jene deutsche Selbstbespiegelung, die sich in Wirklichkeit nicht für Frankreich interessiert. Ganz anders sah das die Welt, was sicherlich nicht nur an Mathias Döpfner als einen von Jauchs Gästen gelegen haben wird. In der Süddeutschen kommt dagegen der Vorwurf zur Sprache, die Zeit operiere jetzt schon mit der berüchtigten Schere im Kopf aus Angst vor Anschlägen. Das war aber auf Twitter vom Chefredakteur Jochen Wegner sofort dementiert worden. Wichtig war aber durchaus die Aussage von Souad Mekhennet gewesen. Sie hatte einen der Karikaturisten von Jyllands Posten interviewt, der nach ihrer Aussage eine erstaunliche Auskunft gab. Man habe der Redaktion nicht nur Mohammed-Karikaturen vorgeschlagen, sondern auch welche über Jesus. Das habe aber die Redaktion damals abgelehnt, um die religiösen Gefühle ihrer Leser nicht zu verletzen. Döpfner konnte das kaum glauben, aber diese Form der Doppelmoral hilft sicherlich nicht in der weiteren Debatte.
+++ Deutschland wartet heute auf die nächste Pegida-Demonstration in Dresden, wozu Karikaturisten in Frankreich eine Meinung haben. Nun wissen wir nicht, ob Pegida-Demonstraten diese Karikaturen nutzen werden, um ihren Respekt vor der Meinungsfreiheit auszudrücken. Vielleicht ist das etwas viel verlangt, aber dafür hat die Stadt Leipzig dem Pegida-Ableger Legida das Mitführen von Mohammed-Karikaturen untersagt. Einvernehmlich wie die Stadt betont. Der Talk-Show Gast Roland Tichy (auch als deren Kritiker aktiv) hat das in seinem Blog heftig kritisiert. Das deutsche Ordnungsrecht setzte der freien Meinungsäußerung schon immer Grenzen. Trotzdem ist die Kritik berechtigt, wenn man die Meinungsfreiheit als ein schrankenloses Grundrecht betrachtet. Tichy darf übrigens in Zukunft auch auf Quellen hinweisen, die er nutzt. Das ist bei dem Blogger noch verbesserungsfähig.
+++ Was Satire darf, wurde im Altpapier schon am Freitag diskutiert. Der Jungle World ist nun aufgefallen, was die Süddeutsche Zeitung am 2. Januar 2013 über Charlie Hebdod geschrieben hatte. Es war wenig schmeichelhaft. Nur liest sich jetzt die SZ von damals wirklich so? " Die Mörder von „Charlie Hebdo“ haben sicherlich nicht Blätter wie die „Süddeutsche“ gelesen, um sich bestätigt zu fühlen – aber sie haben zielsicher auf einen gesellschaftlichen Diskurs reagiert, der ihnen signalisiert hat, dass Werte wie Meinungsfreiheit, Aufklärung oder Universalismus „im Westen“ mittlerweile gerne als neckisch herabgewürdigter „Menschenrechtsfundamentalismus” zur Disposition gestellt werden." Auf Kritik steht nun einmal keine Todesstrafe und den Vorwurf der Hetze kann man der SZ nicht machen. Sie war halt nur nicht mutig, wenn sie wirklich einen radikalen Laizismus vertreten sollte. Über diese deutsche Eigenart des Raunens macht sich auch Titanic-Autor Leo Fischer lustig.
+++ Deswegen hat auch die New York Times klargestellt, was sie vom Kunstbegriff von Charlie Hebdod hält: Nämlich nichts. "In den Vereinigten Staaten gibt es Antikatholizismus, aber keinen Antiklerikalismus, weil die Amerikanische Revolution sich nicht gegen eine Staatskirche richtete." So erklärt Patrick Bahners in der FAZ diesen kulturellen Unterschied zwischen den USA uind Frankreich. "So kann dann der Bund von Thron und Altar auch nicht durch den Bund von Staat und Satire ersetzt werden. Larry Flynt, der Verleger des „Hustler“, ist seit einem Attentat 1978 gelähmt. Wenn christliche Terroristen die Redaktion der Zeitschrift ausgelöscht hätten, wäre Flynts Recht auf Blasphemie von den staatlichen Autoritäten verteidigt worden. Aber es ist undenkbar, dass der Präsident den Tatort aufgesucht hätte." Das Internet ist eine tolle Sache. Jeder kann zu jedem Zeitpunkt alles lesen, was auf dieser Welt erscheint. Aber offensichtlich braucht man immer noch Dolmetscher, die uns erklären, was wir ansonsten missverstehen würden.
+++ Man kann zwar nicht alles lesen, aber Slovoj Zizek weilt noch unter den Lebenden - und lohnt sich. Er war bekanntlich auf Twitter schon als verstorben gemeldet worden. Hier eine Sichtweise von Al Jazeera, warum sie nicht Charlie Hebdod sind. Das muss auch niemand sein, wenn man nicht die Ermordung deren Redakteure als eine angemessene Form der Kritik betrachtet.
+++ Im Tagesspiegel kann man lesen, warum Ralf König eine Karikatur zu Charlie Hebdod zurückgezogen hat. Im Medienmagazin, wie man dieses Handeln erklären kann. Als posttraumatische Belastungsstörung? In der FAZ hat sich dazu auch Dieter Nuhr geäußert, der seine eigenen Erfahrungen machen musste. Zum Vorwurf der Islamophobie wird er deutlich: "Ja, das ist der Lieblingsvorwurf von links, weil die Linke, in der sich früher die Intellektuellen trafen, heute nur noch ein Schatten ihrer selbst ist. Der Andersdenkende wird heute meist nicht mehr mit Argumenten, sondern mit Etikettierungen außer Gefecht gesetzt, dann ist man wahlweise islamophob, neoliberal, rechts oder sonst was. Da ist es dann auch egal, ob das, was man gesagt hat, richtig ist oder nicht. Da ist die Klappe zu, Feierabend. Dazu kommt: Das Internet gibt jedem die Gelegenheit sich zu äußern. Das hat das Niveau der Diskurse nicht gehoben, da wird es oft sehr schnell primitiv und beleidigend. Und was Islamophobie angeht: Phobien sind krankhafte Ängste. Und die pauschale Bezeichung aller Islamkritiker als „islamophob“ zeigt, was diese Leute von Andersdenkenden halten: Wer anderer Meinung ist, ist krank. Aha. Auf der Linken übersieht man leider gerne, dass der radikale Islamismus mit dem Urfeind der Linken, dem Nazismus, überwältigend viel gemeinsam hat: Der Jude, der an allem schuld ist, die Bewertung jeglicher Kritik als feindliche Aggression, die Sicherheit, im Besitz der einzigen Wahrheit zu sein, die Kampfbereitschaft bis auf den Tod, die Aufstiegsmöglichkeiten in der Hierarchie der Bewegung für Underdogs, der Ehrbegriff und vieles mehr."
+++ Aber die Medienmaschine läuft weiter, selbst wenn nicht jeden Tag etwas Historisches passieren kann. So erscheint der Spiegel jetzt immer am Samstag. Da fragt man sich zwar, was man am Montag machen soll. Vielleicht den Spiegel lesen. Dort gibt es eine beeindruckende Recherche zum Abschuss von MH-17 über der Ukraine. Das Projekt ist in der Kooperation mit cooperativ und Allgemeen Dagblad entstanden. Die Ergebnisse werden nicht jedem gefallen.Vor allem nicht denen, die etwa die Ukraine für diesen Abschuss verantwortlich machen. Aber das ist auch nicht die Aufgabe von Medien, allen zu gefallen. Andere Sichtweisen müssen lediglich den Standard erfüllen, der hier zu finden ist. Das wird Kritikern hoffentlich nicht zu schwer fallen.
+++ Außerdem eine These von Gunnar Sohn. Das Internet macht uns schlauer.
+++ Steht es um die Meinungsfreiheit irgendwo besser als in Europa? In China nicht, was aber kein Trost ist. Ob die Abschaffung des Blaspehmie-Paragraphen einen zivilisatorischen Fortschritt darstellt, wird man aber sehen müssen.
+++ Günther Hack hat in seinem Blog Unterwerfung von Michel Houellebecqs gelesen. Iris Radisch für Zeit Online auch. Beide sind nicht einer Meinung.
+++ Zuletzt etwas über ein Geschäftsmodell. Es geht um das von Thomas Wiegold. Außerdem wollte sicher jeder schon einmal wissen, was ein Nachrichtensprecher macht. Sebastian Pertsch gibt Auskunft.
+++ Was nicht mehr fehlt? Unter Umständen Mohammed-Karikaturen auf der Legida-Demonstration in Leipzig. Die Stadt hat das Verbot aufgehoben.
Die Diskussion wird weitergehen. Das nächste Altpapier gibt es wieder am Dienstag.