Volker hört die Signale nicht

Volker hört die Signale nicht

Warum sendete die ARD keinen „Brennpunkt“ zur Überwachung des Merkel-Handys? Ist möglicherweise Stefan Raab ein bisschen schuld daran, dass der Journalismus ist, wie er ist? Außerdem: 90 Jahre Hörfunk, keine 90 Tage „inka!“.

Natürlich ist es verlockend, die Überwachung des Kanzlerinnen-Handys durch Hinweise auf den Postillon („Angela Merkel empört, dass sie von USA behandelt wird, als wäre sie ein deutscher Bürger“) und einen taz-Schenkelklopfer („NSA deckt auf: Merkels gefährliches Terrornetzwerk“) abzuhandeln, aber dagegen spricht dann doch mindestens dreierlei: die Auffälligkeit, dass viele Journalisten den 39 Jahre alten Fall des DDR-Spion Günter Guillaume für eine taugliche Analogie halten; eine am Donnerstagabend in der Kategorie „Breaking“ kursierende Enthüllung des Guardian (die, um es in den Worten von süddeutsche.de zu sagen, „die Affäre um Angela Merkels Handy plötzlich nur noch wie die Spitze des Eisberges erscheinen lässt“), sowie eine intern unpopuläre, aber möglicherweise als nicht unpopulistisch zu verstehende Entscheidung des ARD-Programmdirektors.

Aber der Reihe nach: Den Namen Guillaume bringt unter anderem Heribert Prantl in einem Kommentar auf der SZ-Meinungsseite ins Spiel:

„Am 23. Oktober 2013, wird einer der engsten Mitarbeiter der Bundeskanzlerin Angela Merkel als Agent der USA enttarnt. Dieser Mitarbeiter ist - ihr Handy. Das Mobiltelefon hat für Merkel eine ähnliche Funktion, wie sie für Brandt einst Guillaume hatte. Guillaume war sein unentbehrlicher Helfer; er gehörte zu denen, die den Chef auch privat und in den Urlaub begleiteten. Für Merkel ist das Handy ein unentbehrlicher Helfer; das Mobiltelefon ist ihr kleiner Guillaume. Es weiß alles.“

Eine Art Video-Interviewfassung dieses Kommentars gibt es auch; in dem Gespräch sagt Prantl, dass einen der Überwachungs-Vorgang „sprachlos“ machen könne, aber natürlich läuft der vermeintlich „Sprachlose“ dann schnell zu Topform auf und erweist sich mal wieder (siehe den zweiten und dritten Absatz hier) als bayerischer Großmeister der Anschaulichkeit:?

„Da sitzt hinter jeder Taste quasi Uncle Sam.“

Da wir gerade bei den Tasten sind: Stefan Schulz schreibt, ebenfalls mit Bezug auf den einstigen Stasi-Freelancer, in der FAZ-Feuilleton-Glosse:

„(Das Handy) steht nicht einfach mit im Raum, wie Günter Guillaume, es liegt auf dem Tisch, und zwar völlig selbstverständlich. Man muss wissen, dass die Bewegungssensoren aktueller Handys derart fein justiert sind, dass sie Tastaturanschläge unterscheiden können, wenn sie zwanzig Zentimeter (also in Griffweite, alles andere widerspräche der Natur der Moderne) von einer Tastatur entfernt liegen.“

Ein paar Stunden später hat Schulz für seinen Arbeitgeber dann die Beckmann- und Illner-Sendungen zum Thema gesehen. Frank Lübberding (wiessaussieht) kommt zwar auch nicht ohne Guillaume aus, sein Text ist aber durchaus erhellend:

„Das Problem ist nicht die Frage, ob eine fremde Macht ein Verbündeter ist oder nicht, sondern ob die Spionageabwehr solche Angriffe abwehren kann. (...) Wieso konnte die Bundeskanzlerin weiterhin ein Handy benutzen, das in Verdacht stehen musste, abgehört zu werden? Das ist durchaus mit Guillaume vergleichbar.“

Wenn man schon meint, als Analogie fürs überwachte Merkel-Handy die Geschichte eine alten Agenten präsentieren zu müssen, der im bundesdeutschen Machtzentrum das eine oder andere direkt mitbekam: Wäre da nicht ein amerikanischer Spion eine vielleicht nicht ideale, aber zumindest näher liegende Wahl gewesen? Diesen US-Agenten gab es ja: Paul Dickopf, von 1965 bis 1971 BKA-Chef, wirkte bekanntlich nebenbei für die CIA. Aber es geht halt nichts über Stasi-Folklore. Dass der Ex-SS-Untersturmführer Dickopf, der mit dem altnationalsozialistischen Terrorismus-Mäzen Francois Genoud befreundet war, zumindest indirekt weitaus mehr Schaden angerichtet hat als ein Leichtmatrose wie Guillaume, ist noch mal eine ganz andere Geschichte.

####LINKS####

Die bereits erwähnte Guardian-Geschichte, die die US-Überwachung von 35 internationalen Spitzenpolitikern dokumentiert, geht auf die Arbeit Edward Snowdens zurück (siehe auch Spiegel Online), und vermutlich hätte durch die Enthüllung ein „Brennpunkt“ der ARD noch einiges an Brisanz gewonnen. Den gab es aber nicht, obwohl sämtiiche Chefredakteure es so wollten. Stefan Niggemeier berichtet:

„Eine Sonderprogrammierung wie ein zusätzlicher ‚Brennpunkt‘ bedarf (...) der Zustimmung des Programmdirektors. Die verweigerte Volker Herres. Das ist zwar kein einmaliger, aber wohl ein seltener Vorgang, insbesondere angesichts des einstimmigen Votums der Chefredakteure. (...) Herres und die Pressestelle des Ersten wollten all das nicht bestätigen und sich nicht äußern."

Zu den Nicht-Äußerungen äußert sich auch meedia.de.

Niggemeier wiederum nennt in seinem am gestrigen Nachmittag veröffentlichten Text den möglichen Grund für Herres‘ Veto:

„Womöglich sorgt er sich um die Quoten der Show ‚Die deutschen Meister‘ mit Kai Pflaume, die dort im Programm steht.“

Im Tagesspiegel schreibt Joachim Huber:

„Aus ARD-Kreisen hieß es, Herres beurteile den Skandal um das abgehörte Handy von Kanzlerin Angela Merkel als ‚nicht wichtig genug‘. Eine fatale Fehleinschätzung von Herres, lautete wiederum die Einschätzung der Chefredakteure.“

Ob der „wohl seltene Vorgang“ (Niggemeier) langfristige Auswirkungen hat auf das Verhältnis zwischen Herres und den Chefredakteuren, wird man sehen.

Auf weitere Lektüre zur NSA-&-Merkel-Causa sei hier nur kurz verwiesen: „Die USA dürfen Merkel überwachen", weshalb es „schon ein bisschen Heuchelei“ sei, „wenn sie sich nun öffentlich beschwert“,sagt der Geheimdienst-Fachmann Josef Foschepoth im Zeit-Online-Interview. Ebenfalls bei Zeit Online: „Die NSA betreibt Wirtschaftsspionage (...) Nur die Bundesregierung geht davon aus, es gehe dabei allein um Terrorbekämpfung“, meint Patrick Beuth. Vor der aktuellen Debatteneskalation entstanden, aber passend zum Thema: Wolfgang Michals Freitag-Kommentar zum „Vorschlag der Telekom, Datenverkehr aus Deutschland nur innerhalb der vermeintlich NSA-freien Grenzen laufen zu lassen“.

[+++] Eines der großen medienbetrieblichen Themen der letzten Wochen, das jenseits des Medienbetriebs vermutlich keine allzu große Rolle spielte, wollen wir auch nicht vergessen: die deutsche HuffPo. Aus dem folgenden Text von Thomas Ewald für die Jungle World zitieren wir mal aus nicht nur uneigennützigen Gründen:

„Da inzwischen alle, deren medienkritische Texte man gerne liest – von den Autoren der witzig-polemischen Kolumne Altpapier bis zum Journalisten Stefan Niggemeier – ihren Spott über die HuffPo und ihre Gratisschreiber wie Rainer Brüderle, Ursula von der Leyen, Robert Schneider, den Chefredakteur der Super­Illu und einige Medienberater ausgeschüttet haben, sei auch einmal die Gegenseite erwähnt (...) Der Kreis der HuffPo-Kritiker-Kritiker ist zwar naturgemäß klein, aber ihre Ansichten sind erstaunlich.“

Auf die HuffPo-Kritiker-Kritiker wollen wir jetzt gar nicht eingehen, lieber auf einen Exkurs zur allgemeinen Lage des Journalismus:

„Dass die HuffPo dennoch ein Zukunftsmodell ist, liegt nicht an den Gratisschreibern und den Knebelverträgen, die von immer mehr Medienunternehmen genutzt werden, sondern daran, dass der Journalismus, wie er in verstaubten Lehrbüchern steht, nicht mehr zu retten ist: Die Gier nach Sensation ist allgegenwärtig. Ein Beispiel: Als die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer der Kanzlerin einen Brief mit zwei Handvoll Fehlern schrieb, wurde das ausführlich und überall dokumentiert. Oberlehrerhaft wurde doziert, in welcher Zeile welcher Fehler steckte. Der Inhalt des Briefes, in dem Dreyer die Kanzlerin drängte, endlich gegen das Vorgehen der Geheimdienste im NSA-Skandal zu protestieren, war nur Beiwerk, versteckt im letzten Satz. Das ist der Treppenwitz der Geschichte: Seit Stefan Raab als Moderator von Politsendungen gilt, suchen die Medien nach ‚TV Total‘-Momenten, Schnipseln, die sich als Stoff für Häme eignen.“

Stefan Raab ist mithin nicht an allem schuld, aber doch an vielem.

[+++] Medienthemenreich ist die aktuelle Ausgabe des Magazins Cicero. Wer 8,50 Euro übrig hat für die Wochenendlektüre, findet hier zum Beispiel ein Porträt, das Georg Löwisch über Dieter Wonka, den Hauptstadtkorrespondenten des Madsack-Blatts Leipziger Volkszeitung, geschrieben hat. Er sei „der Fragenpapst“ bzw. „der härteste Fragesteller Berlins“, der selbst „manchmal sagt, dass er sich als kleiner Anarchist sieht“ und die Angela Merkel „die Merkelette“ nennt. Löwisch war auch dabei bei einem Telefongespräch mit Boris Palmer, dem grünen Oberbürgermeister von Tübingen, und deshalb bekommen wir einen Eindruck davon, wie die so schnacken, die Hauptstatdkorrespondenten (vielleicht aber auch nur Wonka):

„Um 10.46 Uhr zirpt das Smartphone. ‚Ah, Genosse Palmer! Hahaha. Schön, dass Sie ...‘ Palmer ist auf dem Rad unterwegs, eigentlich hat er keine Zeit. ‚Der Dicke versucht seit Tagen, mit mir zu reden‘, verkündet Wonka. Er meint (Joschka) Fischer.“

Altpapier-Leser hätten vielleicht noch gern gewusst, was Wonka von den bizarren, mittlerweile auch von anderen Verlagen aufgegriffenen Zentralredaktionsplänen Madsacks hält (siehe Altpapier), aber das interessiert den Cicero-Leser natürlich nicht. ?

In einem weiteren Cicero-Text (Seite 52 f.) erinnert Andreas Theyssen an den verblichenen Journalistenpreis Goldener Prometheus, den einst Helios Media, die Firma des Unternehmers Rudolf Hetzel, stiftete:

„Mit ihm wurden bekannte Journalisten ausgezeichnet, etwa Heribert Prantl ... oder Spiegel-Autor Jürgen Leinemann. Bei der Preisverleihung vermietete Hetzel die Tische, an denen die Gäste saßen, um ihre Branche zu feiern, für je 4.000 Euro an Konzerne wie RAG oder Lobbygruppen wie die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft. Deren Vertreter hatten einen Abend lang die Gelegenheit, bei den Multiplikatoren für ihre Anliegen zu werben.“

Mit den großen Sausen war es dann allerdings dann 2009 vorbei, „weil der Goldene Prometheus nicht genügend Geld eingebracht hat“, wie eine Führungskraft von Helios Media im Text sagt. Warum genau sich das Ganze nicht gerechnet hat, hätte man schon gern gewusst. Würde es den Preis vielleicht noch geben, wenn die Veranstalter 8.000 Euro pro Tisch verlangt hätten?


ALTPAPIERKORB

+++ Mehr aus der Monatsmagazinproduktion: Kay Sokolowsky schreibt in konkret (Seite 50 f., nicht online) über den Spielfilm „Inside Wikileaks“ (siehe unter anderem Altpapierkorb von Mittwoch): „Recht, wenngleich aus völlig falschen Gründen, hat (Julian Assange) (...), wenn er den Film für ‚mies‘ hält. Unentwegt behauptet Regisseur (Bill) Condon, mit Digitalisierung und Internet seien nicht nur die Kommunikationsmöglichkeiten erweitert, sondern die Machtverhältnisse selbst grundlegend erschüttert worden. Whistleblower und Wikileaks hätten sich als ‚fünfte Gewalt‘ etabliert (...) Wer sich die Einrichtung der Welt so vorstellt, will auch sonst an Märchen glauben. Etwa an das von den Tyrannen, die sich seit Wikileaks besser in acht nehmen sollten. Condon lässt es einen Guardian-Reporter erzählen und blendet dabei zu Videoaufnahmen vom Aufstand in Kairo über. Nun hat der Sturz Mubaraks mit Wikileaks genau gar nichts zu tun (...)“

+++ Sokolowsky ist in manchen Dingen wohl einer Meinung mit Evgeny Morozov, dessen Buch „Smarte neue Welt“ Dirk von Gehlen (SZ-Feuilleton, Seite 14) aber allenfalls halbgut findet: „In seiner Wut bedient Morozov (...) vor allem das wohlige Schaudern des Kulturpessimismus, eine konstruktive Debatte über die Folgen der Digitalisierung bringt er damit keinen Schritt voran (...) Zentraler Zielpunkt dieser Form der Technologiedebatte ist das Marketing für die Person des Autors (...)“ Aber: „Wenn man sich die Mühe macht, die Worte von ihrem selbstgefälligen Wahrheitsanspruch zu befreien, entdeckt man sehr interessante Gedanken, die eine notwendige Debatte bereichern könnten.“  

+++ „Diese geballte Biederkeit versetzte den Zuschauer geradewegs zurück in die frühen 60er. Da wollte er (...) nicht hin“ - das ist laut David Denk (taz) einer der Gründe dafür, dass das vom ZDF jetzt abgesetzte Nachmittags-Dingsbums „inka!“ kein Erfolg war (siehe auch kress.de). Auch Michael Seewald (FAZ, Seite 43) meint, dass das Scheitern der Sendung „ob ihrer Machart kein Wunder“ sei. Seewald hatte schon vor einigen Wochen über dieses „Desaster“ (siehe Altpapier) geschrieben.

+++ Die eben zitierte taz beschäftigt sich heute darüber hinaus zweimal mit sich sich selbst: Arno Frank amüsiert sich auf der taz-Satireseite über die In-Sachen-taz-Berichte der Konkurrenz: „Überall geht’s her, mal hoch, mal tief. Seltsamerweise aber steht nur das, was in der taz sich so zuträgt an Zwischenmenschlichem, anderntags in anderen Zeitungen. Da mag man sich in der Rudi-Dutschke-Straße noch so sehr die Dreadlocks raufen – es scheint offenbar für Außenstehende ungeheuer unterhaltsam zu sein, was intern so alles gekräht und getuschelt wird, worüber Einigkeit besteht und worüber Zwietracht. Riesenthema.“ Deniz Yücel schreibt derweil im Ressort taz2, dass eben dieses Ressort eigentlich überflüssig ist: „Recherchiert wird nicht, die wesentlichen Informationsquellen sind der Videotext von RTL, die Nachrichtenseite von GMX und das Frauenklo (...) taz2 ist das Einfallstor für neokonservative, neoliberale und neoprivatistische Ideologie. In ihrem Gefolge marschieren die Ausdünstungen kleinbürgerlicher Ideologie: Eskapismus und Formalismus, Verbalradikalismus und Optimismus, Hedonismus und Nihilismus, schwarz-grüne Fantasien und rotzblaue Hirngespinste.Zwar erscheinen auf taz2 gelegentlich pädagogisch wertvolle Artikel. Doch die sind nur Feigenblätter, um zweifelhafte Ansichten hoffähig zu machen und das langfristige Ziel, nämlich die Entpolitisierung der Politik und die Verramschung der Kultur, zu verbergen.“

+++ Auf der FAZ-Medienseite bespricht Uwe Ebbinghaus „Aus der Tiefe der Zeit“, den neuen „Tatort“ von Dominik Graf: „Mit den zum Teil grandiosen ‚Polizeiruf‘-Folgen, die (...) Graf in den letzten Jahren inszeniert hat, kann dieser ‚Tatort‘, der erste nach der legendären Folge ‚Frau Bu lacht‘, nicht mithalten. Wie Leander Haußmann scheint Graf momentan mit dem Neunzigminüter zu fremdeln und ihn daher zu überfrachten.“

+++ Transparenz (I): WDR-Sprecher Birand Bingül wehrt sich auf der Website des eigenen Hauses gegen einen gestrigen FAZ-Artikel über nicht vorhandene WDR-Transpaenz (siehe Altpapier): Von „Suggestion, schlechter Recherche“ und „hanebüchenen Vorwürfe“ ist die Rede.

+++ Transparenz II: Viola Schenz interviewt für die SZ-Medienseite den ARD-Vorsitzenden Lutz Marmor zur „Transparenz-Offensive“ des Senderverbunds. In dem Interview steht nichts Nennenswertes, aber das liegt natürlich nicht an Schenz, sondern an Marmor.

+++ Außerdem auf der SZ-Medienseite: Stefan Fischer stellt Tinas Klopps heute im Nordwestradio ausgestrahltes Hörspiel „Unheimliche Orte“ vor: „Radio Bremen spielt ein bisschen Blair Witch Project. (...) Die seit vielen Jahren von Finanznot arg geplagte Hörspielredaktion besitzt dabei so viel Selbstironie, dass sie als einer der unheimlichen Orte auftritt - in einer Zeit nach ihrer angeblichen Schließung.“ „Unheimliche Orte“ sei „ein Spiel mit Wahrheit und Fiktion, ein esoterisches Experiment, eine Übung in Ironie“.

+++ Apropos Radio: Der Startschuss des hiesigen Hörfunks, der sich am kommenden Dienstag zum 90. Mal jährt, sowie die gesamte Geschichte des Mediums bis heute, ist ist ein großes Thema in den aktuellen Ausgaben der kirchlich finanzierten Mediendienste: Jochen Meißner blickt in der Funkkorrespondenz zurück auf den 29. Oktober 1923: „Die damals als Bausätze verbreiteten Detektorradios brauchten nicht einmal eine Stromversorgung – die Energie lieferten die elektromagnetischen Wellen des Senders gleich mit. Allerdings war sie so schwach, dass man nur mit Kopfhörern Radio hören konnte.“ Hans-Jürgen Krug zitiert bei epd medien (derzeit nicht frei online) den damaligen Rundfunk-Organistor Hans Bredow mit einem Ausspruch von 1924: „Zum ersten Mal seit der Erfindung der Buchdruckerkunst ist eine neue Möglichkeit geschaffen, geistige Güter geleichzeitig Ungezählten zu übermitteln.“ Des weiteren schreibt er, um mal ein paar Jahrzehnte weiter zu springen: „In den 50er Jahren (...) wandten sich (erstmals) auch die Philosophen dem Massenmedium zu. Günter Anders diagnostizierte  1959 einen ‚Kulturwasserhahn‘, der in ‚jeder Wohnung installiert‘ sei und den ‚Massen-Eremiten‘ produziere (...)“ Der „Kulturwasserhahn“ von heute ist demnach das Internet.

+++ Die FK nähert sich außerdem der Frage, wer Grimmes next Kammann wird. Uwe Kammann, der jetzige Direktor des Grimme-Instituts scheidet ja im kommenden Früjhahr aus Altersgründen aus, weshalb die FK u.a. mit Karl Heinz Eisfeld, dem Vorsitzender der Grimme-Gesellschafterversammlung, über das Nachfolgerfindungs-Procedere gesprochen hat: „Wie viele Interessenten es für den Grimme-Direktorenposten insgesamt gebe, dazu wollte Eisfeld nichts sagen.“ Stoff für Ratefüchsinnen und -füchse gibt es dennoch: „Unter denen, die sich beworben hätten, seien auch Frauen.“

+++ In einem weiteren FK-Text geht es um Ökonomisches. „Serienproduzenten fliehen aus Kalifornien“ lautet die Überschrift. Franz Everschor berichtet: „Es ist für die Produzenten die Aussicht auf bessere Steuervergünstigungen und Prämien, wovon mehr und mehr die Wahl des Drehorts bestimmt wird. Die Rabatte, die unterm Strich das erforderliche Budget vor allem der besonders kostspieligen dramatischen Serien erheblich verringern, liegen heute in Kalifornien weit unter den Angeboten der Steuerbehörden in anderen Staaten. (...) Was Kalifornien (...) verliert, sind (...) auch die Umsätze all jener Angestellten und Geschäftsunternehmen, die an der Serienproduktion unmittelbar oder mittelbar beteiligt sind.“

+++ Freitag ist Hubert-Winkels-Tag: Nachdem die Literaturfachkraft des Deutschlandfunks hier schon in der vergangenen Woche Erwähnung fand, bietet sich das heute wieder an, weil gerade ein von ihm herausgegebener Band erschienen ist, in dem die 2012er-Debatte um Christian Krachts Roman „Imperium“ (siehe Altpapier) zusammengefasst ist. „In der Debatte um (...) ‚Imperium‘ (...) ist das abstrakte Mündungsgebiet der Aufregungsströme noch nicht richtig sichtbar“, schreibt Winkels im Vorwort. Verschmockteres ist schwer denkbar, aber vielleicht ist das ja leicht gesagt, denn die „Mündungsgebiete“ der „Aufregungsströme“, mit denen wir es im Altpapier zu tun haben, sind in der Regel weder abstrakt noch schwer sichtbar.

+++ Und da wir gerade in der Welt der Metaphern sind: „Die Causa Merkel/NSA hat eine ungeheure politische Sprengkraft, die dazu führen könnte, dass sich die tektonischen Platten auf beiden Seiten des Atlantiks dramatisch verschieben“,  schreibt bei Welt Online der Geologie-Fachmann Claus Christian Maltzahn - womit dann auch ein Bogen zum Auftakt der Kolumne geschaffen wäre.

Neues Altpapier gibt es wieder am Montag.

weitere Blogs

In einer Kirche hängt links neben dem Altar ein Schild mit der dreisprachigen Aufschrift No pasar - Überholverbot - no passing
In Spanien gibt es ein Überholverbot am Altar.
G*tt ist Körper geworden. Was für eine Gedanke! Birgit Mattausch geht ihm nach.
Heute erscheint der sechste und vorerst letzte Beitrag unserer Themenreihe Polyamorie. Katharina Payk fragt: Wo kommt Polyamorie im Kontext von Kirche und Pfarrgemeinde vor?