Alles ist offen, nichts ist sicher

Alles ist offen, nichts ist sicher

Die NSA hat einen Krieg gewonnen, und beim WDR stehen wichtige Personalentscheidungen an. Außerdem auf der Agenda: Wie konnte die Falschmeldung entstehen, der Chef der Partei AfD sei Opfer einer „Messerattacke“ geworden? Ist das TV-Kameraverbot in Gerichtssälen noch zeitgemäß? Kann Veronica Ferres einen nicht so dollen Film retten?

Wenn es um Leaks mit großen Datenmengen geht oder Geheimdienstthemen oder beides, machen namhafte Medien, die in mancher Hinsicht durchaus Konkurrenten sind, in letzter Zeit bekanntlich gern mal gemeinsame Sache; im Altpapier vom Mittwoch etwa war vor dem in „Leaks-Zusammenhängen geläufigen Duo Süddeutsche Zeitung/ Norddeutscher Rundfunk“ die Rede.

Für ein neues großes Kooperationsprojekt haben sich nun der Guardian, die New York Times und das investigativjournalistische ProPublica zusammengetan. Sie haben weiteres, von Edward Snowden herangeschafftes Material ausgewertet. Die implizite Botschaft der Dokumentenexegese lautet, dass die, um es mit Stefan Plöchinger, dem Chefredakteur von sueddeutsche.de zu sagen: „blinden Verschlüsselungsfans“ jetzt sehr tapfer sein müssen. Spätestens seit einem „Durchbruch“ (Guardian) vor rund drei Jahren darf sich, um jetzt mal einen der Artikel der New York Times aufzugreifen, die NSA als Gewinner im „Krieg“ gegen die Verschlüsselung fühlen:

„The National Secret Agency is winning its long-running secret war on encryption, using supercomputers, technical trickery, court orders and behind-the-scenes persuasion to undermine the major tools protecting the privacy of everyday communications in the Internet age, according to newly disclosed documents.“

Eine deutschsprachige Zusammenfassung liefern süddeutsche.de („Die NSA und der britische GCHQ-Dienst hätten große Fortschritte gegen die SSL-Technologie erzielt, heißt es in den Berichten. Mit SSL werden Millionen Internetseiten, die mit ‚https‘ beginnen sowie private Netze geschützt“) und Spiegel Online („Sicher ist nicht mehr sicher“)

Als großer Verschlüsselungsfan könnte man nun entgegnen:

„Durch #NSA gebrochene Verschlüsselungsmechanismen sind ein Argument für bessere Verschlüsselungstechniken.“

Das twittert Peter Schaar, der Bundesbeauftragte für Datenschutz.

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Pro Publica liefert eine Begründung dafür, warum sie die Recherchen publiziert:

„The story, we believe, is an important one. It shows that the expectations of millions of Internet users regarding the privacy of their electronic communications are mistaken. These expectations guide the practices of private individuals and businesses, most of them innocent of any wrongdoing. The potential for abuse of such extraordinary capabilities for surveillance, including for political purposes, is considerable.“

Für wie wichtig er die Enthüllungen hält, kommentiert in nicht unnaivem Pathos Bruce Schneier für den Guardian. Die NSA habe einen „fundamentalen gesellschaftlichen Vertrag untergraben“:

„Government and industry have betrayed the internet, and us. By subverting the internet at every level to make it a vast, multi-layered and robust surveillance platform (...) This is not the internet the world needs, or the internet its creators envisioned. We need to take it back. And by we, I mean the engineering community.“

Das Ganze sei zwar in erster Linie ein „politisches Problem“, aber:

„This is also an engineering problem, and there are several things engineers can – and should – do.“

Bis das getan ist, gilt: Alles ist offen, sogar, um es mit Frank Schirrmacher zu sagen, unsere Krankenakten.

Aus journalistischer Perspektive ist noch von Belang, dass die New York Times und ProPublica erwähnen, sie seien von Geheimdienstleuten aufgefordert worden, ihre Recherchen nicht zu veröffentlichen.

Mit dem Thema Internetüberwachung durch Geheimdienste - und speziell den Folgen für die Pressefreiheit - beschäftigte sich am Donerstag der „Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres“ im  Europäischen Parlament. Stefan Schulz berichtet für faz.net über die Anhörung, bei der sich unter anderem Alan Rusbdriger, der sehr bekannte Chefredakteur des heute schon erwähnten Guardian, der unter anderem aus deutschen Talkshows (siehe Altpapier) bekannte Aktivist Jacob Applebaum und der etwas weniger bekannte Investigativjournalist Duncan Campbell äußerten.

„Die Abgeordneten reagierten auf die Vorträge mit zahlreichen Fragen, die zeigten, dass einfache Antworten nicht zu erwarten sind. Ob Pressefreiheit technisch überhaupt noch möglich sei, wollte die deutsche Abgeordnete Cornelia Ernst wissen“,

schreibt Schulz. Dessen Zusammenfassung von Ernsts Gedanken fand dann der heute bereits zitierte Frank Schirrmacher so knackig, dass er sich in einem Tweet aufgriff. In erschöpfender Ausführlichkeit protokolliert hat die Anhörung netzpolitik.org.

[+++] Gut in den tagesaktuellen Kontext fügt sich eine Rezension von Hans-Christian Danys Buch „Morgen werde ich Idiot" ein, die Vera Linß unter der Überschrift „Raus aus der Kontrollgesellschaft“ für Deutschlandradio Kultur abgeliefert. Sie lobt es als

„brillant geschriebenen Analyse unserer modernen kapitalistischen Welt. Ausgangspunkt ist die Kritik, dass Staat und Wirtschaft dem Einzelnen auf subtile Weise auch die kleinste Chance auf ein selbstbestimmtes Leben nehmen. Möglich wird dies durch digitale Technik und Strukturen, die nach dem kybernetischen Modell organisiert sind. Das Internet und Managementtechniken wie Social Engeneering erlauben es der Macht, unsere Gehirne zu besetzen, sodass wir uns freiwillig systemkonform verhalten. Wir sind Marionetten der Obrigkeit (...) Welche theoretischen und technischen Entwicklungen zu dieser maschinell geprägten Gesellschaft geführt haben, arbeitet Dany (...)  in einem historischen Rückblick auf. Er spannt den Bogen von den Anfängen der Kybernetik in den 40er-Jahren hin zu den sozialen Netzwerken von heute, die für ihn nichts weiter sind als psychosoziale Steuerungsinstrumente.“

Ihr Lob relativiert Linß aber am Ende dadurch, dass sie dem Autor „ein wenig Gelassenheit“ empfiehlt.

[+++] Von den sehr großen Themen blenden wir jetzt mal rüber zu in den in etwas kleineren Rahmen sehr großen Themen, nämlich Postenbesetzungen bei großen deutschen Medien. Von Ulrike Simon (Berliner Zeitung) kommt eine Wasserstandsmeldung zur Lage beim Spiegel:

„Die Redaktion des Nachrichtenmagazins (...) drängt ihre beiden Vertreter innerhalb der fünfköpfigen Spitze der Mitarbeiter KG weiterhin zum Rücktritt. Mehr als 160 Namen fanden sich am Donnerstag auf der Unterschriftenliste, in die sich unter anderem fast das gesamte Hauptstadt-Büro und auch der stellvertretende Chefredakteur, Klaus Brinkbäumer, eingetragen haben. Die Unterzeichner entziehen damit Marianne Wellershoff und Gunther Latsch das Vertrauen.“

Es geht um deren faul-kompromisslerisches Verhalten in der Causa Blome (siehe, nur zum Beispiel, dieses Altpapier). „Ob Latsch und insbesondere Wellershoff zurücktreten, bleibt abzuwarten“, meint Simon (und lässt uns rätseln, was das in diesem Zusammenhang potenziell fies klingende Wörtchen „insbesondere“ wohl konkret zu bedeuten hat).

Ob die beiden KG-Funktionäre in den Sack hauen, wird aber allemal früher entschieden sein als die Frage, wer sich beim WDR

„auf die zum 1. Mai 2014 frei werdenden und bisher mit jeweils 205.000 Euro pro Jahr dotierten Direktorenstellen für Fernsehen und Hörfunk“

freuen darf. Darum geht es in Hans Hoffs SZ-Medienseitenaufmacher.

„Der neue WDR-Intendant Tom Buhrow steht vor seiner ersten wichtigen Personalentscheidung“,

meint der WDR-Fachmann der SZ, und kompliziert wird diese Entscheidung dadurch, dass einerseits die beiden Topkandidaten für die Stellen Männer sind (Jörg Schönenborn, der aktuell an dieser Zahlenfront zugange ist, für die beim Fernsehen, Jochen Rausch für die beim Hörfunk), andererseits aber auch viel dafür spricht, einen der Spitzenposten mit einer Frau zu besetzen. Noch komplizierter wird das Ganze dadurch, dass die im Prinzip beste Variante der Option Schönenborn plus eine Frau auf dem Hörfunkdirektorenposten irgendwie nicht hinhaut:

„Mit Jona Teichmann stünde im eigenen Hause eine auf den ersten Blick nicht ungeeignete Frau zur Wahl. Allerdings ist die Leiterin der Landesprogramme im Hörfunk ausgerechnet - mit Jörg Schönenborn verheiratet.“

[+++] Die WDR-Mitarbeiterin Sandra Maischberger gibt derweil ein weiteres Interview anlässlich des zehnjährigen Bestehens ihrer Talkshow „Menschen bei Masichberger“ (siehe auch Altpapier) und lässt dabei durchblicken, dass sie sich vorstellen könne,

am Vorabend (...) im Öffentlich-Rechtlichen ein Interviewformat (zu) etablieren (...)“.

Das Interview steht bei Spiegel Online, wo sich daraufhin folgender kurzer Wortwechsel entwickelt:

„Analog zu Thomas Gottschalks Versuch: ‚Maischberger live‘“?

„Auflaufend zur ‚Tagesschau‘ - natürlich. Wir würden vermutlich mit weniger Kosten auch keine schlechteren Quoten einfahren als vieles, was da zuletzt passierte.“

Das Gespräch klingt dann mit recht bombastischen Worten aus:

„Kann eine Sendung wie die Ihre der Aufklärung dienen?“

„Wenn wir keine aufklärerische Funktion haben, dann haben wir keine Daseinsberechtigung.“ 

[+++] Dass bei den Talkshows von Maischberger und Co. von einer „aufklärerischen Funktion“ generell eher nicht die Rede sein, ist die Position von Marion Kraske. Im Debattiersalon regt sie sich über die überraschungs- und manchmal auch teilweise sinnfreien Zusammensetzungen der Talkrunden auf - und besonders über die Omnipräsenz Alice Schwarzers. Sie sei

„im Geschäft der öffentlichen Meinungsschleuderei das exakte Gegenteil zu Angela Merkel im Bereich der Politik: Beide Damen dampfplaudern ohne Ende und werden dafür geliebt.“

Mit dem Unterschied, dass Schwarzer mit vielen Worten viel sagt und Merkel mit vielen Worten tendenziell das größtmögliche Gegenteil. Die Kritik, die Kraske an den Talkshows formuliert, ist im Prinzip nicht neu, aber ein paar Aspekte sind bemerkenswert:

„Ganz ähnlich wie bei den allabendlichen Filmproduktionen, bei denen immer und immer wieder die immer gleichen Akteure auftreten, als bestehe die Republik lediglich aus einer Handvoll Schauspielern, schwatzen so neben der immer gleichen Alice Schwarzer die immer gleichen Mitstreiter (...) Schuld an dieser unerträglichen Endlosschleife Alice sind die Redaktionen: Es hagelt Einladungen, ganz so, als gäbe es in den Karteikarten der Sender keine anderen weiblichen Köpfe (...)“

Interessant ist hier ein Detailfehler: Wie gut gefüllt die Karteikarten bei den Redakteuren der Sender sind, ist ja nicht entscheidend. Für die Einladungen in die Sendungen von Anne Will und Günther Jauch zuständig sind die Redakteure, die bei den Produktionsfirmen der beiden Talk-Gastgeber angestellt sind. Bei Will und Jauch gibt es jeweils zwölf Redakteure - hinzu kommt jeweils ein betreuender Redakteur beim NDR, dem (in diesen beiden Fällen) zuständigen Sender. Die öffentlich-rechtlichen Angestellten können natürlich eingreifen, wenn ihnen ein Gast nicht passt, aber das tun sie offenbar sehr, sehr selten. Bleibt zumindest zu hoffen, dass sie es künftig dann tun werden, wenn man mal wieder jemand meint, den auch bei Kraske erwähnten Arnulf Baring in der Sendung haben zu müssen.


[+++] Von Arnulf Baring zur Partei AfD überzuleiten, dürfte nicht völlig illegitim sein. Die Splittergruppe steht gerade im Zentrum eines bizarren Falschberichterstattungskomplexes, den der Bildblog - unter anderem mit Rückgriff auf einen Text aus der Nordausgabe der taz vom Donnerstag - aufdröselt. Es geht dabei um einen vermeintlichen „Messerangriff“ auf den AfD-Häuptling in Bremen, der den einen oder anderen Gruselmärchenonkel zu Höchstleistungen antrieb:

„In fast allen Artikeln ist von mindestens 20 teilweise vermummten Personen die Rede, von denen acht auf die Bühne gelangt seien“,

schreibt der Bildblog unter anderem. Diese Darstellungen konnten aber nur deshalb zustande kommen, weil die Polizei die Darstellung der Partei übernahmen und die Medien - was sie nicht selten tun - bei der Polizei abschrieben, ohne nachzurecherchieren:

„Auf einem Video, das noch am selben Tag bei Youtube auftauchte, spielt sich der Vorfall (...) ein bisschen anders ab. Darin ist zu sehen, wie lediglich zwei Männer auf die Bühne rennen und Bernd Lucke einfach nur umstoßen. Dann schmeißt einer der Männer etwas von der Bühne, danach liegt offenbar Pfefferspray in der Luft. Viele Medien verlinkten dieses Video, sie schienen sich aber nicht weiter daran zu stören, dass darauf etwas anderes zu sehen ist als das, was Polizei und AfD geschildert hatten.“

Wer die etwas unbeholfene Schubserei bzw. Umstoßerei sehen will: Hier geht es zum Video. Dass an der Berichterstattung sehr viel nicht stimmen kann, war zuerst dem Blog Totes Pferd aufgefallen.


ALTPAPIERKORB

+++ Über einen „überraschenden Aufstieg“ (wuv.de) darf sich ein Mann freuen, den Gruner + Jahr nicht mehr zu brauchen glaubte: Der in Hamburg gerade als Geschäftsführer der Verlagsgruppe Agenda (Stern etc.) ausgeschiedene Thomas Lindner wird Vorsitzender der Geschäftsführung der FAZ. Mit dem Karriere-Move des „gebürtigen Frankfurters“ (FAZ in eigener Sache) beschäftigt sich auch meedia.de.

+++ Aus dem Laden, für den Thomas Lindner nicht mehr arbeitet, ist laut dem Blog des Medienmagazins „Zapp“ das Gerücht zu vernehmen, „mehr als die Hälfte der rund 500 Millionen Euro“, die der Mutterkonzern Bertelsmann dort demnächst  „investieren will, für Abfindungen vorgesehen“ seien. Merken Sie sich schon einmal den nächsten Mittwoch vor, wenn das Altpapier analysieren wird, was die Große Vorsitzende Julia Jäkel am Dienstag bei einer G+J-Betriebsversammlung unter anderem dazu möglicherweise gesagt haben wird.

+++ Dass ein renommierter Redakteur einer renommierten Zeitung - in diesem Fall Andreas Burkert von der SZ - zum FC Bayern wechselt, und zwar auf die „neu geschaffene Position Leiter Medien und Kommunikation“ in der Basketball-Abteilung (meedia.de), kann man erstaunlich finden. Damit soll natürlich weder gegen den FC Bayern noch gegen die Sportart Basketball etwas gesagt werden. Andererseits: Es ist nicht der erste reputierte Sportjournalist, den der Klub verpflichtet; 2004 holte man Martin Hägele als „Leiter Internationale Beziehungen". 

+++ Um den Verkauf von Rupert Murdochs amerikanischen Regionalzeitungen an den Finanzinvestor Fortress (siehe Altpapier) sowie die Lage der hiesigen Blätter in diesem Segment („Entgegen vieler Unkenrufer gibt es gut gemachte Regionalzeitungen, die keine Leser verlieren. Deren Abo-Rückgang entspricht etwa der natürlichen Mortalitätsrate plus Wegzügler“) geht es in einem Interview, das der Tagesspiegel mit dem Medienwissenschaftler Michael Haller geführt hat.

+++ Nova wil anders als sein als die gängigen Frauenzeitschriften, allerdings „nicht kämpferisch“ - was, andererseits, wiederum nicht heißen soll, dass es sich um ein „unpolitisches“ Blatt handelt. Die taz stellt das Projekt aus Hamburg-Eimsbüttel vor.

+++ „Google darf Seiten, auf denen möglicherweise Persönlichkeitsrechtsverletzungen gegen bestimmte Personen zu lesen sind, in den Suchergebnissen anzeigen.“ So lautet die Quintessenz einer Entscheidung des mit medienrechtlichen Urteilen bisher nicht aufgefallenen Landgerichts Mönchengladbach, auf das Johannes Boie auf der SZ-Medienseite eingeht.

+++ Was anderes aus der weiten Feld Medien & Justiz: in der Funkkorrespondenz argumentieren der Phoenix-Programmgeschäftsführer Jürgen Bremer und Frank Überall, auf Medienrecht spezialisierter Honorarprofessor an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg, „ein striktes Verbot von TV-Kameras im Gerichtssaal“ sei „nicht mehr zeitgemäß“: Der bevorstehende 50. Jahrestag des ‚Aussperrungs-Paragraphen‘ für die elektronische Medienöffentlichkeit in deutschen Gerichten ist deshalb ein guter Anlass, über die Notwendigkeit und Angemessenheit dieser anachronistischen Vorschrift nachzudenken und sich zumindest Pilotprojekten zu öffnen.“

+++ Ebenfalls in der FK: Dieter Anschlag verteidigt das Format „Auf der Flucht“ (siehe Altpapier) gegen jene Kritiker, die vermeintlich nicht so genau hingesehen haben: „Man hat überhaupt niemals den Eindruck, dass die Flüchtlinge über diese sechs Flüchtlingsspurensucher empört sind. Nein, sie werden freundlich empfangen, weil ihnen die Fernsehmaschine Zeit widmet und Aufmerksamkeit. Und nichts ist schlimmer, als gar nicht gesehen zu werden, nichts ist schlimmer, als keine Lobby zu haben, nichts ist schlimmer, als gar nicht erzählt zu werden. Auch der Verdacht, hier werde mit der Würde der Flüchtlinge gespielt, ja, diese Würde werde verletzt, wurde nicht bestätigt, wenn man alle vier Folgen sah (...) Dass sich ein öffentlich-rechtlicher Sender an ein ‚privates’ Format herantraut, dieses dann aber mit einem Thema füllt, dem sich die Privatsender kaum so widmen würden, ist eine Produktionsleistung, die zeigt, dass das öffentlich-rechtliche Fernsehen auch mit Gewinn bei den Privaten abschauen kann, ohne die eigene Identität zu verlieren.

+++ Wie es gestern war bei der Verleihung des Deutschen Radiopreises und wer in den zehn Kategorien gewonnen hat, steht beispielsweise bei dwdl.de. Fans des linearen Fernsehens, die gestern bzw. heute Nacht die Aufzeichnung der Verleihungsshow in den Dritten Programmen des NDR, WDR, RBB, SWR, SR, MDR und HR verpasst haben, müssen nicht verzweifeln, denn am Sonntag zeigt der BR sie auch noch mal.

+++ Um die sehr große bzw. sehr viel ältere Schwester des Deutschen Radiopreises, den Deutschen Fernsehpreis, gibt es mal wieder sehr großen Zoff. Michael Hanfeld berichtet in der FAZ.

+++ Rauschhafte Dialoge verspricht die SZ (Seite 29) Zuschauern der aktuellen „Durch die Nacht“-Folge mit dem österreichischen Regisseuer Ulrich Seidl und dem bayerischen Urviech Sepp Bierbichler.

+++ „Mein Mann, ein Mörder“ (arte) ist, einerseits, nicht so doll, meint Joahcim Huber (Tagesspiegel). „(Regisseur) Lancelot von Naso schleift die 90 Minuten mit Schauplatz ‚gehobenes München‘ in ‚Look & Feel‘-Manier. Seine Inszenierung ist mehr elegant als effektiv, sie rundet gerne, wo Rauheit gefragt wäre. Böse gesagt: Seine Arbeit erinnert zuweilen an den ‚Alten‘ in einer XXL-Version.“ Aber: Ganz doll findet Huber, jedenfalls in diesem Fall, Veronica Ferres, die Hauptdarstellerin. Sie „rettet“ den Film, meint er. Ohne hier jetzt Debatten über die Qualitäten von Frau Ferres anfangen zu wollen: Schauspieler retten nie einen schlechten Film, ein schlechter Film bleibt ein schlechter Film; gegenteilige Äußerungen dieser Art sind nur - sehr beliebte - Notbehauptungen von Journalisten, die aus irgendwelchen Gründen meinen, ein kompletter Verriss sei den Lesern nicht zuzumuten.

Neues Altpapier gibt es wieder am Montag.

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