Wie es aussieht offenbar wohl Lanz

Wie es aussieht offenbar wohl Lanz

Wem ist die Info zu verdanken, dass Markus "Lanz in Sicht" sein soll für den seit einem Jahr heiß diskutierten "Wetten, dass...?"-Posten?  Außerdem: Könnte Springer nun doch noch Bild, BamS und Glotze vereinigen? Welche Medienmetropole sahnt den deutschen Twitter-Sitz ab?

Faustdicke Überraschung am Lerchenberg: Einer sämtliche Medienmedien rockenden, gestern zeitweise weit vorn ganz oben zu findenden Neuigkeit zufolge, soll nach langen Erörterungen und multipelsten Spekulationen nun also die x-te und x-beste Lösung, Markus Lanz, Thomas Gottschalks Nachfolger als "Wetten, dass...?"-Moderator werden. Interessant ist zumindest die Provenienz dieser Topnews.

Einerseits verbürgt der Spiegel den Gehalt der Info. "Nach Informationen des SPIEGEL ist es so gut wie sicher, dass der 42-Jährige das Format übernimmt", vermeldet Spiegel Online in derselben Meldung, in der es auch heißt, "nach SPIEGEL-Informationen erwog das ZDF auch ernsthaft das Engagement des Nachwuchs-Duos Klaas Heufer-Umlauf und Joko Winterscheidt", habe sich nach abgeschlossenen Erwägungen aber gegen die beiden entschieden.

Allerdings hat SPON-Redakteur Christian Buß (der dann auch noch einen meinungsstärkeren und pointengesättigteren, durch Formulierungen wie "der verhaltensunauffällige Fernseh-Allrounder" und Zwischenüberschriften wie "Zwischen Butterfahrt und Analverkehr" aufgepeppten separaten Text verfasste) seine Infos eher von der Nachrichtenagentur DAPD als von den Reportern des Sturmgeschützes der Demokratie. Das lässt sich der abschließenden Autorenzeile entnehmen.

Wer weiß also, vielleicht hält die Printredaktion des Spiegel die von ihren Redakteuren investigierten Infos noch zurück, um spätestens am Montag mit einer von (circa) acht Redakteuren verfassten (circa) 15-seitigen Lanz-Titelstory rauszukommen.

Außer der von SPON geadelten DAPD-Meldung zur Lanz-Scoop liegt aber auch eine weitverbreitete DPA-Meldung vor (z.B. hier nebenan, taz.de, sueddeutsche.de). Sie fasziniert durch gewisse Gewundenheit ("Lanz schafft es mittlerweile, die Boulevardpresse aus seinem Leben herauszuhalten. Die Trennung von seiner damaligen Lebensgefährtin Birgit Schrowange (53), die für RTL das Boulevardmagazin 'Extra' moderiert, wurde vor fünf Jahren von der Yellow Press heftig begleitet, auch die Heirat mit Angela Gessmann Mitte 2011 war ein Thema. Aber derzeit herrscht im Prinzip Ruhe. Noch..."). Und ihr zufolge sei die Aufdeckung der Personalie, andererseits, eher dem tradtionsreichen hanseatischen Spiegel-Rivalen Stern bzw. dessen Onlineausgabe zu verdanken. Deren Redakteur Carsten Heidböhmer publizierte sie gestern nachmittag, selbstredend nicht ohne "wohl" und "offenbar".

Auf stern.de geht auch die kursierende, von spiegel.de eher dementierte ("eine Co-Moderatorin wird es wohl nicht geben") Info zurück, Lanz bekomme Nazan Eckes als Co-Moderatorin zur Seite gestellt. Des weiteren gewährt die DPA, dritterseits, der Münchener Illustrierten Bunte einen Credit ("auch die 'Bunte' hatte am Vormittag den Namen erneut ins Spiel gebracht" - wobei unklar bleibt, ob jemals in den letzten Monaten jemand die "Wetten, dass...?"-Personalie zu strapazieren vermochte, ohne Lanz ins Spiel zu bringen).

Durch Fairness besticht die Aufbereitung der DPA-Meldung auf tagesspiegel.de:

"Wie es aussieht, wird die Show auch nicht im Frühjahr, sondern erst im Herbst auf den Sender gehen. Das sagten Intendant Markus Schächter, der noch bis zum 14. März im Amt ist, dem Berliner 'Tagesspiegel' und ein ZDF-Sprecher der Münchner 'Abendzeitung'".

Womit dieser Sprecher "etwas bestätigte, was [Programmdirektor Thomas] Bellut bereits im April des vergangenen Jahres gesagt hatte", fügt in der einzigen etwas distanzierten Betrachtung der Lanz-News in der Süddeutschen Christopher Keil hinzu.

[+++] Rührend jedenfalls, wie der Berliner Tagesspiegel auch die AZ aus dem fernen Bayern noch an den Ausläufern des Lanz-Recherche-Ruhms teilhaben lässt. Obwohl er selbst ein im unmittelbaren Vergleich dann doch enorm exklusives, jenseits des Vergleichs durchaus ein bisschen interessantes Exklusivinterview mit dem noch amtierenden ZDF-Intendanten Markus Schächter geführt hat. Anlass: Schächter amtiert nun noch genau für einen Monat, bevor Thomas Bellut übernimmt.

Die Startfrage "Herr Schächter, was ist schwieriger, 'Wetten, dass..?' wieder ins Programm zu heben oder 'Gottschalk live' doch noch zum Erfolg zu führen?" gibt den freundlichen Ton vor. Schächters erster Antwortsatz ("'Wetten, dass..?' hat einen starken Format-Markenkern. Auch bei einem Moderatorenwechsel bleibt die Strahlkraft der Marke. Das Format 'Gottschalk live' hat sich den Luxus geleistet, ohne klaren Formatkern zu starten...") lädt nicht unbedingt zum Weiterlesen ein, wenn man nicht in einer mit Marketing befassten Agentur arbeitet.

Aber die eine Stelle hat es in sich, an der Thomas Eckert und Joachim Huber Schächter auf gefährliches Glatteis zu führen versuchen. Es um die "harten Auflagen der KEF", der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs, für Personalabbau beim ZDF (vgl. Altpapier). Die Interviewer sagen eher als fragen: "Klingt widersinnig und, entschuldigen Sie den Ausdruck, dumm", worauf der noch gewieftere Fuchs Schächter aber lässigst ausweicht.

Ansonsten redet Schächtern gern grundsätzlich über Google, Apple und Facebook. Und bleibt in der Lanz-Frage bei der eisernen Weder-Bestätigen-noch-Dementieren-Linie seines Senders, die das News-Kursieren so schön anfeuert. Was sagen zwei weitere wichtige Stimmen zu Lanz?

"Lanz in Sicht" wortspielt die Bild-Zeitung aus dem Hause Axel Springer, die in den Info-Cocktail noch eine ganz eigene Exklusiv-Info hineinschüttet ("Nach BILD-Informationen wurden die Verträge noch nicht unterschrieben. Man befinde sich aber auf der Zielgeraden!") und ihren Gossenpoeten akklamieren lässt. Und in der gedruckten FAZ hat Michael Hanfeld seine gestrige Onlinemeldung auf einen Zwölfzeiler zusammengestrichen.

[+++] Und zwar, weil er in der einen Randspalte über zwei Drittel der Medienseite 35, die ihm für heute zum Glossieren zur Verfügung stand, lieber die härtere Medien-News des gestrigen Tages beglossiert: den späten Triumph des Hauses Axel Springer über die KEK, die Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich, die dem Konzern 2005/06 den Kauf der ProSiebenSat.1 AG untersagt hatte (siehe z.B. hier bei horizont.net).

Dieser Sieg "könnte für Springer ... Gold wert sein. Allen Beteuerungen zum Trotz, man habe dem Fernsehen abgeschworen, könnte es bei Pro Sieben Sat.1 nochmals heißen: Springer ante portas. Dann käme keine Kek dazwischen", schreibt Hanfeld.

[listbox:title=Artikel des Tages[SZ über die Lanz-News-Verbreitung##SPON meinungsfroh über Lanz##Tsp.-Exklusivinterview mit Noch-Intendant Schächter]]

"Für Springer ist es ein später Triumph, was sich konkret damit anfangen lässt, ist weniger klar", würde freilich Claudia Tieschky im Artikel der Süddeutschen (S. 15, derzeit nicht frei online) dazu sagen: "Ein erneutes Bieten um die Pro-Sieben-Gruppe ist unwahrscheinlich: Das Verbot der Wettbewerbsbehörde besteht ja weiter", denn nicht das Verbot der geplanten Fusion durch das Bundeskartellsamt (dessen derzeitigen Chef Andreas Mundt die SZ-Medienseite am Samstag interviewt hatte, wobei dieser sagte, er finde "diese Entscheidung nach wie vor richtig") wurde nun gekippt, sondern die eigenständige Berechnung einer "vorherrschenden Meinungsmacht" im Falle einer Springer-ProSiebenSat.1-Fusion durch die der damalige KEK.

Insofern sei das Urteil immerhin ein Ansporn für Medienwächter und Politiker, ein sinnvolleres Medienkonzentrationsrecht zu ersinnen:

"Doch die 2006 so widerständige KEK ist rasch nach dem Fusionsverbot umgestaltet worden; nun reden auch die Direktoren der Landesmedienanstalten mit. Zudem wollen die Länder das Medienkonzentrationsrecht erneuern. Denn was die KEK im Alleingang ausheckte und den Eindruck von Alchemie erweckte, waren Umrechnungsmodelle, die tatsächlich gebraucht werden. Klare Grenzen zwischen Rundfunk, Print und Internet gibt es so nicht mehr und der nächste Verkauf kommt bestimmt."


Altpapierkorb

+++ Hurra, die künftige deutsche Twitter-Zentrale kommt nach Hamburg. Also offenbar wohl, wie es zumindest in einem beinhart standortstrategischen Artikel aus den Hamburger Welt-Medien heißt: "Anfangs sollen es nur etwa zwölf Mitarbeiter sein, die für Twitter in Hamburg stationiert wären, wie zu hören war. Ähnlich wie im Facebook-Büro in Hamburg. Doch die Größe des neuen Büros dürfte für Hamburg zunächst nachrangig sein. Vielmehr dürfte die Signalwirkung...." gegenüber Berlin toll sein und mindestens wettmachen, dass Tesa-Film (kein Medienunternehmen, Klebestreifen) aus Hamburg ins Umland zieht. +++ "Gegenüber Handelsblatt Online sagte eine Twitter-Sprecherin am späten Mittwochabend jedoch, dass 'noch kein Standort bestimmt' worden sei und es auch noch keinen Zeitpunkt für eine Verkündung gebe. Damit können sich auch noch Berlin, Frankfurt, München und Köln Hoffnungen machen, die ebenfalls im Rennen sein sollen". Und sollte die Mitarbeiter ihrer Standortagenturen kräftig zum Zwitschern antreiben, um vielleicht den Ausschlag zu geben. +++

+++ Megametathema Facebook: Während bei meedia.de sich Stefan Winterbauer in gewohnter Launigkeit über deutsche "Facebook-Angsthasen" (ungefähr: Menschen, die nicht oder ungern bei Facebook sind) belustigte, ließ SPON Markus Lanz vom Nachrichtenplatz ganz oben auf der Startseiten rutschen, um dort über den "digitalen Lynchmob" von mehr 25.000 Menschen zu berichten, die der Facebook-Gruppe "Das saudische Volk will die Bestrafung von Hamsa Kaschgari" beigetreten sind. Und die also den virtuellen Daumen aufrichteten, um die Hinrichtung des saudi-arabischen Bloggers zu liken. +++

+++ Blicke nach Russland: Barbara Oertel berichtet in der TAZ über die Ausweisung der französischen Journalistin Anne Nivat. Kestin Holm berichtet in der FAZ vom medial modernen Wahlkampf ("Ins Fernsehen schickt Wladimir Putin nur Stellvertreter, im Internet ist er selbst dran"). +++

+++ Dauerthema Kika-Prozesse: Schnell ging's in dem gegen Fabian B., Chef einer ehemaligen Produktionsfirma, die an den Betrügereien mit beteiligt war. Er war zu zwei Jahren auf Bewährung verurteilt (Tsp.). +++

+++ Blicke ins kommende und laufende Fernsehprogramm: Ralf Mielke (Berliner Zeitung) wohnte der Vorstellung des neuen saarländischen "Tatort"-Kommissars Devid Striesow "am Rande der Berlinale" bei. +++ Und nimmt noch jemand "Unser Star für Baku" ernst? Jawohl, Jan Feddersen in der TAZ, und zwar ausführlich. +++

+++ Blicke ins gelaufene Programm: Gestern bei Anne Will trat unter anderem Michalis Pantelouris (print-wuergt.de) auf. Gesehen haben die Sendung faz.net, welt.de und ich (handelsblatt.com). +++

Neues Altpapier gibt's wieder am Freitag.
 

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