Es muss nicht immer Krieg sein: Dynamische Dynastien und Schwiegersöhne aus dem Bilderbuch: Schleckers, Guttenbergs, Kai Pflaume. Und die DuMonts.
Es geht auch anders.
"Von seinen Kindern, die an renommierten Business-Schools in Berlin und Barcelona studiert haben, hat der Vater in seinen Interviews oft berichtet. Sie arbeiteten fleißig mit, pflegte er zu sagen, aber hätten 'keine direkte Ressortzuständigkeit, weil sie als Generalisten geschult werden sollen'."
Die Passage stammt zur Abwechslung einmal nicht aus einem Archiv-Text über die Kölner Verlegerdynastie Neven DuMont, sondern aus der Gegenwart der Drogistendynastie Schlecker.
Von dort kann die FAZ noch aufmunternde Geschichten aus dem Familienunternehmertum erzählen: Der Schlecker-Nachwuchs steht nämlich für die Arbeit am Scrooge-Image der Kette. Es gebe neuerdings einen Pressesprecher, der mit der Presse auch spricht, heißt es.
Was das für den Nachwuchs heißt, bleibt allerdings noch unklar – weshalb sich der folgende Absatz in diesen Tagen nicht ohne einen gewissen Beigeschmack liest:
"Auch jetzt ist noch nicht klar, wie viel die Schlecker-Sprösslinge wirklich zu melden haben, ob sie auch offiziell Führungspositionen innehaben. 'Solche Fragen stellen sich doch bei einem Familienunternehmen nicht', sagt der Sprecher. Da redeten alle über alles."
Auf unsere Neven DuMonts gewendet ließe sich sagen: Solche Fragen stellen sich schon, gerade weil alle über alles reden. Die Kölner "Verlegerposse" (FTD) lebt von der selbst für "Verlegerpossen" ungewöhnlichen Dynamik, dass jede der sparsamen Äußerungen von der einen Seite (Patriarch) von der anderen in den zahllosen Kanälen der Mediengegenwart noch kommentiert werden kann.
Insofern ist noch offen, wann das Ende erreicht ist, das nun überall verkündet wird. "Neven sr. setzt Neven jr. als Herausgeber" ab, titelt die FTD – wobei lustiger und dem boulevardesken Anteilen der "Familiensaga", die Henning Peitsmeier auf der FAZ-Wirtschaftsseite als, äh, Travestie auf die Buddenbrooks zu lesen versucht, vermutlich nur die Schlagzeile "Neven sr. setzt Neven jr. als Neven ab" gewesen wäre.
Die vorerst letzte Reaktion (soweit zu überblicken) von Konstantin Neven DuMont auf die Abberufung von seinen Posten findet sich bei wuv.de – in der beliebten Form eines Interviews.
Interessant daran ist die Medienkritik, die Neven jr. en passant an der Macht des eigenen Hauses im Stammverbreitungsgebiet liefert als Erklärung für seine Äußerungen in Springers heißem Blatt:
"Und wo, außer in der 'Bild'-Zeitung, hätte ich mich denn äußern sollen; es gibt in Köln neben unserem Verlag ja keine anderen unabhängigen Tageszeitungen."
Wenn das Axel C. hätte noch erleben dürfen: Die "Bild" als letzter Ausweg in die Meinungsfreiheit. Das hört man doch gern in der Berliner Rudi-Dutschke-Straße Axel-Springer-Straße. Gerade in diesen Zeiten, da man so wenig hört über die in Iran festgenommenen Reporter des Hauses.
Zu diesem Thema hat sich Springer-Chef Mathias Döpfner übrigens auf einer Doppelseite in der Welt geäußert. Aber die TAZ ist unzufrieden: Weder werden Namen genannt, noch scheint es im engeren Sinne überhaupt um das Thema zu gehen.
"Geht es über Panzer vorm Reichstag und den 11. September stracks zum Kampf gegen den Islamismus... Um alles geht es in diesem Machwerk. Nur nicht um die beiden Journalisten. Die taugen Döpfner lediglich als Aufhänger für seinen Text. Der schließt damit, dass wir kämpfen müssen. 'Oder wir sind verloren.' Ja, genau."
„Wir sind so erzogen worden, dass man für das, was man für richtig hält, zur Not auch sterben können muss.“
Das ist ist jetzt schon nicht mehr O-Ton Döpfner, sondern O-Ton KTG (und im übrigen nur metaphorischer Kugelhagel auf den Helm von TAZ-Medien-Kriegsreporterin Silke Burmester). Zurück bei den vorbildlichen Kindern: Michael Hanfeld ist in seinem zweiten Text auf der heutigen FAZ-Medienseite ergriffen von der Familie Guttenberg, wie sie ein Fernsehportrait Eckhart Querner dargestellt hat.
"Diese Familie, das macht der Film klar, unterscheidet sich von anderen nicht dadurch, dass sie dem Adel zugehört, sondern durch ihren Gemeinschafts- und Verantwortungsgeist, weitergegeben von einer Generation zur nächsten."
Dass es hier tatsächlich nicht um billige Adelsaffirmation von bürgerlichen Subalternen geht, unterstreicht der dritte Hanfeld-Text am heutigen Tag: ein Interview mit Kai Pflaume.
[listbox:title=Die Artikel des Tages[Das Ende von "Konstantingate" (TSP)##Eine mögliche Verlängerung (wuv)##Mathias Döpfner im Krieg (TAZ)##Kai Pflaume in der ARD (FAZ)##]]
Das musste geführt werden, weil, absolute Hammernachricht, Pflaume jetzt den Jauch macht – also in den Schoß der Öffentlich-Rechtlichen wechselt, ohne sein bestselling Format im Privatfernsehen aufgeben zu müssen.
Das kann einen, wie Joachim Huber im Tagesspiegel, auch verdrießen:
"Die Nachwuchsprobleme (oder die Einfallslosigkeit) des Fernsehens bei der Show-Moderation müssen gewaltig sein, wenn Besetzungsfragen nur über ein Mehr an Sendungen für das vorhandene Personal gelöst werden können."
Auf die richtige Spur in Sachen Pflaume führt aber eher der Satz aus Christopher Keils SZ-Text:
"Treue zählte bisher auch für Pflaume."
Denn Michael Hanfeld gelingt es, Pflaume im Interview (ausführlich nur in der Printversion, Seite 33) als Person zu charakterisieren, die in dem von anständigen Konservativen eingeführten und von anständigen Konservativen zumeist verachteten Privatfernsehen reüssiert, aber anständig und konservativ geblieben ist. The secret? Erziehung!
"Wir haben neben der zwangsläufigen staatlichen Erziehung auch eine christliche, kirchliche bekommen, wir sind getauft und konfirmiert worden – das war schon eine gewisse Form der Auflehnung. Meine Eltern haben immer gesagt: Glaube an das, was du für das Richtige hältst, und tritt dafür ein."
Und wofür tritt der Filius ein?
"Ich will aber schönes Fernsehen machen und eines, dessen Mitwirkende danach auf die Straße treten können, ohne sich für irgendetwas schämen zu müssen."
Altpapierkorb
+++ Und was will Nicolas Sarkozy? Journalisten dissen! Nicht genug, dass in Redaktionen eingebrochen wird, Telefonate abgehört werden (TSP), jetzt nennt der französische Präsident die Vertreter der vierten Gewalt auch noch "Meine pädophilen Freunde". (SZ, NZZ) +++
+++ Medienseite des Tages ist heute übrigens die Seite 16 der FAZ, die zum Wirtschaftsbuch gehört. Da wird nicht nur eine verheerende Bilanz der jüngsten Versprecher des Regierungssprechers Steffen Seibert gezogen und, wie gesagt, über Neven DuMont in den Kategorien der Buddenbrooks nachgedacht, es gibt auch einen Bericht über den Ärger, den Sky hat: Bafin in the house! +++ Dass die Börsenaufsicht etwas zu beanstanden hat am Reich der Zahlen, das Premiere noch errichtet hat, ist auch FTD und HB zu entnehmen. +++
+++ Weitere Betrachtungen zur Google-Streetview-Verpixelung in der TAZ. +++ Beziehungsweise im Freitag zur Berichterstattung über die Google-Streetview-Verpixelung. +++ Gelinkt und unverpixelt: Günther Beckstein gibt einer österreichischen rechtsgerichteten Zeitung, die absurderweise nach Hermann Kants bekanntestem Roman "Die Aula" heißt, ein Interview, das er ihr nicht gegeben hätte (SZ). +++
+++ Im Fernsehen kommt die Zukunft: "2075 – Verbrannte Erde" (23.30 Uhr, ZDF). Doch außer dem Tagesspiegel kann dem keiner so recht was abgewinnen. "'Du kannst mich fressen, wenn du willst', sagt die Umweltaktivistin zum letzten Eisbär, 'es wäre mir eine Ehre.' Mahlzeit", scherzt Else Buschheuer in der SZ. +++ In der Berliner spottet Björn Wirth durch Nacherzählung: "Opa ist der gute Wein derweil nicht so gut bekommen, den alten Mann hat es über all dem Elend und der Not dahingerafft. Doch so ist das Leben, die Alten gehen, die Jungen kommen." +++
Neues Altpapier gibt's morgen wieder ab 9 Uhr.