Bundeskanzlerin Merkel warnt vor neuem Antisemitismus

Bundeskanzlerin Merkel warnt vor neuem Antisemitismus
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat vor neuem Antisemitismus in Deutschland gewarnt. Die Kanzlerin nahm den 65. Jahrestag des Kriegsende als Anlass für ihre mahnenden Worte.

Antisemitismus schon im Ansatz zu bekämpfen sei ein gesamtgesellschaftliches Thema, "auch wenn die übergroße Mehrheit der Menschen nicht antisemitisch denkt", sagte Merkel in einem Interview der "Süddeutschen Zeitung" (Samstagsausgabe) aus Anlass des 65. Jahrestages des Kriegsendes. Die Erinnerung an den Holocaust müsse wachgehalten werden.

Die Bundeskanzlerin wandte zugleich gegen jede Art von verkrampfter Sprache im Zusammenhang mit den Geschehnissen des Zweiten Weltkriegs und des Holocausts: "Was wir erreichen müssen, ist, dass verstanden wird, warum es für unser Selbstverständnis und unsere Zukunft unverzichtbar ist, wenn wir über den Nationalsozialismus und die Ermordung der Juden sprechen", so Merkel. "Niemand braucht dabei die Sorge zu haben: Finde ich die richtigen Worte? Wer diese Sorge hat, findet sie erst Recht nicht."

Sie werde "immer gegen Antisemitismus eintreten", sagte Merkel weiter, auch wenn das "meist zu Briefen mit Beschimpfungen ?Marionette der jüdischen Weltverschwörung? und anderes mehr", führe, was "trauriger Alltag in diesen Diskussionen" sei.

Zu Parallelen zwischen Antisemitismus und Islamophobie (von Feindseligkeit begleitete Angst vor dem Islam), die einige Intellektuelle in deutschen Feuilletons ziehen, sagte Merkel: "Davon halte ich nichts." Die Regierung versuche, durch mehr Anstrengungen für eine gelingende Integration Fremdheitsgefühle zu verringern und wegzukommen von der Fokussierung der Diskussion auf einen Konflikt der Religionen in Deutschland.

"Wir sollten uns keine Islamophobie aufdrängen lassen", sagte die Kanzlerin. "Wenn wir Religions- und Glaubensfreiheit richtig und ernst meinen, dann müssen sich gläubige Menschen ausdrücken können. Wir sollten uns darüber nicht beklagen, sondern uns selber fragen, wie viel Kraft jeder von uns in die Ausübung seiner Religion setzt und wie weit er bereit ist, dafür einzutreten. Zum Glauben gehören Toleranz und Bekenntnis."

epd