Milliarden für Griechenland - und wer kommt dann?

Milliarden für Griechenland - und wer kommt dann?
Bis zum 19. Mai bleibt noch Zeit - dann braucht Griechenland Geld. Viel Geld, das unter anderem auch Deutschland aufbringen soll. Doch Hellas könnte nicht der einzige Sanierungsfall bleiben.

Das Ringen um die Milliarden-Finanzhilfe für Griechenland geht in die entscheidende Phase. Die Bundesregierung will am Mittwoch in einem geheimen Abstimmungsgespräch das weitere Vorgehen in der Griechenland-Krise beraten. Zudem sind der Chef des Internationalen Währungsfonds (IWF), Dominique Strauss-Kahn, sowie der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Jean-Claude Trichet, zu Gesprächen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Wolfgang Schäuble (beide CDU) in Berlin.

Wie dringlich die Hilfe wird, das zeigte am Abend die Ratingagentur Standard & Poor's (S&P). Sie senkte ihr Rating für griechische Staatsanleihen auf ein Ramschniveau. Das Rating werde von bisher "BBB+" auf "BB+" reduziert, teilte S&P am Dienstag mit. Der Ausblick bleibe negativ. Die Herabstufung reflektiere die politischen, wirtschaftlichen und haushaltspolitischen Herausforderungen für die griechische Regierung, sagte der zuständige Analyst Marko Mrsnik.

In einer emotionalen Rede hatte Griechenlands Ministerpräsident Giorgos Papandreou seine Landsleute zum Zusammenhalt aufgerufen: "Griechenland geht durch eine der schwierigsten Phasen seiner Geschichte. Die Beschlüsse, die jetzt gefasst werden müssen, werden von schwerwiegender Bedeutung auch für die kommenden Generationen sein", sagte er in Athen.

Am 19. Mai muss Geld fließen

Das Finanzministerium in Berlin arbeitet unterdessen mit Hochdruck an einem Gesetzentwurf für die deutsche Beteiligung an den geplanten Milliardenhilfen. Am Wochenende will der IWF seine Gespräche über ein dreijähriges hartes Sparprogramm Griechenlands abschließen. Danach bewerten EZB und EU-Kommission die Ergebnisse der IWF-Mission. Es ist zu erwarten, dass Strauss-Kahn in Berlin über den Stand der Mission berichtet. An den Gesprächen von Schäuble mit dem IWF-Chef und Trichet sollen jeweils auch die Vorsitzenden der Bundestagsfraktionen teilnehmen.

Nach Angaben von EU-Währungskommissar Olli Rehn sollen die Verhandlungen in Athen über das Rettungspaket Anfang Mai abgeschlossen werden. Alle Euro-Staaten stünden hinter dem vereinbarten Hilfsplan. Die Euro-Länder wollen im ersten Jahr bis zu 30 Milliarden Euro Kredite geben, der IWF bis zu 15 Milliarden. Athen braucht bis spätestens 19. Mai an die neun Milliarden Euro, um Anleihen zu bedienen.

Nach der offiziellen Kabinettssitzung soll es am Mittwoch den Informationen aus Regierungskreisen zufolge ein Treffen unter Leitung Merkels geben. Teilnehmer des Gesprächs seien unter anderem Außenminister und FDP-Chef Guido Westerwelle, Schäuble und Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP). Die Bundesregierung steht bei ihren Entscheidungen unter dem Eindruck, dass eine Mehrheit der Deutschen eine finanzielle Unterstützung Griechenlands ablehnt. Westerwelle forderte Athen erneut auf zu zeigen, "dass es nachhaltig eine Konsolidierungspolitik betreibt".

Auch Österreich will hart bleiben

Unterstützung bekam Deutschland für sein hartes Drängen auf griechische Reformen von Österreich. Finanzminister Josef Pröll sagte der Nachrichtenagentur APA: "Es wird keinen Euro aus Österreich geben, solange die gesamte europäische Hilfe für Griechenland nicht steht und Griechenland nicht auf Punkt und Beistrich die Vorgaben des Währungsfonds und der Europäer erfüllt." Der CSU-Finanzpolitiker Hans Michelbach schlug eine internationale Gläubigerkonferenz zur Bewältigung der griechischen Finanzprobleme unter Einschluss der Finanzbranche vor. So könnten auch die Gläubigerbanken mit an den Tisch gebracht werden, um auf der Basis von Umschuldungen, Laufzeitverlängerungen und Forderungsverzichte ein langfristig tragfähiges Konzept zu erarbeiten. Grünen-Fraktionschefin Renate Künast forderte Merkel im "Hamburger Abendblatt" auf, die Bankenvorstände zum Rapport ins Kanzleramt vorzuladen.

SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier verlangt inzwischen eine Sondersitzung des Bundestages über die Finanzhilfen. In der "Passauer Neuen Presse" warnte er die Regierung davor, einen Gesetzentwurf durch das Parlament zu peitschen. "Innerhalb von drei Tagen wird das nicht gehen, wie die Regierung meint", sagte er. Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU) kritisierte die Haltung der SPD und warf ihr Heuchelei vor. Aber auch der finanzpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Volker Wissing, nannte es "unerlässlich", dass sich der Bundestag ausführlich mit den Hilfen beschäftigt.

Nach Griechenland scheint sich zudem der nächste Sanierungsfall anzubahnen. Die Ratingagentur Standard & Poor's hat ihr Kreditrating für Portugal gesenkt. Das Rating werde von "A+" auf "A-" reduziert, teilte S&P am Dienstag mit. Der Ausblick für das Rating bleibt negativ.

Portugal entwickelt sich zum Risiko

"Die Herabstufung um zwei Noten reflektiert die vergrößerten haushaltspolitischen Risiken", sagte der zuständige Länderanalyst Kai Stukenbrock. Der negative Ausblick signalisiere weitere Herabstufungen, falls die Konsolidierung nicht gelinge. Trotz der Reformen der portugiesischen Regierung im öffentlichen Sektor bleibe der Haushalt schwach, schrieb S&P. Die portugiesische Regierung müsse daher Sparmaßnahmen ergreifen, die über die bisher getroffenen Maßnahmen hinausgingen.

Zudem blieben die Aussichten für das Wirtschaftswachstum düster. Die portugiesische Wirtschaft werde im laufenden Jahr trotz der weltweiten Konjunkturerholung stagnieren. Auch das Wachstumspotenzial werde gering bleiben. Die Minderheitsregierung könnte zudem Schwierigkeiten haben, die angestrebten Reformen umzusetzen.

Portugal will sein Haushaltsdefizit von 9,4 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) im Jahr 2009 auf 8,5 Prozent im laufenden Jahr vermindern. Das Defizit liegt damit niedriger als im krisengeschüttelten Griechenland. Dort hatte es 2009 bei 13,6 Prozent gelegen. Die Risikoaufschläge für portugiesische Staatsanleihen sind nach Griechenland die höchsten im Euroraum. Die Rendite für portugiesischen Anleihen lag bei 5,519 Prozent. Entsprechende deutsche Anleihen rentierten mit lediglich 2,957 Prozent.

dpa