Das hat es noch nie zuvor in der europäischen Luftfahrt gegeben: Ein Vulkanausbruch legt nahezu den kompletten Flugverkehr über Nordeuropa lahm. Aktuell sind allein in Deutschland 13 Flughäfen gesperrt, darunter auch der größte deutsche Airport in Frankfurt am Main.
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Die Wolke mit der Vulkanasche breitet sich nach Angaben der Deutschen Flugsicherung (DFS) kraterförmig über Europa aus. "Die Geschwindigkeit der Wolke ist schwer abzuschätzen", sagt Kristina Kelek von der DFS. Rund alle sechs Stunden berechnen die Experten aus aktuellen Daten die weiteren Prognosen. Darauf stützt sich dann das Vorgehen der Flugsicherung. Aktuell sind in Deutschland folgende Airports gesperrt: Hamburg, Bremen, Hannover, Tegel und Schönefeld in Berlin, Münster/Osnabrück, Düsseldorf, Köln, Frankfurt, Leipzig, Erfurt, Dresden und Saarbrücken. Die Sperrung gilt bis auf weiteres. Wer sich auf die Internetseite des Flughafen Frankfurt klickt, erhält dort derzeit eine Notseite, die über die Schließung informiert. Am zweitgrößten Airport in München läuft der Flugverkehr noch, allerdings nicht in Richtund Norden. Über die Situation im Süden Deutschlands, den die Aschewolke gegen Abend erreichen sollte, könnten derzeit nur vage Prognosen getroffen werden.
Lange Schlangen in Hamburg
Am Flughafen Hamburg bildeten sich lange Warteschlangen. Annegret Bauer aus Hannover wollte mit ihrem Mann nach Palma fliegen und von dort aus auf Kreuzfahrt gehen. Doch am Morgen saßen sie auf dem Flughafen fest. "Wir sind etwas frustriert, aber nicht wütend. Das ist höhere Gewalt. Da kann man nichts machen", sagte sie. Ähnlich sah es Knut Erik Anderson aus Silkeborg in Dänemark. Der 72-Jährige wollte mit einer Seniorengruppe über Nürnberg nach Sizilien fliegen. "Das ist einfach Pech. Ich bin nicht sauer. Es macht keinen Sinn, sauer auf die Natur zu sein."
Auch anderen Ländern macht die Aschewolke zu schaffen. In Großbritannien wurde das Flugverbot derweil bis voraussichtlich Freitagabend ausgeweitet. Auch in weiten Teilen Frankreichs ging ebenso wie in Belgien, den Niederlanden und Skandinavien nichts mehr.
Einzig im Westen Irlands wurde der Luftraum wieder freigeben. Wie die irische Flugbehörde mitteilte, ist die Sperrung der Airports Shannon und Cork aufgehoben, weil sich die Aschewolke in Richtung Osten und Süden bewege. Der Flughafen in Dublin blieb vorerst gesperrt.
London bis 20 Uhr gesperrt
In Großbritannien müssen Passagiere dagegen länger ausharren: Die Behörden sperrten den Flugraum für den ganzen Tag bis voraussichtlich 20 Uhr MESZ. Die Situation habe sich nicht verbessert, hieß es. Nur Flüge zwischen Nordirland und den westlichen Schottischen Inseln und den schottischen Flughäfen Glasgow und Prestwick seien bis zum frühen Nachmittag im Einzelfall möglich.
In London Heathrow, der wichtigsten Drehscheibe des europäischen Flugverkehrs und einem der wichtigsten Flughäfen der Welt mit täglich 1.300 Flügen und 180.000 Passagieren, saßen schon am Donnerstag Zehntausende Passagiere fest. Die britische Gesundheitsbehörde hat Menschen mit Atemwegserkrankungen zur Vorsicht gemahnt. Die Aschepartikel könnten bei entsprechender Vorbelastung zu Irritationen führen. Schwere Schädigungen seien aber nicht zu erwarten.
In Frankreich war in der Nacht ein Großteil des Luftraums betroffen. Auch die beiden Pariser Großflughäfen Charles-de-Gaulle und Orly wurden ab 23.00 Uhr geschlossen. Landesweit sollen zudem 23 weitere Flughäfen nach Angaben des Amts für Flugsicherheit mindestens bis Freitag 14 Uhr geschlossen bleiben. Auch im Nordwesten Polens wurde am Abend der Luftraum gesperrt.
Asche gefährlich für Düsentriebwerke
Lavaasche ist gefährlich für Düsentriebwerke und die Außenhaut der Flieger. Außerdem ist die Sicht beeinträchtigt. Fluggesellschaften mussten schon am Donnerstag rund ein Viertel der täglich etwa 28.000 Verbindungen absagen, wie Eurocontrol mitteilte.
"Es ist das erste Mal in der europäischen Luftfahrtgeschichte, dass wir mit einem solchen Phänomen umgehen müssen", sagte einer der Leiter der Behörde. EU-Verkehrskommissar Siim Kallas nannte die Aschewolke "eine große Bedrohung für die Sicherheit der Luftfahrt".
Der Vulkan im Süden von Island stößt weiterhin eine große Wolke aus Lavaasche und Rauch in die Atmosphäre. Wie das Außenministerium in Reykjavik in der Nacht zum Freitag mitteilte, konnten fast alle der 800 Betroffenen Bewohner des Gebiets wieder in ihrer Häuser zurückkehren. Die Gefahr akuter Überschwemmungen durch geschmolzenes Gletschereis sei vorerst gebannt.
Britische Behörden raten zur Vorsicht
Angesichts der Asche-Wolke vom isländischen Gletscher-Vulkan Eyjafjalla hat die britische Gesundheitsbehörde Menschen mit Atemwegserkrankungen zur Vorsicht gemahnt. Schwere Schädigungen seien nicht zu erwarten. Die Aschepartikel könnten bei entsprechender Vorbelastung aber zu Irritationen führen, hieß es in einer am späten Donnerstagabend veröffentlichen Mitteilung der Behörde. Menschen mit Asthma oder chronischer Bronchitis sollten deshalb Inhalatoren oder Medikamente mit sich führen und bei Symptomen wie Augenreizungen, laufender Nase, Halsweh oder trockenem Husten "ihre Aktivitäten im Freien einschränken".
Die absinkenden Aschepartikel, die auch geringe Mengen Schwefeldioxid enthalten können, würden in der Nacht zunächst in Schottland niedergehen und bis Freitagmorgen dann auch in südlicheren Teilen Großbritanniens den Boden erreichen, hieß es. Nach Angaben des Meteorologischen Dienstes dürfte die Menge aber so gering sein, dass man die Asche kaum sehen könne.