Verbände kritisieren Führungszeugnisse für Lehrer

Verbände kritisieren Führungszeugnisse für Lehrer
Mehrere Bundesländer wollen Lehrern zum Schutz der Schüler vor Missbrauch ein erweitertes polizeiliches Führungszeugnis abverlangen - und stoßen damit auf Kritik. "Damit erreicht man keine höhere Sicherheit", kritisierte der Geschäftsführer des Niedersächsischen Philologenverbandes, Roland Neßler, in der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Er trete nachdrücklich dafür ein, dass jeglicher Missbrauch in aller Form geahndet werde. "Aber ich bin gegen Maßnahmen, die mehr der politischen Opportunität geschuldet sind", sagte Neßler.

Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen stehen mit ihrem Vorstoß für eine schärfere Kontrolle von angehenden Lehrern zum Vorbeugen von Kindesmissbrauch derzeit fast allein da. Laut einer dpa-Umfrage vom Freitag will außer ihnen vorerst nur Sachsen von Bewerbern ein erweitertes polizeiliches Führungszeugnis fordern. Die Mehrheit der Länder will dagegen ihre Einstellungspraxis beibehalten. Kritik kam von Berufsverbänden wie dem Deutschen Lehrerverband, der von politischem "Aktionismus" sprach.

Das NRW-Schulministerium hat die Einstellungsbehörden angewiesen, ab Anfang Mai von Bewerbern ein erweitertes Führungszeugnis zu verlangen. In diesem werden auch geringfügige Strafen wegen Sexualdelikten wie Besitz von Kinderpornografie vermerkt. Voraussichtlich ebenfalls im Mai soll eine entsprechende Regelung in Sachsen in Kraft treten. Niedersachsen will bis Ende Mai nachziehen.

Saarland schließt Änderung aus

Die niedersächsische Kultusministerin Elisabeth Heister-Neumann (CDU) verwahrte sich zugleich dagegen, eine Berufsgruppe unter Generalverdacht stellen zu wollen. Es sollten alle Menschen in den Blick genommen werden, die mit Kindern zu tun haben. "Natürlich würde ich mir wünschen, dass auch alle anderen Bundesländer eine solche Regelung einführen", sagte Heister-Neumann. Schließlich wechselten Lehrer auch manchmal ihren Arbeitsplatz in ein anderes Bundesland.

Im Saarland wird der dpa-Umfrage zufolge eine Änderung ausgeschlossen. Dies sei niemals erwogen worden, sagte ein Sprecher des Bildungsministeriums. Auch Sachsen-Anhalt sieht derzeit keinen Grund für eine Verschärfung. Alle neu eingestellten Lehrer würden ohnehin verbeamtet und dabei werde "genau hingesehen", erklärte eine Sprecherin des Kultusministeriums. Auch in Schleswig-Holstein und Hessen soll vorerst alles beim Alten bleiben. "In Brandenburg wird das bislang nicht diskutiert", sagte ein Sprecher des Bildungsministeriums. Man werde sich des Themas aber nicht verschließen.

Mehrere Bundesländer haben noch keine Entscheidung getroffen. "Das muss wohl überlegt werden", sagte Baden-Württembergs Kultusministerin Marion Schick (CDU). "Mir ist wichtig, dass wir kein generelles Misstrauensklima gegenüber Menschen erzeugen, die im Bereich Kinder- und Jugendarbeit tätig sind." Sie will sich zunächst mit den Lehrerverbänden abstimmen.

Maßnahme riecht nach Aktionismus

Skeptisch zeigte sich der Deutsche Lehrerverband. Zwar könne grundsätzlich kein angehender Pädagoge etwas dagegen haben, wenn von ihm ein erweitertes Führungszeugnis verlangt werde, sagte Verbands- Präsident Josef Kraus. "Aber diese Maßnahme riecht ein wenig nach Aktionismus." In "Handelsblatt Online" sagte Kraus: "Wichtiger erscheint es mir, dass die Verbreitung von Kinderpornografie strafrechtlich so streng behandelt wird, dass ein entsprechender Verstoß auch in einem normalen Führungszeugnis auftaucht."

Ähnlich argumentierte der Niedersächsische Philologenverband. "Damit erreicht man keine höhere Sicherheit", kritisierte der Geschäftsführer Roland Neßler in der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Er trete nachdrücklich dafür ein, dass jeglicher Missbrauch in aller Form geahndet werde. "Aber ich bin gegen Maßnahmen, die mehr der politischen Opportunität geschuldet sind."

Das erweiterte polizeiliche Führungszeugnis wurde durch eine Änderung des Bundeszentralregistergesetzes eingeführt. Zuvor wurden im Bundeszentralregister nur Strafen verzeichnet, wenn der Betroffene zu mehr als 90 Tagessätzen oder zu mehr als drei Monaten Gefängnis verurteilt worden ist.

dpa