Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) hat mit seinen Vorschlägen für eine bessere medizinische Versorgung auf dem Land viel Kritik geerntet. Bedenken äußerten vor allem Politiker und Ärztevertreter. Rösler selbst verteidigte seine Überlegungen: Die Menschen beurteilten eine gute Gesundheitspolitik vor allem danach, wo sie einen Arzt fänden und wie lange sie auf einen Termin warten müssten, sagte Rösler am Mittwoch im ZDF-"Morgenmagazin".
"Geld allein wird das Problem nicht lösen", sagte Rösler zu Forderungen nach einer besseren Bezahlung von Ärzten auf dem Land. Entscheidend sei ein Bündel von Maßnahmen, etwa ein Ende der Zugangsbeschränkung (Numerus Clausus) zum Medizinstudium und mehr Studienplätze. Der FDP-Politiker will zudem eine bestimmte Quote von Studienplätzen für jene angehenden Mediziner reservieren, die sich bereiterklären, anschließend auf dem Land zu praktizieren.
Mehr Geld für Hausärzte
Als Vorbild nannte Rösler das Engagement in Nordrhein-Westfalen, wo trotz angespannter Haushaltslage 100 zusätzliche Medizin-Studienplätze geschaffen worden sein. "Das ist eine enorme Anstrengung", sagte Rösler. Im Schnitt kostet ein Medizin- Studienplatz rund 250.000 Euro.
Der SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach kritisierte in der "Passauer Neuen Presse": "Wenn der Facharzt in der Stadt mehr verdient als der Hausarzt auf dem Land, nutzen auch neue Auswahlverfahren und Quoten nichts." Wichtiger sei es, die Hausärzte besser zu bezahlen und die Zahl der Studienplätze zu erhöhen.
Der niedersächsische Wissenschaftsminister Lutz Stratmann (CDU) sieht die vorgeschlagene Landarzt-Quote kritisch. "Man muss Zweifel anmelden, ob das verfassungsrechtlich konform durchzusetzen ist, es gibt ja das Recht der freien Berufswahl", sagte ein Sprecher des Ministers. Der "Financial Times Deutschland" hatte Stratmann zuvor gesagt: "Quoten helfen uns überhaupt nicht weiter". Das Problem seien die Arbeitsbedingungen. "Wenn alle Absolventen eines Medizinstudiums hinterher auch den Beruf ergreifen würden, hätten wir keinen Ärztemangel, nicht einmal einen Landärztemangel."
Arbeitsbedingungen verbessern
Der Vizepräsident der Bundesärztekammer, Frank Ulrich Montgomery, nannte Röslers Vorschlag zwar "vernünftig", hält ihn aber ebenfalls nicht für ausreichend. Er forderte in den "Ruhr Nachrichten" die Kommunen auf, die Arbeitsbedingungen für Landärzte zu verbessern. "Die Gemeinden müssen auch die Infrastruktur schaffen, damit ein Arzt abwechselnd in verschiedenen Dörfern Sprechstunden abhalten kann." Auch die Zusammenarbeit zwischen Praxen und Krankenhäusern sei verbesserungswürdig.
Für eine finanzielle Stärkung der Allgemeinmedizin sprach sich der Chef des Hausärzteverbandes, Ulrich Weigeldt, aus. Es sei zu bezweifeln, dass ein erleichterter Zugang zum Medizinstudium geeignet ist, beim Landarztmangel eine "Trendumkehr zu bewirken", sagte er am Mittwoch in Berlin. Notwendig sei, auch über die Förderung angehender Mediziner zu reden. Immer mehr ausgelernte Ärzte gingen zudem lieber zu Behörden, Krankenkassen und in die Industrie, beklagte er in der "Frankfurter Rundschau" (Mittwoch).
Die Vorsitzende des Bundestags-Bildungsausschusses, Ulla Burchardt (SPD), sprach sich für die Abschaffung des Numerus Clausus für alle Studiendisziplinen aus - nicht nur für medizinische Studiengänge. "Wir brauchen mehr Ärzte, wir brauchen aber auch mehr Fachkräfte in vielen anderen Mangelbereichen", sagte Burchardt der Deutschen Presse-Agentur.