Missbrauchs-Hotline wird stärker genutzt als erwartet

Missbrauchs-Hotline wird stärker genutzt als erwartet
Bei der kürzlich freigeschalteten Hotline der katholischen Kirche für Opfer von sexuellem Missbrauch melden sich weit mehr Menschen, als von den Organisatoren erwartet worden war.

Vor der Osterpause seien von Dienstag bis Donnerstag vergangener Woche 13.293 Anrufversuche von 2670 Anschlüssen registriert worden, sagte der zuständige Sprecher des Bistums Trier, Stephan Kronenburg. "Mit einer derart großen Resonanz hatten wir nicht gerechnet." Nach seinen Angaben konnten die Berater bislang erst etwa 18 Prozent der Anfragen beantworten.

Unterdessen geht die innerkirchliche Diskussion um die Aufarbeitung der Skandale weiter. Dabei sollten die Katholiken in Deutschland nach Ansicht von Alois Glück, des Präsidenten des Zentralkomitees der Katholiken, "nicht zu viel Romfixierung haben". In einem Interview mit dem Radiosender NDR Info sagte Glück am Dienstag, es gehe "jetzt nicht darum, dass die deutsche Situation in Rom weiter gelöst wird und vorangetrieben wird, sondern dass wir dies in Deutschland tun". Papst Benedikt XVI. teile und unterstütze die Vorgehensweise der deutschen Bischöfe.

"Geschwätz des Augenblicks"

Zur weltweit übertragenen Äußerung von Kardinal Angelo Sodano während der Osterzeremonie im Vatikan, das Volk Gottes lasse sich "nicht vom Geschwätz des Augenblicks beeindrucken", äußerte sich Glück vorsichtig distanziert. Der Papst lasse keinen Zweifel an seiner eigenen Position, sagte Glück. "Ob nun andere in der Weltkirche dabei immer klug argumentieren, ist eine andere Frage."

Die Missbrauchs-Hotline mit der Nummer 0800 - 1 20 10 00 war am Dienstag vergangener Woche (30. März) freigeschaltet worden. Die Anruferzahlen bei der Hotline zeigen den Verantwortlichen nach Kronenburgs Worten "die Dimension des Problems". Die Berater hätten in den ersten drei Tagen 394 Telefongespräche geführt und in 91 weiteren Fällen online beraten. In erster Linie meldeten sich Opfer oder Angehörige von Opfern. "Das Angebot wird im Wesentlichen von denen wahrgenommen, für die es gedacht ist." Anrufer, die nicht sofort durchkommen, können ihre Nummer für einen Rückruf hinterlassen. Im Internet finden sich die entsprechenden Informationen unter www.hilfe-missbrauch.de.

Fließende Grenzen

Auffallend sei, dass für die Hilfesuchenden bei der Hotline nicht nur Missbrauch durch kirchliche Mitarbeiter eine Rolle spiele, sondern auch Misshandlung, sagte Kronenburg. "Aber da sind die Grenzen ja fließend." Wenn etwa ein Schüler mit einem Stock auf den nackten Po geschlagen worden sei, stelle sich auch die Frage, wo der sexuelle Missbrauch beginne. Im Wesentlichen würden Fälle aus den 1960er oder 1970er Jahren geschildert. Betreut wird die Hotline im Auftrag der Deutschen Bischofskonferenz von der Lebensberatung des Bistums Trier, die dafür geschulte Berater und Therapeuten einsetzt. Der Sprecher wies auch darauf hin, dass es schon länger eine gesonderte Hotline für ehemalige Heimkinder gibt (Telefon 01804 - 100 400).

Die Laienorganisation im Bistum Augsburg hat unterdessen eine klare Aufklärung der Misshandlungsvorwürfe gegen Bischof Walter Mixa gefordert. "Ein Totschweigen oder Vertuschen in diesen Fällen nützt gar nichts", sagte der Vorsitzende des Diözesanrates, Helmut Mangold. Er regte an, die vorliegenden eidesstattlichen Erklärungen möglicher Opfer zu überprüfen. "Das ist auch wichtig, um die Unschuld des Bischofs zu beweisen", sagte Mangold. Der Diözesanrat ist das Gremium der nicht von Priestern geführten katholischen Verbände und Organisationen des Bistums.

dpa