Meine Woche vom 22. bis 26. März
Montag
Das wird eine gute Woche. Ich muss gar nicht nach Köln fahren, weil die Kinder beim Vater sind. Ich kann bis Freitag in Frankfurt bleiben, und es soll endlich über zehn Grad warm werden. Pünktlich zum Frühjahrsbeginn ein Geschenk am Bahnhof in Köln-Deutz: Endlich werden die Zelte hinterm Bahnhof abgebaut, in denen Gunter von Hagens seine eklige "Körperwelten"-Ausstellung aufgebaut hatte. Zwischen Abstellgleis und Polizeipräsidium. Jeden Morgen habe ich mich geärgert über die "Herzenssache", wie das Gruselkabinett heißt. Wie zynisch. Und mein kleiner Sohn hatte schon beim Anblick des Plakates mit den starrenden Leichen furchtbare Angst, es hing nämlich überall in Köln. Eines hat er eigenhändig abgerissen, ich hab's ihm erlaubt. War mir eine Herzensangelegenheit.
Dienstag
Nicht immer ist das Leben so, wie sich das moderne Familien vorstellen. Eine Woche Köln, eine Woche Frankfurt, aber dummerweise ist mitten in der Frankfurt-Woche ein Elternabend in Köln, und der Vater hat keine Zeit. Also doch wieder in den ICE, ab nach Köln, mit dem Bahnrad zur Schule. Auch daran merkt die Pendlerin, dass Frühling geworden ist: Die Bahnräder sind seit dem Wochenende wieder in der Stadt. In der Schule soll heute abend eine Aktion "Eltern helfen Eltern" gestartet werden, aber erst mal gibt es einen Vortrag eines Coaches, der uns Eltern und Lehrer auf eine "gemeinsame Reise" mitnehmen will. Ich bin heute schon genug gereist, ich bin ungeduldig. Was ist geplant, wer hilft wem und wann geht's los? Je weiter die Anreise, desto höher die Ansprüche an einen gelungenen Abend. Ich fürchte, darunter leidet nicht nur die Referentin an diesem Abend, damit nerve ich wahrscheinlich meine Umgebung, seit ich zwischen den Städten pendle: Hallo, jetzt bin ich extra gekommen, jetzt muss hier aber auch was passieren!
Mittwoch
Es ist dann nicht mehr viel passiert an dem Abend, und das ist ja auch ok, denn nur ich bin so wahnsinnig, zu einem Elternabend mit dem ICE zu fahren. Die anderen Eltern kamen mit dem Rad aus dem Viertel und haben den Vortrag vor allem deshalb ertragen, weil es anschließend Kölsch und Rotwein gab im "Pädagogischen Zentrum". Heute lese ich im neuen "Stern", das sei das Karrierehindernis Nummer eins für Frauen: dass sie immer die Termine wahrnehmen, die sich nicht verschieben lassen: Elternabend, Kinder von der Schule abholen. Wogegen Männer gern Jobs machen, die man nach Feierabend machen kann: Autowaschen, Rotwein besorgen. Ich finde, das stimmt schon lange nicht mehr. Bei unseren Elternabenden sind längst mehr Väter als Mütter. Der einzige Unterschied zwischen mir und den Vätern: Die haben echt noch lange Kölsch und Rotwein getrunken nach dem Vortrag. Und ich bin todmüde ins Bett gefallen.
Donnerstag
Pressekonferenz von Bahn-Chef Grube: Künftig werde es bei der Bahn nur noch um eines gehen: Kunde, Kunde und nochmals Kunde. Kunde? Das bin ja ich, und ich möchte zart daran erinnern: Kunde, Kunde und Kunde hätten bald gern wieder einen, zwei, nein, drei Plätze in der Bahn. Denn seit Wochen ist der Schlüssel Kunde zu Platz circa drei zu eins.
Freitag
Schreck am Morgen: die Zelte sind wieder da. Diesmal in Frankfurt. Die Körperwelten-Ausstellung ist nach Offenbach gezogen. Das ist ja toll, dass meine Kinder in Köln sind, der Elternabend auch, aber Gunther von Hagens pendelt mit mir nach Frankfurt. Igitt. Zeit für Urlaub, ich fahre nächste Woche mit meinen Kindern in Ferien. Herzenssache. Frohe Ostern!
Über die Autorin:
Ursula Ott, 45, ist stellvertretende Chefredakteurin von chrismon, Chefredakteurin von evangelisch.de, Mutter von zwei Kindern und pendelt täglich zwischen Köln und Frankfurt. www.ursulaott.de.
Neu im Buchhandel: Ursula Ott: "JA TOLL - Geschichten, die immer nur mir passieren", erhältlich im chrismon-shop!
Welche Erlebnisse haben Sie mit dem Pendeln? Diskutieren Sie mit in unserer Community!