Zur Einweihung der damaligen Stadtkirche Bad Godesbergs war der nach dem Vorbild des dänischen Bildhauers Berthel Thorwaldsen gefertigte kniende Engel 1880 gestiftet worden. Bis 1956 versah er bei Generationen seine Taufdienste. Dann geriet das eine Taufschale darbietende, fast menschengroße Wesen auf den Sperrmüll: Es entsprach, wie bundesweit andere Exemplare, nicht mehr dem protestantischen Zeitgeist.
Da nahm sich ein Ehepaar des Engels an, stellte ihn erst in den Garten und dann aufs Familiengrab. Dort nahm die wertvolle Terrakottaskulptur jedoch Schaden. Nach ihrer Odyssee landete sie schließlich mit Genehmigung des Besitzers, der Erlösergemeinde, 2005 im Atelier von Bärbel und Richard Grebert. Das Paar stellte den Engel unter Anleitung von Diplomrestaurator Gereon Lindlar unentgeltlich wieder her. Nebst Helfern und schwerer Fracht stehen die Greberts nun an diesem Morgen vor dem Kirchenportal.
Bis Ostern Resonanz der Gemeinde
Wie ein rohes Ei wird der Engelskoloss auf einem Hubwagen ganz vorsichtig durchs Kirchenschiff gehievt. Er soll nun im linken Eck, und das heißt dann doch ein paar Meter entfernt von seinem ursprünglichen Standort im Altarraum, Platz bekommen. Und zwar probeweise. Bis Ostern erwartet das Presbyterium die Resonanz der Gemeinde.
Die auf evangelische Taufengel spezialisierte Kunsthistorikerin Brigitte Becker-Carus jedenfalls ist hoch erfreut über die Rückkehr des kostbaren Taufgeräts. Die Verbindung Taufe und Engel habe eine sehr lange kirchengeschichtliche Tradition, die bis ins Mittelalter zurückgehe, erklärt die westfälische Wissenschaftlerin. Dieser Engel verkünde die Taufbotschaft und trage in den Händen eine mit Wasser gefüllte Muschel, in der christlichen Ikonographie das Sinnbild der Empfängnis göttlicher Gnade. Genau das werde auch heute wieder bildhaft.
Nicht nur kunsthistorischer Wert
Der Taufengel gehöre zu den Prinzipalstücken einer evangelischen Kirche wie Altar und Taufstein. War der Taufort, in welcher Form auch immer, mittig vor dem Altar, verband er Wort und Sakrament zu einer sichtbaren Einheit, so Becker-Carus. Somit habe die Skulptur nicht nur kunsthistorischen Wert, sondern sei als Taufgerät zutiefst im protestantischen Geist verwurzelt.
Noch ein paar Millimeter, und der altweiß schimmernde Engel kniet wieder auf seinem Podest in seiner Kirche. Die ehrenamtliche Gruppe atmet tief durch. Als wertvolles und für den Protestantismus des 19. Jahrhundert typisches Denkmal stuft auch Diplomrestaurator Lindlar den Rückkehrer ein. Und was meint er, wie die Gemeinde reagieren wird? „Ich wette, dass die Menschen den Engel wiederhaben wollen.“