Käßmann fliegt ohne Guttenberg nach Afghanistan

Käßmann fliegt ohne Guttenberg nach Afghanistan
Die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Margot Käßmann, will nicht gemeinsam mit Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) nach Afghanistan fliegen. Außerdem hält sie die geplanten Steuersenkungen für kritisch, weil dadurch der Kirche, insbesondere den Einrichtungen der Diakonie, massive Einbußen bevorstehen.

 "Ich werde auf jeden Fall nicht mit dem Minister fliegen, sondern mit unserem EKD-Militärbischof", sagte Käßmann der in Hannover erscheinenden "Neuen Presse". Käßmann und zu Guttenberg hatten die Reise bei einem Treffen Mitte Januar vereinbart. Ihr sei wichtig, "dass ganz deutlich wird, ich mache eine Reise als Seelsorgerin und keine organisierte Reise der Bundesregierung". Ein Termin steht Käßmann zufolge noch nicht fest.

Mit Herrn zu Guttenberg habe das aber nichts zu tun, ergänzte die Ratsvorsitzende, die auch hannoversche Landesbischöfin ist. "Der hat sehr gut verstanden, worum es mir geht, ich habe ihn als sehr nachdenklichen Politiker wahrgenommen."

Gottesdienst mit Soldaten steht auf dem Programm

Zum Jahreswechsel hatte Käßmann in verschiedenen Interviews und Predigten Kritik am Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr geübt und einen Vorrang des Zivilen vor militärischer Gewalt verlangt. Besondere Kritik erntete sie für ihre Neujahrspredigt in der Dresdner Frauenkirche. Im Gespräch mit Verteidigungsminister zu Guttenberg vereinbarten beide daraufhin einen gemeinsamen Truppenbesuch am Hindukusch, bei dem Käßmann einen Gottesdienst mit den deutschen Soldaten feiern will.

Weiterhin kritisierte Käßmann die geplante Steuerreform der Bundesregierung. Sie könne die evangelische Kirche teuer zu stehen kommen, sagte Käßmann der "Neuen Presse". Im vergangenen Jahr hätten die evangelischen Kirchen in Deutschland Steuern in Höhe von rund 4,6 Milliarden Euro eingenommen. "Wenn die Pläne so verwirklicht werden wie derzeit angekündigt, würden uns möglicherweise 500 Millionen Euro wegbrechen, also deutlich mehr als zehn Prozent."

Keine Steuersenkungen - um der Bedürftigen willen

Die Kirche wolle weiter Tariflöhne zahlen und betriebsbedingte Kündigungen vermeiden, betonte die Ratsvorsitzende und hannoversche Landesbischöfin. Wenn diese Steuerreform käme, gerieten manche Arbeitsbereiche in arge Bedrängnis. "Viele unserer Einrichtungen arbeiten ohnehin schon an der Grenze zur Insolvenz." Der Deutschen Presse-Agentur dpa sagte Käßmann: "Da 86 Prozent aller unserer Einnahmen in Personal umgesetzt werden, haben wir da erhebliche Befürchtungen. Wir können nicht anders sparen als in Stellen."

Käßmann forderte die schwarz-gelbe Koalition in Berlin zu einem Kurswechsel auf. "Wir appellieren an die Bundesregierung, auf die Steuersenkungen zu verzichten. Nicht nur unseretwegen - sondern wegen der Menschen, die unsere sozialen Einrichtungen dringend brauchen." Die Haupteinnahmequelle der EKD ist die Kirchensteuer, deren Volumen direkt von der Einkommersteuer abhängt. Vor allem die FDP fordert weitere Steuersenkungen und will bis April einen Plan für eine Steuerreform vorlegen.

Eine Erhöhung der Kirchensteuer schloss die EKD-Ratsvorsitzende allerdings auch aus: "Ich bin dankbar für jeden Menschen, der als Mitglied diesen Beitrag leistet, diese Bereitschaft darf nicht überstrapaziert werden."

epd/dpa