Im Streit um Kündigungsfristen in Deutschland hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) jungen Arbeitnehmern den Rücken gestärkt. Das deutsche Arbeitsrecht verstoße in Teilen gegen das Verbot der Altersdiskriminierung, stellte das Luxemburger Gericht am Dienstag in einem Urteil fest. Konkret ging es um eine Regelung, laut der sich die Kündigungsfrist mit der Dauer der Arbeitsverhältnisses verlängert. Dabei werden allerdings nur Beschäftigungszeiten berücksichtigt, in denen der Angestellte älter als 25 Jahre war. (AZ: C-555/07)
Diese Vorschrift sei "nicht angemessen", auch wenn sie mehr Flexibilität für die Arbeitgeber schaffen solle, erklärte das Gericht. Geklagt hatte eine 28-jährige Frau, die seit dem 18. Lebensjahr in einem Betrieb in Essen angestellt war. Nach zehn Jahren wurde ihr gekündigt. Der Arbeitgeber berücksichtigte bei der Kündigungsfrist allerdings nur drei Jahre Betriebszugehörigkeit - eben ab dem 25. Lebensjahr. Daraus ergab sich eine Kündigungsfrist von einem Monat. Nach Ansicht der Europa-Richter hätte der Arbeitgeber allerdings die vollen zehn Jahre berücksichtigen müssen, die Kündigungsfrist beträgt in einem solchen Fall vier Monate.
Der EuGH verwies darauf, dass eine auf dem Alter beruhende Ungleichbehandlung nur dann zulässig sei, wenn sie durch ein legitimes Ziel aus den Bereichen Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt und berufliche Bildung gerechtfertigt sei. Außerdem müssten die Mittel zur Erreichung des Ziels "angemessen und erforderlich" sein. Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf hatte als Berufungsinstanz den EuGH gefragt, ob dies im strittigen Verfahren der Fall sein könnte. Die EU-Richter verneinten: Die deutsche Regelung sei "nicht angemessen oder geeignet".
Der deutsche Gesetzgeber hatte argumentiert, jüngeren Menschen könne eine größere berufliche und persönliche Mobilität zugemutet werden. Das Argument greife aber nicht, stellt der Gerichtshof fest: Die Regelung betreffe alle in jungen Jahren eingestellten Arbeitskräfte, egal wie alt sie zum Zeitpunkt ihrer Entlassung seien. Das Gericht stellte auch fest, ein Einzelner könne sich vor Gericht nicht direkt auf die EU-Richtlinie zum Verbot der Diskriminierung berufen. Das Diskriminierungsverbot sei jedoch ein "allgemeiner Grundsatz des Unionsrechts". Das nationale Gericht müsse "die volle Wirksamkeit des Unionsrechts" gewährleisten. Deshalb dürfe es in einem solchen Fall nationales Recht nicht anwenden.