Tote bei Taliban-Angriff auf Regierungsviertel in Kabul

Tote bei Taliban-Angriff auf Regierungsviertel in Kabul
Koordinierte Kommandoaktion: Zehn Tage vor der internationalen Afghanistan-Konferenz in London haben die Taliban das Regierungsviertel von Kabul angegriffen. Mehrere Menschen starben.

Rund 20 Taliban, darunter mehrere Selbstmordattentäter, waren an dem Angriff auf das streng bewachte Machtzentrum von Kabul beteiligt. Nach offiziellen Angaben starben mindestens sieben Aufständische, drei Sicherheitskräfte und zwei Zivilisten, darunter ein Kind. Mindestens 71 Menschen, darunter Polizisten und Soldaten, wurden bei den stundenlangen Gefechten verletzt. Die meisten Verletzten wurde nach kurzer Behandlung in Krankenhäusern wieder entlassen, hieß es nach Behördenangaben. Es war einer der schwersten Angriffe auf das festungsartig abgeschirmte Regierungsviertel in den vergangenen Jahren.

Angriff wurde offenbar erwartet

Die Sicherheitskräfte im Regierungsviertel hatten erst mehr als vier Stunden nach dem Start der Attacke am Vormittag die Situation wieder unter Kontrolle. Die Gefahr eines Angriffs war in Kabul offensichtlich bekannt. Dem Parlament war vor Tagen mitgeteilt worden, dass Aufständische gepanzerte Fahrzeuge gestohlen hätten mit dem Ziel, einen Anschlag zu verüben. Eines der Fahrzeug sei am Montag eingesetzt worden, sagte ein Parlamentarier. Die Sicherheitsvorkehrungen waren eigens verstärkt worden.

Das Kommando der Aufständischen, dem nach Angaben eines Taliban-Sprechers etwa 20 Kämpfer angehörten, hatte ein Gebäude eines Einkaufszentrums nahe dem Palast von Präsident Hamid Karsai besetzt. Augenzeugen berichteten von mehreren Explosionen. Nach Berichten der afghanischen Agentur Pajhwok gab es langanhaltende Feuergefechte zwischen den Rebellen und Sicherheitskräften. Fernsehbilder zeigten das in Flammen stehende Einkaufszentrum, über dem Areal stiegen dichte dunkle Rauchwolken auf. Anwohner mussten fliehen.

"Nahezu alle" Gebäude wieder in Hand der Sicherheitkräfte

Ein Sprecher des afghanischen Innenministeriums sagte, zwei Selbstmordattentäter hätten sich vor dem Präsidentenpalast in die Luft gesprengt. Zwei weitere seien von afghanischen Sicherheitskräften getötet worden. Nach Angaben des privaten Fernsehsenders Tolo soll sich ein weiterer Selbstmordattentäter in der Nähe des Außenministeriums in die Luft gesprengt und mehrere Menschen mit in den Tod gerissen haben. Nach Berichten von Augenzeugen soll es weitere Explosionen gegeben haben, bei denen Selbstmordattentäter beteiligt waren.

Mehrere Stunden nach dem Angriff seien "nahezu alle" von den Aufständischen besetzten Gebäude wieder in der Hand der Sicherheitskräfte, sagte der Ministeriumssprecher. Diese suchten nach restlichen Taliban, die sich darin versteckt halten könnten. Ein Taliban-Sprecher hatte sich zuvor per Telefon von einem geheim gehaltenen Ort zu dem gezielten Angriff auf Regierungsgebäude und den Präsidentenpalast bekannt.

Angriff auf ein bei westlichen Gästen beliebtes Hotel

Ein Sprengkörper habe auch den Garten des Serena Hotels getroffen, sagte ein Gast. In dem einzigen Fünf-Sterne-Hotel Afghanistans steigen zahlreiche westliche Diplomaten und Journalisten ab. Die Gäste seien zu ihrer eigenen Sicherheit in den Keller des Hotels gebracht worden. Der Taliban-Sprecher behauptete, mehrere Ausländer seien bei dem Angriff auf das Hotel getötet worden. Eine Bestätigung dafür gab es nicht.

Präsident Karsai, der am Montag nur einen Steinwurf vom Anschlagsort entfernt neue Mitglieder seines Kabinetts vereidigte, verurteilte den Angriff. In einem von seinem Büro verbreiteten Statement versicherte er den Bürgern von Kabul, die Stadt sei unter der Kontrolle der Sicherheitskräfte. Auch die USA verurteilten die Attacke. Es sei eine "Verzweiflungstat" der Taliban, sagte der US-Sondergesandte für Afghanistan, Richard Holbrooke. "Es ist nicht verwunderlich, dass die Taliban so etwas tun. Das sind verzweifelte Leute, sie sind rücksichtslos", sagte Holbrooke in Neu Delhi, wo er in Vorbereitung der Londoner Afghanistan-Konferenz mit indischen Regierungsvertretern zusammengetroffen war.

 

dpa