Papst-Attentäter will Verbrechen zu Geld machen

Papst-Attentäter will Verbrechen zu Geld machen
Der Papst-Attentäter Mehmet Ali Agca (52) will nach seiner für Montag erwarteten Freilassung aus türkischer Haft Millionär werden. Fast 30 Jahre nach den Schüssen auf Johannes Paul II. sollen Interviews und Buchverträge den Extremisten zu einer Medienpersönlichkeit machen - wenn ihm die türkische Armee dabei keinen Strich durch die Rechnung macht. Agca drohe noch die Einberufung zum Wehrdienst, sagte sein Anwalt am Sonntag in Ankara.
18.01.2010
Von Carsten Hoffmann

Schon jetzt gibt es Kritik daran, dass Agca den 1981 gescheiterten Mordanschlag auf den Papst zu Geld machen könnte. Es scheint zudem unwahrscheinlich, dass mit den Veröffentlichungen noch alle Umstände der Tat, um die sich bis heute Gerüchte und Spekulationen ranken, aufgeklärt werden. Denn Agca selbst hat unterschiedliche Versionen präsentiert.

"Man kann es von zwei Seiten sehen. Aus polizeilicher Sicht ist er ein Verbrecher, der mit seinem Buch Geld verdienen will", sagt Agcas Istanbuler Anwalt Haci Ali Özhan. "Auf der anderen Seite hat er seine Strafe bekommen. Es steht ihm frei, seine Erinnerungen zu veröffentlichen." Ein italienischer Verlag habe den Wert eines Buches aus der Feder von Mehmet Ali Agca bereits auf umgerechnet etwa zwei Millionen Euro geschätzt, so der Anwalt.

Mal Einzeltäter, dann wieder Frontmann östlicher Geheimdienste

Es ist der 13. Mai 1981, als während einer Audienz des Papstes drei Schüsse über den Petersplatz in Rom peitschen. Johannes Paul II. bricht in seinem weißen offenen Geländewagen, dem Papamobil, getroffen zusammen. Helfer schirmen ihn ab. Inmitten der geschockten Gläubigen und umgeben von rennenden Wachleuten nimmt der Wagen an Tempo auf, um das Leben des Papstes zu retten. Fast vier Wochen liegt der Papst im Krankenhaus. Später vergibt er Agca bei einem Zusammentreffen in dessen Gefängniszelle die Tat.

Ob Agca Komplizen hatte oder als Einzeltäter gehandelt hat, ist bis heute nicht ganz geklärt. Als mögliche Drahtzieher wurden Geheimdienste aus dem damaligen Ostblock gehandelt, weil der polnische Papst gegen den Kommunismus in Osteuropa kämpfte. Immer wieder war von Hinweisen Richtung Bulgarien die Rede. Agca selbst bezichtigte zunächst drei Bulgaren der Mittäterschaft. Sie wurden allerdings freigesprochen, nachdem Agca auch äußerte, er sei Jesus Christus. Der Papst selber hat 2002 erklärt, er habe nie an die sogenannte bulgarische Spur geglaubt. Agca wurde im Jahr 2000 in Italien begnadigt.

"Das Ende der Welt ausrufen und das perfekte Evangelium verkünden"

Zuletzt saß Agca in der Nähe von Ankara den Rest einer Haftstrafe ab, die er für den 1979 verübten Mord an dem türkischen Journalisten Abdi Ipekci und für Raub bekommen hat. Agca war damals ein junger Ultranationalist aus dem Umfeld der rechtsextremen türkischen Grauen Wölfe. Das Mordopfer war Chef der türkischen Zeitung "Milliyet".

Auf neuen Bildern ist Agca merklich ergraut. Öffentlichkeitswirksam hat er angekündigt, zum Katholizismus übertreten zu wollen. Für die Zeit nach seiner Freilassung bat er bisher erfolglos um Einreise nach Portugal oder Polen. Öffentlich hat er Briefkontakte zu katholischen Frauen gesucht, von denen er eine heiraten möchte. In einem Brief hat er angekündigt, die Hintergründe des Anschlags auf den Papst aufklären zu wollen.

Es bleibt das Bild eines politischen Wirrkopfes, der im Laufe der Jahre viel dummes Zeug von sich gegeben hat. Seine neuesten Pläne erläuterte Agca der "Sunday Times" in einem Brief. "Ich will das Ende der Welt ausrufen und das perfekte Evangelium verkünden", schrieb er. "Ich werde das perfekte Christentum ausrufen, wie es vom Vatikan nie verstanden wurde."

dpa