Die Wohnungsanzeige erscheint am Samstag in der Lokalzeitung. Am nächsten Tag klingelt ein freundlicher Mann Anfang 40 an der Tür. Auf der Straße steht ein teurer Wagen, der Bewerber hat Blumen dabei. Das Ehepaar ist entzückt. Nach dem dritten Kaffee ist der Mietvertrag unterschrieben. Ein paar Monate später brauchen die gutgläubigen Besitzer der schönen Altbau-Wohnung mit Stuck und Holzdielen Baldrian: Der Traummieter ist ein Betrüger, zahlt keinen Euro Miete, ignoriert Anwälte und Drohungen.
Als nach einem zermürbenden Verfahren der Gerichtsvollzieher im dritten Anlauf anrückt, ist der Mann verschwunden. Zurück bleiben eine ramponierte Wohnung und ein Ehepaar, das tausende Euro und den Glauben an das Gute im Menschen verloren hat. Nach Erfahrungen der Eigentümer-Gesellschaft Haus & Grund, die über 900.000 Haus- und Wohnungsbesitzer vertritt, haben es diese Betrüger verstärkt auf hochwertige Wohnungen in guten Lagen abgesehen. "Der klassische Mietnomade ist eher ein männlicher Einzelgänger. Besser gekleidet, mit großem Pkw", sagt Generalsekretär Andreas Stücke. Kein Anarcho-Look, kein Hartz-IV-Fall.
Der Vermieter dürfe sich nicht blenden lassen. Gehaltsnachweise seien leicht zu fälschen. Besser sei eine Schufa-Selbstauskunft. Oder die Abfrage bei einer Auskunftei, die der Eigentümer mit Zustimmung des Interessenten einholen kann. Auch der Personalausweis sollte geprüft werden. "Mietnomaden haben oft keine aktuelle Anschrift oder keinen gültigen Ausweis." Wer sofort eine Kaution verlangt, kann Mietnomaden abschrecken.
Haus & Grund: Räumung dauert zwei Jahre
Fällt der Vermieter doch herein, wird es teuer. "Für kleine Vermieter, die auf die Einnahmen angewiesen sind, kann das schnell existenzbedrohende Züge annehmen", sagt Stücke. Zum Mietausfall kämen bei der Räumungsklage Kosten für Anwalt, Gerichtsvollzieher und Umzugsfirma, die den Müll aus der Wohnung räumt. "Die Schäden pro Fall liegen zwischen 25.000 und 30.000 Euro." Bis zur Räumung dauert es laut Haus & Grund im Schnitt etwa zwei Jahre. Überlastete Gerichte, das zum Schutz aller Mieter komplizierte Mietrecht und Tricks der Betrüger ziehen die Verfahren in die Länge.
Haus & Grund-Experte Kai Warnecke berichtet: "Es passiert oft, dass beim Räumungstermin plötzlich ein neuer Untermieter des Mietnomaden die Tür aufmacht. Der Gerichtsvollzieher darf die Wohnung nicht räumen, weil dessen Name nicht im Räumungsbeschluss steht." Union und FDP wollen helfen: Im Koalitionsvertrag haben sie Änderungen im Mietrecht vereinbart. Dabei geht es um gleiche Kündigungsfristen für Vermieter und Mieter sowie den besseren Schutz vor Mietnomaden. Wann Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) das Thema anpackt, ist aber offen.
Deutscher Mieterbund: Strengeres Mietrecht überflüssig
Haus & Grund schlägt ein Modell vor, damit schon nach 9 statt 21 Monaten geräumt werden kann. Dazu sollen einstweilige Verfügungen dienen, die parallel zum Hauptsacheverfahren vor Gericht verhängt werden. Problematisch erscheint aber die Abgrenzung zu jenen Mietern, die wegen Schäden in der Wohnung nur einen Teil der Monatsmiete zahlen (Mietminderung).
Der Deutsche Mieterbund sieht dagegen viel Lärm um nichts. Die Haus & Grund-Zahl von 15.000 Mietnomaden sei viel zu hoch. Realistisch seien 1.000 Fälle bei 20 Millionen Mietverhältnissen. "Wir gehen davon aus, dass es sich bei Mietnomaden um seltene Einzelfälle handelt", sagt Mieterbund-Sprecher Ulrich Ropertz. Ein strengeres Mietrecht sei überflüssig. Vermieter könnten aus vielen Gründen schnell fristlos kündigen, verständlich sei allerdings der Ruf nach kürzeren Verfahren.
Von Selbstjustiz rät natürlich jeder Experte ab. Doch Haus & Grund-Generalsekretär Stücke kennt Fälle, in denen genervte Eigentümer das Recht in die eigene Hand genommen haben. Mit ein paar starken Männern wird die Habe des Betrügers entsorgt und das Türschloss ausgetauscht. Dann ist Ruhe. Stücke: "Einen Anwalt nimmt sich ein Mietnomade nicht. So dreist geht es dann doch nicht zu."