Spannung soll erzeugt werden vor dem Sendestart an diesem Montag, auch wenn "Big Brother" längst Alltag in der Medienwelt geworden ist und sich kaum noch irgendjemand aufregt über die Vorgänge im Container.
"Big Brother" ist jetzt fast zehn Jahre alt. Am 28. Februar 2000 bevölkerten die ersten zehn Mitspieler der deutschen Version das Kölner Fernsehhaus, das rund um die Uhr und in fast allen Ecken von Kameras überwacht wird. Das waren Menschen wie Jürgen, Zlatko, John, Kerstin und Alex - eine namenlose zusammengewürfelte Gesellschaft aus Leuten wie Du und ich, bloß mit dem Unterschied, dass sie alle Zeit der Welt hatten, um sich auf dem Bildschirm dem Spott der Nation hinzugeben. 250.000 Mark betrug damals die Gewinnsumme, die Moderation hatte Percy Hoven, ein Name, der genauso wie die Außenreporterin Sophie Rosentreter längst in Vergessenheit geraten ist.
Eine Stunde ohne Kameraüberwachung
Rund um die Deutschland-Premiere des aus Holland stammenden TV-Formats entfachte sich jedoch ein Wirbel, wie ihn der Fernsehmarkt bis dahin kaum erlebt hatte. "Big Brother kommt - Psycho-Folter oder Fernsehen von morgen?", fragte die Programmzeitschrift "TV Spielfilm" damals; "Fernsehen für Spanner oder reiner Spaß?", wollte "TV direkt" wissen; "Zwei Drittel gegen Big Brother", wusste "Die Welt" zu berichten. Der Zuschauer-Erfolg der Show hatte sogar Folgen für die Finanzmärkte: "TV-Experiment "Big Brother" macht Endemol zum Börsenliebling", lautete die Überschrift im "Handelsblatt". "Sex bei Big Brother - Alex strahlte wie Bill Clinton", schrieb "Bild" nach dem ersten Liebesakt; das war im März 2000, Beteiligte waren Kerstin Klinz und Alexander Johlig.
Bald fühlten sich die Politiker alarmiert. Viele forderten eine Absetzung der Show. Die deutschen Medienwächter setzten unter öffentlich-rechtlichem Druck schließlich eine tägliche "Freistunde" durch, in der sich die von der Außenwelt abgeschotteten Kandidaten ohne Kameraüberwachung zurückziehen konnten. Andere Politiker suchten aber die Nähe des Erfolges, um selber davon zu profitieren: FDP- Politiker Guido Westerwelle vertrieb sich öffentlichkeitswirksam etwas Zeit im Container, gleiches gilt für Entertainerin Verona Pooth, die damals noch Feldbusch hieß und sich eine eigene Toilette installieren ließ.
Internet überholt "Big Brother"-Realität
Doch schon in der zweiten Staffel ebbte das Geschrei und Gezeter ab. Mittlerweile hat das Internet längst die "Big Brother"-Realität überholt: Es ist offen für eben die Spanner und Voyeure, die sich damals in der TV-Steinzeit im Jahr 2000 die Nase am Bildschirm platt drückten. Aber in der Fernsehlandschaft hat "Big Brother" für einen Schub gesorgt: Womöglich hätte es nie Sendereihen wie "Die Alm" oder "Die Burg" (ProSieben) gegeben, vielleicht auch nicht das RTL- Dschungelcamp "Ich bin ein Star - Holt mich hier raus!" - doch diese Frage wird nie ganz zu klären sein.