Das Düsseldorfer Oberlandesgericht verwaltet die bundesweite Richtschnur für die Unterhaltsansprüche von Kindern getrenntlebender Eltern, die so genannte "Düsseldorfer Tabelle". Es gibt sie seit 1962, die Sätze werden wird mit den Familiensenaten aller deutschen Oberlandesgerichte und mit dem deutschen Familiengerichtstag abgestimmt. Die neuen Sätze gelten rückwirkend zum 1. Januar dieses Jahres - mit dem Wachstumsbeschleunigungsgesetz waren das Kindergeld und die steuerlichen Kinderfreibeträge ab 2010 erhöht worden. Daher mussten auch die Unterhaltssätze neu berechnet werden, weil sie an den Kinderfreibetrag gekoppelt sind.
Stärkere Belastung für Unterhaltspflichtige
Familienrichter sehen den kräftigen Anstieg um 13 Prozent skeptisch. Früher waren die Mindestunterhaltssätze an die Einkommensentwicklung gekoppelt, heute richten sie sich nach dem steuerlichen Kinderfreibetrag, der sich wiederum aus dem Existenzminimum berechnet. "Die Erhöhung der Kinderfreibeträge soll eigentlich Familien entlasten, durch die Koppelung an den Mindestunterhalt werden sie für Unterhaltspflichtige aber zur Belastung", sagte der Düsseldorfer Familienrichter Jürgen Soyka. Das Kindergeld steigt um 20 Euro auf 184 für das erste und zweite Kind im Monat, der steuerliche Kinderfreibetrag von 6.024 auf 7.008 Euro pro Jahr.
Die bundesweit einheitlichen Unterhaltssätze richten sich nach dem Einkommen des unterhaltspflichtigen Elternteils sowie nach dem Alter der Kinder. Der Mindestunterhalt bei einem monatlichen Nettoeinkommen bis 1.500 Euro liegt nach der neuen Tabelle jetzt zwischen 317 und 488 Euro. Das bedeutet eine Steigerung zwischen 36 und 56 Euro pro Kind. Beträgt das Nettoeinkommen beispielsweise 3.000 Euro, steigen die Unterhaltssätze auf 338 bis 519 Euro. Verdient der Unterhaltspflichtige - zumeist ist es Vater - 4.000 Euro netto, so stehen den getrennt von ihm lebenden Kindern 405 bis 623 Euro zu.
Letztlich nur eine Umverteilung
Problematisch sei auch, dass Kinder, bei denen der unterhaltspflichtige Elternteil zu wenig verdiene, nicht von der Erhöhung der Bedarfssätze profitierten, kritisierte Richter Soyka. "Nur bei denen, die zahlungsfähig sind, wirken sich die 13 Prozent Erhöhung aus."
Die "Verteilungsmasse" bleibt trotz der höheren Sätze zudem gleich. "Je höher der Kindesunterhalt, desto geringer wird der Ehegattenunterhalt", sagte Soyka. Denn auch für die Unterhaltspflichtigen gibt es Mindestbeträge vom Einkommen, die sie behalten dürfen. Letztlich würden beide Elternteile von der Erhöhung der Unterhaltssätze getroffen, sagte Soyka, "der Mann, der zahlen muss und Frauen, die weniger bekommen".
Bereits im Sommer soll die "Düsseldorfer Tabelle" neu konzipiert werden. Bis dahin wird eine Grundsatzentscheidung des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe zum Selbstbehalt erwartet. Der Mindestbedarf liegt derzeit bei 900 Euro. Außerdem dürfte sich die erwartete Entscheidung aus Karlsruhe zum Existenzminimum und den Hartz-IV-Regelsätzen für Kinder auf die Tabelle auswirken. Die Hartz-IV-Sätze für Kinder liegen derzeit je nach Alter zwischen 215 und 287 Euro, erwartet wird, dass das Bundesverfassungsgericht diesen Satz als zu gering bewertet.