Die Präsidentin des Bundes der Vertriebenen (BdV) forderte als Gegenleistung für ihren Rückzug, dass die Stiftung aus der Trägerschaft des Deutschen Historischen Museums gelöst wird. Die "politische Bevormundung" der Stiftung solle künftig ausgeschlossen werden. Darüber hinaus müsse die Zahl der BdV-Vertreter im Stiftungsrat so aufgestockt werden, "dass die sehr unterschiedlichen deutschen Siedlungs- und Vertreibungsregionen besser als bisher widergespiegelt werden können", heißt es in einer Erklärung Steinbachs, die das Präsidium des Verbandes mitträgt. Bisher stellt der Bund der Vertriebenen 3 von 13 Mitgliedern im Stiftungsrat. Zudem sollten die Institutionen künftig ohne Zustimmung der Bundesregierung entscheiden können, wen sie in den Rat entsenden.
Zurückhaltende Reaktionen der Regierung und der Stiftung
Außenminister Guido Westerwelle (FDP) und Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) erklärten, die Vorschläge prüfen zu wollen. Westerwelle sagte im Deutschlandfunk, sein Ziel sei nicht "irgendeine persönliche Auseinandersetzung". Es gehe darum, die deutsch-polnischen Beziehungen nicht zu beschädigen. Stiftungsdirektor Manfred Kittel mahnte ein baldiges Ende der Personaldebatte an. "Wichtig ist nur, dass die Frage bald geklärt wird, damit die ruhige Sacharbeit der Stiftung weitergehen kann", sagte er in einem epd-Gespräch.
Die Stiftung "Flucht, Vertreibung, Versöhnung" soll im Deutschlandhaus in Berlin eine Dokumentationsstätte und Ausstellung über die Vertreibungen am Ende des Zweiten Weltkriegs aufbauen. Westerwelle hatte angekündigt, sein Veto gegen eine Nominierung Steinbachs für das Gremium einzulegen. Die Frankfurter CDU-Bundestagsabgeordnete ist vor allem in Polen umstritten.
"Auf einem guten Weg"
In der Union stieß Steinbach auf Zustimmung. Unionsfraktionschef Volker Kauder sagte im Südwestrundfunk: "Ich denke, dass wir hier auf einen guten Weg gekommen sind." Steinbachs Forderungen seien keine Erpressung, sondern der Versuch, zu einem politischen Kompromiss zu kommen. Der Vorsitzende des Bundestags-Innenausschusses, Wolfgang Bosbach (CDU) hält eine Änderung des Stiftungsgesetzes für möglich. Es hänge jetzt von der FDP ab, ob es im Bundestag dafür eine Mehrheit gebe.
Der Vorsitzende der CSU-Landesgruppe im Deutschen Bundestag, Hans-Peter Friedrich, appellierte an die FDP, Steinbachs Vorschlag zuzustimmen. Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Hans-Peter Uhl (CSU) schlug im Berliner "Tagesspiegel" vor, dem BdV sechs Sitze im Stiftungsrat zuzugestehen.
"Erpresserischer Versuch"
Scharfe Kritik kam von der SPD. Es handele sich um ein Täuschungsmanöver, sagte SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier. Steinbach wolle alte Maximalforderungen des BdV durchsetzen. Das gefährde die europäische Versöhnung. Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse (SPD) sprach von einem "erpresserischen Versuch" Steinbachs. Das Anliegen der Stiftung, Versöhnung mit den osteuropäischen Nachbarn zu schaffen, werde zerstört, wenn sich CDU/CSU und FDP auf Steinbachs Bedingungen einließen, sagte Thierse dem "Tagesspiegel".
Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) forderte die Bundesregierung auf, sich in einer für das deutsch-polnische Verhältnis "so wichtigen Frage nicht erpressen" zu lassen. Die Forderungen Steinbachs bezeichnete Platzeck als "nicht akzeptabel".
"Schaumschlägerei"
Auch die Grünen wiesen ihren Vorschlag zurück. "Das ist eine bodenlose Unverschämtheit", sagte Fraktionschefin Renate Künast der "Rheinischen Post" (Mittwochsausgabe). Steinbach wolle damit dem Bundestag eine Gesetzesnovelle unterschieben, nach der die Bundesregierung nicht mehr beeinflussen solle, wer das deutsche Volk im Bemühen um Versöhnung repräsentiere. "Durch die Hintertür" könne so auch Steinbach selbst in ein oder zwei Jahren im Stiftungsrat sitzen, kritisierte Künast. Die Bundestagsabgeordnete Petra Pau (Linksfraktion) sprach von einem peinlichen politischen Geschacher.
Polen wollte sich am Dienstag aus der Debatte offenbar heraushalten. Das sei eine deutsche Sache, sagte eine Sprecherin der polnischen Botschaft in Berlin der "Mitteldeutschen Zeitung" (Mittwochsausgabe). Die polnische Zeitung "Gazeta Wyborcza" nannte die Debatte "Schaumschlägerei".