CDU-Innenexperte will Körperscanner noch dieses Jahr

CDU-Innenexperte will Körperscanner noch dieses Jahr
Polizei und Bundesregierung rechnen Mitte des Jahres mit einer Entscheidung über den Probebetrieb der bislang noch umstrittenen Körperscanner auf deutschen Flughäfen. Bis dahin sollen Zwischenergebnisse von laufenden Labortests vorliegen. Erst danach könne eine Entscheidung über "Realtests" getroffen werden, sagte ein Sprecher des Innenministeriums.

Der Vorsitzende des Bundestags-Innenausschusses, Wolfgang Bosbach (CDU), sieht gute Chancen für einen Probebetrieb noch in diesem Jahr. Gewerkschaften warnten allerdings davor, die Sicherheitsdiskussion auf die Körperscanner zu begrenzen. Der Chef der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Konrad Freiberg, sagte, das gesamte System der Flugsicherheit müsse auf den Prüfstand. Vom Flicken nur eines Sicherheitslochs könne man keine Wunderdinge erwarten. Im ARD-Morgenmagazin sagte er, die Personenkontrollen seien löchrig.

Verantwortlich seien die Flughafenbetreiber: "Sie lassen sich die Sicherheit bezahlen, aber sie sparen an Sicherheit", kritisierte Freiberg. Auch sei mehr Personal bei der Polizei nötig, um mögliche Täter schon im Vorfeld zu beobachten. Zudem müsse es eine bessere Vernetzung zwischen den Sicherheitsbehörden geben. Auch das Angebot der Duty-free-Shops wie Rasierklingen, Feuerzeuge und hochprozentiger Alkohol war zuletzt in die Kritik geraten.

Gegen eine übereilte Einführung der Körperscanner hat sich Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) ausgesprochen. "Ich nehme die Argumente, die gegen die Nacktscanner vorgetragen werden, sehr ernst", sagte Ramsauer in Berlin: "Eine Einführung solcher Geräte darf keinesfalls übers Knie gebrochen werden."

Körperscanner sind bei der Bundespolizei im Test

Die Scanner-Debatte war nach dem nur knapp vereitelten Terror-Attentat eines Nigerianers am ersten Weihnachtsfeiertag in einem US-Flugzeug über Detroit wieder hochgekocht. Der CDU-Mann Bosbach, der sich 2009 unter anderem als einer der Hauptbefürworter eines Verbots von Paintball-Spielen profiliert hatte, sagte gegenüber dpa, es komme jetzt darauf an, dass sich die Geräte im praktischen Betrieb bewährten. "Und das geht nicht in Labors, dafür braucht man den Praxistest auf deutschen Flughäfen." Er sei zuversichtlich, dass mit den Tests noch in diesem Jahr begonnen werden könne.

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Die Bundespolizei will im ersten oder zweiten Quartal dieses Jahres Zwischenergebnisse der Tests mit Körperscannern vorstellen, teilte eine Sprecherin in Potsdam mit. Zur Zeit testet die Bundespolizei die Technik in Lübeck im Labor. Für Tests an Flughäfen müsste Deutschland allerdings noch einen Antrag an die EU-Kommission stellen, weil die Körperscanner bisher in der EU nicht zugelassen sind.

Die FDP legte sich nicht auf einen Zeithorizont zur Einführung der Technik fest. Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesjustizministerium Max Stadler (FDP) sagte dem Berliner "Tagesspiegel", die Erfahrung habe gelehrt, dass Sprengstoff in der Unterwäsche unerkannt an Bord von Flugzeugen gebracht werden könne. Daher seien Körperscanner "der richtige Ansatz". Jedoch dürften sie erst eingeführt werden, wenn der Eingriff in die Intimsphäre der Menschen so gering wie möglich und mit dem Einsatz ein deutlicher Sicherheitsgewinn verbunden sei. FDP-Generalsekretär Christian Lindner ließ in der "Rheinischen Post" eine Zustimmung seiner Partei zum Einsatz der Scanner offen.

Kritik von Datenschützern und Behindertenverband

Der Leiter des Landeszentrums für Datenschutz Schleswig-Holstein, Thilo Weichert, sagte der dpa, bislang sei ein Punkt in der Debatte vernachlässigt worden: "Ob eine hinreichend sichere Detektion möglich ist - dass ist eine Diskussion, die noch nicht ausreichend geführt wurde. Es ist nicht auszuschließen, dass nicht hundert Prozent aller gefährlichen Gegenstände detektiert werden können." Wenn die Körperscanner nicht deutlich mehr Sicherheit als die üblichen Kontrollen böten, sei der Einsatz unverhältnismäßig und unnötig.

Neben den Datenschützern hat sich auch die Interessenvertretung "Selbstbestimmt Leben in Deutschland" in die Debatte eingemischt. Der Verein warnt vor einer Diskriminierung behinderter Menschen: Personen mit Inkontinenzhilfen, künstlichen Darmausgängen, Urinbeuteln oder Prothesen aller Art würden von den Scannern "sofort als auffällig registriert", erklärte Geschäftsführerin Sigrid Arnade in Berlin. Sie stünden damit automatisch unter Terrorismusverdacht und würden "verstärkt zur Nachkontrolle gebeten". Sollten verstärkte Sicherheitsmaßnahmen eingeführt werden, "müssten diese diskriminierungsfrei und ohne Verletzung der Intimsphäre behinderter Frauen und Männer durchgeführt werden", betonte Arnade.

Nirgendwo ist das Bedürfnis nach Sicherheit so hoch wie beim Fliegen

Nach europäischem Recht sind Körperscanner bislang nicht an Flughäfen zugelassen, wie der Sprecher des Bundesinnenministeriums, Stefan Paris, erklärte. Um die Scanner in Europa generell zuzulassen, müsste laut Paris eine entsprechende Verordnung geändert werden, indem die Mehrheit der EU-Mitgliedstaaten dafür stimmt. Es seien aber Ausnahmen für Tests an Flughäfen möglich, wenn sie bei der EU-Kommission beantragt und von dieser gebilligt worden seien. "Wir haben in Deutschland einen solchen Antrag nicht gestellt", sagte Paris. Am Amsterdamer Flughafen laufen bereits Tests mit Körperscannern.

Nach Einschätzung des Deutschen Flugangst-Zentrums in Ratingen sind die Erwartungen der Menschen an die Sicherheit beim Flugzeug so hoch wie bei keinem anderen Verkehrsmittel. Kein Passagier werde daher ein Höchstmaß an Schutz vor Terror und Kriminalität oder mehr Sicherheit ablehnen. Dies dürfte auch den Politikern bewusst sein, die derzeit auf die Einführung von Körperscannern in Deutschland drängen.

dpa/epd