Krankenkassen: Zusatzbeitrag lässt junge Versicherte flüchten

Krankenkassen: Zusatzbeitrag lässt junge Versicherte flüchten
Gesetzlich Krankenversicherte unter 40 Jahren zeigen eine deutliche höhere Wechselbereitschaft als Ältere. Schon fünf Euro Mehrbelastung im Monat genügen und jüngere Versicherte flüchten.

Bereits fünf Euro Zusatzbeitrag monatlich erhöht die Wechselbereitschaft der gesetzlich Krankenversicherten unter 40 Jahren, wie eine aktuelle Studie des Kölner Marktforschungs- und Beratungsunternehmens MSR Consulting ergab. Bei einem Zusatzbeitrag von zehn Euro steigt die Wechselbereitschaft dieser Gruppe sogar auf über 40 Prozent. Anders sieht das Bild dagegen bei den über 50-Jährigen aus. Erst ab einem Zusatzbeitrag zwischen fünf und zehn Euro ist eine Wechselabsicht deutlich erkennbar. Bei einer monatlichen Zusatzbelastung von zehn liegt sie bei 25 Prozent, immer noch deutlich weniger als bei den jüngeren Leuten.

Grundsätzlich, so ergab die Studie, ist die Wechselbereitschaft bei jüngeren Leuten höher als bei älteren. Auch wenn kein Zusatzbeitrag erhoben wird, kann sich jeder Dritte unter 40 Jahren trotzdem einen Wechsel der gesetzlichen Kasse vorstellen. Bei Versicherten über 50 sind dies nur zwölf Prozent. Das Marktforschungsunternehmen hat nach eigenen Angaben 2.000 gesetzlich Krankenversicherte im Oktober und November zu ihrer Wechselbereitschaft in Abhängigkeit von möglichen Zusatzbeiträgen befragt.

Dabei können die gesetzlich Versicherten ziemlich sicher mit einem monatlichen Zusatzbeitrag im kommenden Jahr rechnen. Denn die Mehrzahl der gesetzlichen Krankenkassen will 2010 Zusatzbeiträge erheben. Trotz eines erwarteten Defizits von vier Milliarden Euro planen die großen Kassen jedoch zum Jahreswechsel noch keine Änderungen, wie eine Umfrage des "Kölner Stadt-Anzeiger" ergab. Nach Ansicht des SPD-Gesundheitsexperten Karl Lauterbach ist damit zu rechnen, "dass sehr viele Kassen in den kommenden Monaten ein akutes Finanzproblem bekommen und dann Zusatzbeiträge erheben müssen". Gerechnet wird mit den Sonderbeiträgen ab Februar. Die AOK Rheinland/Hamburg dagegen hat den Schritt für das nächste Jahr zunächst ausgeschlossen. Dort soll es auch 2010 einen ausgeglichenen Haushalt geben, sagte der Kassenchef. Das Gesundheitsministerium geht davon aus, dass der Zusatzbeitrag im Durchschnitt bei acht Euro im Monat liegt. Die Kassen können jedoch nicht jeden beliebigen Beitrag von ihren Versicherten verlangen. Denn die Zusatzbelastung darf ein Prozent des Monatseinkommens nicht übersteigen. Den Zusatzbeitrag zahlen nur die Versicherten, der Satz der Arbeitgeber bleibt davon unberührt.

Durch Zusatzbeitrage werde bis zu eine Million Euro von der Bürokratie gleich wieder aufgefressen, beklagte die Sprecherin des Bundesverbandes der Betriebskrankenkassen (BKK), Christine Richter. Zusätzliche Verwaltungskosten fallen ihren Angaben zufolge für Zahlungsüberweisungen, Mahnungen und Einkommenserhebungen an.

epd/fra