Weniger "Klick-Huren"? Neue Messung für Online-Nutzung

Weniger "Klick-Huren"? Neue Messung für Online-Nutzung
Bei der Vermarktung von Internetangeboten zählen bislang die einzelnen Klicks (Page Impressions). Das soll nun anders werden. Die Zahl der Seitenbesucher (Visits) rückt in den Fokus.
07.12.2009
Von Henrik Schmitz

Klassische Medien und Internetangebote lassen ihre Auflage bzw. ihre Reichweite im Internet überwiegend von der Informationsgemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern (IVW) messen. Dieser Verein wird gemeinsam von Medienunternehmen und werbenden Unternehmen finanziert. Was eine Werbeanzeige in einer Zeitung, Zeitschrift oder einem Online-Portal kostet, basiert nicht selten auf den Daten der IVW.

Bei der Vermarktung von Internetangeboten standen bislang die einzelnen Klicks (Page Impressions) im Mittelpunkt der Beobachtung. Um Werbeeinnahmen zu erzielen muss ein Internetangebot daher aktuell stark darauf ausgerichtet sein, einen Nutzer zu möglichst vielen Klicks zu bewegen. Die Folgen daraus sind für den Nutzer oft nervig und zeitraubend. Auf vielen Internetseiten herrscht die Unsitte, selbst kürzere Artikel auf mehrere Seiten zu verteilen, um mit jedem Artikelabruf gleich mehrere Klicks zu generieren. Für die diversen Fragespiele und Bilder-Galerien, durch die sich Nutzer klicken müssen, um an eine Information zu gelangen, hat die Internetgemeinde den despektierlichen Namen "Klick-Huren" erfunden. Die herrschenden Sitten im Internet auf klassische Medien zu übertragen hieße, Zeitungen und Zeitschriften zu erfinden, bei denen die Leser möglichst viel umblättern müssen.

Kritik an der Messung

Auf die Kritik an der Fokussierung auf die "Page Impressions" hat die IVW nun reagiert. Künftig sollen die Besucher einer Seite, die sogenannten "Visits" gezählt werden. Bei dieser Messung kommt es weniger darauf an, wie oft ein Nutzer auf einer Seite herumgeklickt hat. Entscheidend ist vielmehr, dass er überhaupt auf der Seite gelandet ist. Völlig unumstritten ist auch diese Art der Messung allerdings nicht, weil sie kaum Aufschluss darüber gibt, ob ein Nutzer ein Internetangebot wirklich intensiv wahrgenommen hat oder vielleicht nur über einen Link kurz auf einer Seite gelandet ist und diese direkt wieder weggeklickt hat.

"Für ein Ranking der Angebote nach ihrer Gesamtnutzung sind die Visits die verlässliche Größe", sagt dennoch Kai Kuhlmann, Bereichsleiter für Online-Medien bei der IVW. Dem werde mit der neuen Gliederung der IVW-Ausweisung Rechnung getragen.

Wo kommt der Besucher her?

Zudem wird künftig erhoben, welche inhaltlichen Bereiche sich ein Besucher einer Website ansieht. Die "Visits" werden außerdem in Besuche aus dem In- und Ausland differenziert. Ziel sei es, dadurch die Transparenz und Vergleichbarkeit der Leistung eines Internet-Angebots als Werbeträger zu verbessern, sagt Kuhlmann. Der Werbemarkt brauche adäquate Standards zur Bewertung der immer wichtiger werdenden Online-Nutzung.

In den Redaktionen selbst werden sicher auch künftig die einzelnen "Page Impressions" eine wichtige Rolle spielen. Mit ihren können die Macher einer Internetseite feststellen, welche Themen bei den Lesern besonders gut ankommen.

Die Fokussierung auf die "Visits" bei der Werbevermarktung könnte aber dazu führen, dass die Internetangebote künftig stärker auf eine sinnvolle Bedienung ausgerichtet sind und weniger darauf, den Nutzer zu möglichst vielen Klicks zu zwingen. Dafür sind sicher nicht nur Menschen mit Sehnenscheidenentzündung dankbar.

mit Material von epd