"Früher war mehr Lametta" ist einer der klassischen Loriot-Sätze und war nie wahrer als heute. Junge Deutsche mögen kein Lametta mehr, nur ältere Jahrgänge kaufen es noch. Wissenschaftler wissen auch warum: Der Niedergang des Lamettas ist demnach Ausdruck für die Entwurzelung des Menschen im Zeitalter der Globalisierung.
Viele haben es noch erlebt: Die verschlossene Tür, die verhängten Fenster. Das Glöckchen. Der Duft leicht angesengter Tannenzweige. Und schließlich der Anblick des wie mit Gold überzogenen Christbaums. Unvorstellbar, dass das Lametta gefehlt hätte.
Doch die Zeiten haben sich geändert. "In den letzten 20 Jahren ist der Lametta-Verkauf um 60, 70 Prozent zurückgegangen", sagt Frank Marchl, Geschäftsführer der Christbaumschmuckfabrik Riffelmacher & Weinberger in Roth bei Nürnberg. "Lametta, das ist eine recht altbackene Geschichte."
Trendfarbe für dieses Jahr ist lila
Dieses Jahr ist die Trendfarbe beim Weihnachtsbaumschmuck Lila. Das hat vor zwei Jahren in der Mode angefangen und hat jetzt die Christbäume erreicht. "Bei mir zu Hause wird's dieses Jahr champagnerfarben", verrät Marchl. "Zu modisch mag meine Frau nicht. Aber Lametta? Nein, das nun auch nicht." Selbst der Lametta-Fabrikant will kein Lametta mehr.
"Ich kann mich noch erinnern, meine Oma Emma in Wanne-Eickel hat früher immer am Heiligabend in der Küche gestanden, und während mein Opa im Wohnzimmer den Baum einstielte, hat sie das Lametta gebügelt." Das erzählt Oliver Hügel (45) aus Köln und wirkt dabei glatt etwas wehmütig. Warum aber ist das große Gold- oder Silberflittern heute nicht mehr gefragt?
"Die regionalen Verbindlichkeiten lassen nach", erläutert der Psychologe Prof. Peter Walschburger von der Freien Universität Berlin. "Im Zeitalter der Globalisierung schmückt man den Baum eben nicht mehr so, wie es dereinst die Oma getan hat. Wir leben in einer sehr variablen Welt. Heute experimentieren die Menschen viel mehr als früher, weil sie nicht mehr so verwurzelt sind."
Lametta ist auch umwelttechnisch problematisch
So sieht es auch Rainer Wehse, Brauchtumsforscher an der Universität München: "Wir leben in einer Zeit, in der alles, was anders ist, gut ist. Immer schneller, immer mehr Neues - das schlägt auch auf Weihnachten zurück." Dazu kommen Bedenken von Umweltschützern. "Auf Lametta sollte grundsätzlich verzichtet werden - das schont Ressourcen und vermeidet Müll", meint Katrin Riegger vom Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND). Auf jeden Fall solle man Stanniol-Lametta meiden, denn dieses enthalte giftiges Blei.
Dennoch gibt es sie noch, die Lametta-Liebhaber. Agnes Albers (56) aus Marl zum Beispiel. "Wir machen immer Kugeln mit Lametta, jede Menge Lametta, damit es richtig glitzert." Leider sei es schwierig, überhaupt noch richtiges Lametta zu bekommen. Frau Albers musste zeitweise richtig suchen und hat dann in größerem Stil Restbestände aufgekauft. Seitdem hütet sie ihr Lametta, streicht es nach dem Abschmücken glatt, wickelt es in Pergamentpapier ein.
Lametta richtig aufzuhängen, ist übrigens nicht einfach. Leicht verfangen sich die federleichten Fäden in den Zweigen, und dann endet alles mit Lamettasalat. "Mein Mann hat da eine spezielle Technik entwickelt", schildert Agnes Albers. "Er wirft das so drüber, dann hängt es schön locker. Den Trick hab ich noch nicht raus."