Der Klimawandel wird einer Untersuchung zufolge schon vor 2050 schwerwiegende unumkehrbare Folgen haben. Durch das Schmelzen der Polkappen steige der Meeresspiegel möglicherweise um einen halben Meter. Das gefährde in den 136 Küstenstädten mit mehr als einer Millionen Einwohner Vermögenswerte von mehr als 28 Billionen US-Dollar, umgerechnet 19 Billionen Euro, teilten der Versicherungskonzern Allianz und die Umweltorganisation WWF am Montag mit. Sie fordern eine gemeinsame Anstrengung aller Länder.
WWF-Klimaexpertin Regine Günther sagte, auch die USA müssten im Eigeninteresse ihren Ausstoß von Treibhausgasen massiv senken. "Der wichtigste nächste Schritt ist ein rechtlich verbindliches Abkommen in Kopenhagen." Dort tagt vom 7. bis 18. Dezember der UN-Klimagipfel. Ein Erfolg der Konferenz gilt inzwischen als unwahrscheinlich. Nach der Studie der britischen University of East Anglia werden im Südwesten der USA ab Mitte des Jahrhunderts Dürren das Klima bestimmen, die Schäden durch Waldbrände verzehnfachen sich dort auf bis auf 2,5 Milliarden Dollar im Jahr.
Kosten in Milliardenhöhe
Auch in Indien seien zunehmend Dürren zu befürchten, weil sich die Niederschlagsgebiete des Sommermonsuns verschieben und die Gletscher im Himalaya-Gebirges schmelzen, so die Forscher. "Über 70 Prozent der arbeitenden Bevölkerung sind in Indien von der Landwirtschaft abhängig, ihre Existenz wäre damit unmittelbar gefährdet." Die Kosten bis zum Jahr 2050 werden auf 40 Milliarden Dollar pro Jahrzehnt geschätzt.
Unterdessen forderte der Leiter des UN-Klimasekretariats, Yvo de Boer, die Europäer kurz vor der Konferenz in Kopenhagen zu konkreteren Zusagen auf. Europa müsse klarstellen, mit welcher Summe es die Entwicklungsländer im Kampf gegen den Klimawandel unterstützen wolle, sagte er in Brüssel. Er beriet sich dort mit den 27 EU-Umweltministern. Die Teilnehmer des Klimagipfels wollen ein politisches Rahmenabkommen beschließen, das im nächsten Jahr in ein neues globales Klimaschutzprotokoll münden soll.
Vorsichtiger Optimismus bei UN-Klimachef
Die EU müsse auch ihr Vorhaben bekräftigen, ihre Kohlendioxidemissionen um 30 Prozent zu reduzieren, wenn andere Industriestaaten mitzögen, unterstrich de Boer. Er äußerte vorsichtigen Optimismus über das Gelingen der Konferenz. Etliche Länder hätten bereits ehrgeizige Angebote gemacht: neben Europa etwa Japan, Südkorea, Brasilien und Russland. Auch die USA und China ließen Bewegung erkennen. Das "fehlende Puzzlestück" seien allerdings immer noch die USA, sagte er. Nach Angaben de Boers sind zwischen 2010 und 2012 jährlich zehn Milliarden Dollar nötig, um die Entwicklungsländer beim Klimaschutz zu unterstützen.
Die EU halte eine internationale Anschubfinanzierung von fünf bis sieben Milliarden Euro jährlich für nötig, erklärte Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU), der erstmals an einem Brüsseler Umweltministerrat teilnahm. "Mir scheint es angemessen, wenn die EU sich vorbereitet, davon einen fairen Anteil von einem Drittel zu übernehmen." Als neuer Umweltminister werde er Überzeugungsarbeit dafür leisten, dass Klimaschutz nichts mit Verzicht zu tun haben müsse, sagte Röttgen. Viele befürchteten etwa einen Verlust an Lebensqualität. Der Klimaschutz werde vielmehr zu einem Innovationsschub führen, so Röttgen.
"Misserfolg wäre schlimmes Signal"
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sieht für einen Erfolg der Verhandlungen noch erhebliche Hürden. Die USA und Schwellenländer wie China und Indien müssten sich dort zum nachprüfbaren Abbau ihrer Treibhausgas-Emissionen verpflichten, sagte sie. Dies sei der schwierigste Punkt für Kopenhagen. "Das kann man nicht offen lassen." Das Abkommen selbst soll dann im Laufe des Jahres 2010 völkerrechtlich verbindlich werden. Wichtig sei, die Erderwärmung in diesem Jahrhundert auf zwei Grad Celsius zu begrenzen. "Ein Misserfolg wäre ein schlimmes Signal", sagte Merkel.